Abschied aus deinem Schatten
hältst du dich? Für ’nen verwöhnten Teenager? Aufstehen!” Er zog ihr die Bettdecke weg und wartete.
Rowena bestand darauf, ohne seine Hilfe die Treppe hinunterzugehen.
„In der Zeit hätte ich ja ’nen Pullover stricken können”, scherzte er, blieb aber stets ganz in ihrer Nähe.
„Wusste ich gar nicht, dass du stricken kannst.”
„Kann ich auch nicht. Ich hätte es aber lernen können und bei deinem Tempo gleichzeitig noch den Pullover fertig bekommen. Fall mir bloß nicht hin, sonst setzt es was!”
„Ich falle schon nicht!” meinte sie lachend.
„Ja, ja”, nörgelte er mürrisch. „Dabei kriegt man vom bloßen Zugucken schon ’nen Herzanfall!”
„Wirst du wohl aufhören!” Rowena konnte sich vor Lachen kaum halten und musste sich mit beiden Händen am Geländer festklammern.
Nachdem Mark vor ihr die Treppe hinuntergetrabt war, ließ er sich wartend im Schneidersitz vor der untersten Stufe nieder und schaute gelangweilt auf die Uhr, wobei er so tat, als müsse er andauernd gähnen.
„Schluss damit! Ich kann mich überhaupt nicht konzentrieren!”
„Na gut!” Er verschränkte die Arme vor der Brust und schaute zu ihr hoch.
Schließlich schaffte Rowena es bis hinunter zum Fuß der Treppe und weiter bis ins Wohnzimmer, wo sie Mark, bevor sie sich endlich auf die Couch sinken ließ, einen Klaps auf den Kopf verpasste.
„Macht einen fix und fertig, diese Krankenpflege”, stöhnte er. In diesem Augenblick ging die Türglocke.
„Wer mag denn das wohl sein?” fragte sie verwundert.
„Ich könnte mal nachsehen. Wäre das ’ne Idee?”
Sie hörte, wie er öffnete und mit jemandem ein paar Worte wechselte. Zu ihrer Verblüffung erschien dann plötzlich Tony Reid im Türrahmen zum Wohnzimmer, mit Mark im Schlepptau.
„Wir wär’s mit ’nem Kaffee, Tony?” fragte Mark. „Oder lieber einen Drink?”
„Zu Kaffee sage ich nicht Nein”, erwiderte Reid sichtlich irritiert. „Wie geht es Ihnen, Rowena?”
„Ich habe schon bessere Tage gesehen”, antwortete sie verwirrt, da sie auf diesen Besuch in keiner Weise gefasst war und merkte, wie sie Herzklopfen bekam.
„Setzen Sie sich doch, Tony!” sagte Mark, wobei er Rowena einen mahnenden Blick zuwarf, indem ein stummes „Benimm dich!” lag.
Etwas unbehaglich wandte Reid sich zu Mark. „Ach, äh, vielleicht ist das doch keine so gute Idee …”
„Wie nehmen Sie Ihren Kaffee?” fragte Mark, ohne auf die Bemerkung einzugehen, während Rowena den Wortwechsel entgeistert verfolgte.
„Schwarz bitte, vielen Dank.”
„Du auch Kaffee, Rowena?”
„Sicher, warum nicht. Würdest du mir vorher bitte ins Badezimmer helfen?”
„Aber gewiss doch!” Sofort kam er zu ihr herüber.
„Bitte, setzen Sie sich, Reid”, sagte Rowena. „Entschuldigen Sie mich einen Moment.”
„Ich kann auch gern ein andermal kommen”, bot Reid an.
„Nein, nein. Nehmen Sie Platz! Es dauert nicht lange.”
Obwohl offensichtlich alles andere als überzeugt, trat Reid auf einen Sessel zu, während Rowena, von Mark in der Taille gestützt, so schnell sie konnte über den Flur in Richtung Badezimmer humpelte, das im Erdgeschoss lag.
„Was fällt dir ein?” zischte sie Mark verärgert an. „Auf Besucher bin ich noch nicht eingestellt! Erst recht nicht auf ihn!”
„Nun hab dich mal nicht so!” flüsterte er zurück. „Woher soll er ahnen, dass du Bescheid weißt über sein Techtelmechtel mit deiner Schwester? Und dass du ihm Tod und Teufel an den Hals wünscht, das weiß er auch nicht. Ernst gemeint hast du das sowieso nicht. Keine Sekunde!”
Sie musste sich ein Schmunzeln verkneifen. „Trotzdem! Und alles, ohne mich vorher zu fragen. Dazu hattest du kein Recht!”
„Reg dich ab, Ro! Er ist ein anständiger Kerl, und ihr mögt euch doch, ihr zwei! Jetzt Schluss mit dem Quatsch! Drück die Klospülung und tu so, als hättest du mal eben gemusst. Und dann gehst du wieder rein und benimmst dich artig!”
„Wir sprechen uns noch!” schimpfte sie. „Wenn ich dich überhaupt am Leben lasse!”
„Ach Gottchen, ich hab ja solche Angst! Minnie Maus will mir ans Leder! Hilfe!” Feixend machte er sich in Richtung Küche davon.
Reid stand noch immer und machte den Anschein, als wolle er ihr beispringen, als sie wieder ins Wohnzimmer geschlurft kam.
„Geht schon, danke”, wehrte Rowena ab. „Meine Motorik ist etwas eingerostet. Nun setzen Sie sich doch endlich!” Sie kämpfte sich zum Sofa zurück, ließ sich keuchend und schwer
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