Abschied aus deinem Schatten
wir können Sie morgen entlassen.”
„Tatsächlich?” Eine gute Nachricht, gewiss, doch angesichts der Tatsache, dass sie kaum ohne fremde Hilfe stehen konnte, wusste Rowena nicht recht, ob dieser Entlassungstermin nicht doch ein wenig voreilig kam.
„Halten Sie es für verfrüht?” erkundigte sich Dr. Rothbarth, wobei er die Hände in die Taschen seines Ärztekittels schob und auf den Absätzen hin und her wippte, genau wie Bobby Engles damals. Bei der Ähnlichkeit musste Rowena wieder lachen.
„Ich glaube, ich bin noch ziemlich schlapp.”
„Das gibt sich, sobald Sie wieder daheim sind. In unserer Klinik lautet die Devise, die Patienten so bald wie möglich zu entlassen. Ich finde, wir müssen Sie nicht länger hier behalten. Sie haben doch Hilfe daheim, oder? Wenn Sie allerdings auf sich allein gestellt sind, dann lasse ich Sie noch ein paar Tage hier.”
„Nein, Mark steht mir ja zur Verfügung.”
„Gut, dann schicken wir Sie morgen nach Hause, wo Sie sich bestimmt auch wohler fühlen. Kann Mark Sie morgen Nachmittag abholen?”
„Davon gehe ich aus.”
„Prima. Dann auf nach Hause, wo das Essen besser mundet und Sie wieder auf die Beine kommen. In einer Woche stellen Sie sich bitte in meiner Sprechstunde vor. Ansonsten verlasse ich mich darauf, dass Sie sich nicht übernehmen und es langsam angehen lassen, auch wenn ich nicht recht daran glaube. Sollte es Komplikationen geben, wenden Sie sich bitte unverzüglich an uns.” Er bot ihr die Hand. „Passen Sie auf sich auf, Rowena. Und vergessen Sie nie wieder, den Sicherheitsgurt anzulegen!” Er wandte sich zum Gehen, drehte sich jedoch noch einmal um. „Wie hieß noch Ihr Restaurant?” Nachdem sie ihm den Namen genannt hatte, sagte er: „Ich lasse mich mal zusammen mit meiner Frau sehen.”
„Unbedingt! Dann werde zur Abwechslung
ich
mal Sie verarzten!”
„Später”, sagte er und setzte die Visite fort.
Mit Lorenes Hilfe zog sie die Sachen an, die Mark am Vorabend vorbeigebracht hatte, und nahm in einem Rollstuhl Platz. Die Kleider, die sie zum Zeitpunkt des Unfalls getragen hatte, hatte man ihr in der Notaufnahme vom Leib geschnitten. An der Krankenhauspforte verabschiedete sie sich von der Schwester und umarmte sie. „Ich erwarte Sie in meinem Lokal. Also, enttäuschen Sie mich nicht!”
„Ich komme bestimmt. Und, Rowena, immer langsam voran! Mark, Sie passen auf, dass sie es nicht übertreibt!”
„Geht klar. Ich achte drauf.”
„Na, Ihnen nehme ich das ab”, meinte Lorene lachend. „Bei ihr bin ich da beileibe nicht so sicher!”
Nachdem Mark Rowena auf den Beifahrersitz seines Wagens geholfen hatte, fuhren sie los. Rowena hatte das Gefühl, als sei sie Monate fort gewesen.
„Ich hab für dich eingekauft”, bemerkte Mark. „Und da ich die Tüchtigkeit in Person bin, hab ich auch noch deine Versicherung von dem Unfall verständigt. Ein Sachverständiger hat bereits das Autowrack unter die Lupe genommen. Totalschaden, der Mercedes. Du brauchst nur noch ein paar Formulare zu unterschreiben und den Verschrottungsnachweis zurückzuschicken, sobald der eintrifft. Dann erstatten sie dir den Zeitwert des Wagens abzüglich der steuerlich absetzbaren Kosten.”
„Du bist ein richtiges Mehrzwecktalent, mein Lieber. Vielen Dank für alles.”
„Gern geschehen. Wenn du jetzt schön artig sitzen bleibst, meine Kaulquappe, dann darfst du dich später auf der Wohnzimmercouch ausbreiten und dich als Hinfällige von mir verwöhnen lassen.”
„Ich bin auch eine ganz liebe artige Kaulquappe.” Sie streichelte seine Wange. „Ich bin so froh, dass es nach Hause geht!”
„Und ich erst! Bis mittags kommst du doch sicher allein zurecht, oder? Ich arbeite jetzt nämlich erst einmal halbtags, und zwar so lange, bis du wieder auf deinen Füßchen stehst. Nachmittags können wir uns dann die Seifenopern reinziehen und Scrabble spielen. Na? Wie klingt das?”
„Ich kann es kaum erwarten!”
Er warf ihr einen Seitenblick zu. „Wird bestimmt ein paar Wochen dauern, bis du nicht mehr so ausschaust wie das Opfer einer durchgeknallten, Rasiermesser schwingenden Friseuse!”
Lachend sah Rowena aus dem Fenster. „Ach, das Leben ist schön!” Bald, so ging es ihr durch den Kopf, hast du die restlichen Antworten. Dann ist alles vorbei. Und du kannst dich endlich deiner eigenen Zukunft widmen.
27. KAPITEL
A m nächsten Morgen rief Penny an.
„Leg nicht gleich auf, Ro! Ich wollte dir bloß schnell sagen, wie froh ich bin, dass du
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