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Abschied aus deinem Schatten

Abschied aus deinem Schatten

Titel: Abschied aus deinem Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Vale Allen
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Recht. Allmählich wird es tatsächlich unheimlich.”
    „Ich gebe auf”, rief Rowena lachend. „Holst du bitte die Artikel, Mark?”
    „Klar. Und während ich das tue, kannst du Tony ja schon mal deine Theorie bezüglich Claudias Selbstmord vortragen.”
    „Eine Theorie?” fragte Reid. „Was dagegen, wenn ich die Krawatte abnehme?”
    „Von mir aus”, sagte sie. Und während sie ihm dabei zusah, wie er die Krawatte noch weiter lockerte und sie sich, ohne den Knoten zu öffnen, über den Kopf zog, vergaß sie zusehends, was sie eigentlich hatte sagen wollen. Cary, so fiel ihr ein, hatte sich immer Hemd mitsamt Pullover in einem Zug über den Kopf gestreift und sich dann Jeans, Unterhosen und Strümpfe ausgezogen, alles auf einmal. Zwei Handgriffe – und schon war er fertig für die Dusche. Rowena konnte ihn sich bildlich vorstellen, wie er dastand, klein, stämmig, sonnengebräunt, und sie vermisste ihn so sehr, als wäre er nicht vor Jahrzehnten gestorben, sondern gerade erst vor ein paar Tagen.
    „Was ist?” fragte Reid.
    Was für wunderbare Augen er hat! dachte Rowena. Und selbst die allerkleinste Stimmungsänderung fällt ihm auf! Sie erinnerte sich, wie er seinerzeit, bei dem Kuss unter der Markise an jenem Regentag, überrascht zusammengezuckt war und wie sein Mund sich angefühlt hatte.
Während du im Koma lagst, hat er dich jeden Tag im Krankenhaus besucht, hat deinen Vater und deine Bekannten kennen gelernt!
Mark hatte ihn für diesen Abend eingeladen, und er war gekommen. Auch wenn sie einander noch fremd waren, sie und er, nahm er doch bereits einen beträchtlichen Platz in ihrem Leben ein. Erstaunlicherweise fand sie sich bei seinem Anblick nicht mehr hässlich, hatte sie doch endlich begriffen, dass es auf Äußerlichkeiten nicht ankam.
    „Alles in Ordnung mit Ihnen?” Er beugte sich forschend näher. Auf seinen Zügen breitete sich Besorgnis aus.
    „Sie machen sich ja tatsächlich etwas aus mir, Reid, stimmt’s?”
    „Und das haben Sie jetzt gerade endlich kapiert?”
    Sie nickte.
    „Hat dir schon mal jemand gesagt, dass du etwas schwer von Begriff bist?” Lächelnd rückte er näher an sie heran.
    „Noch nicht. Aber vielleicht hätte es mal einer tun sollen.”
    Benommen registrierte sie, wie er ihre Hand nahm. „Du wolltest doch deine Theorie über den Suizid erläutern”, drängte er sanft.
    „Ich glaube nicht an einen Selbstmord.”
    „Was war es denn dann?” wollte er wissen.
    „Vielleicht war ihr eins ihrer Versuchskaninchen auf die Schliche gekommen und mit ihrem kleinen Hobby nicht ganz einverstanden.”
    „Mord ist eine ziemlich schlagkräftige Art, Einsprüche vorzubringen, Rowena.”
    „Das erzähle ich ihr schon seit Monaten.” Mark kam ins Wohnzimmer und nahm sich, nachdem er Reid die Artikel gereicht hatte, ein Stück Brie vom Tablett. „Etwas Käse gefällig, Ro? Dinner ist in ’ner halben Stunde fertig.”
    Sie entzog Reid ihre Hand und umschlang die angewinkelten Knie mit den Armen. „Eigentlich müsste ich euch beiden diese kleine Einlage ja übel nehmen. Da ihr zwei allerdings wohl ebenfalls sauer auf mich seid, sind wir quitt und können nun über Claudia reden.”
    „Du glaubst ja gar nicht, wie ungern ich über deine Schwester spreche”, wandte Reid ein. „Wenn jedoch die Sache damit endgültig vom Tisch kommt, dann in Gottes Namen. Erstens, was FAS angeht. Zu meiner Verteidigung darf ich anführen, dass es vom ärztlichen Standpunkt aus sehr schwer zu entscheiden ist, ob FAS vorliegt – es sei denn, man verfügt über die Patientengeschichte direkt vom Tage der Empfängnis an. Ich jedenfalls ging von Erotomanie aus. Es passte alles zusammen, und für mich tut es das heute noch. Doch nehmen wir einmal an, deine Argumentation stimmt. Von FAS zum Mord – wie soll das gehen, Rowena? Ein Quantensprung!”
    „Augenblick mal”, ging Mark dazwischen, „sei lieber froh, dass du von der Verdächtigenliste runter bist!”
    „Wie bitte? Habt ihr etwa geglaubt, ich hätte Claudia umgebracht? Das traut ihr mir zu?”
    „Als ich das Video fand, habe ich das durchaus für möglich gehalten”, meinte Rowena.
    „Gut zu wissen, dass ich einen solch positiven Eindruck auf dich gemacht habe”, brummte er grollend.
    „Aber dass ihr Tod Selbstmord sein soll, das kann mir niemand erzählen, und ich werde es auch in Zukunft nicht glauben.”
    „Und aus welchem Grund?” wollte Reid wissen.
    „Aus dem Grund, weil sie sich nie und nimmer umgebracht hätte. Das

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