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Abschied aus deinem Schatten

Abschied aus deinem Schatten

Titel: Abschied aus deinem Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Vale Allen
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vielleicht nur so sein willst wie Claudia?”
    Rowena musste lachen. „Pen, dass ist doch absurd! Ich kann es nicht fassen, dass du so was von dir gibst!”
    „Es ist nicht absurd!”
    „In Wahrheit passt es dir nur nicht, dass ich die Bibliothek verlasse.”
    „Stimmt”, gestand Penny ein. „Gefällt mir auch nicht. Und du solltest genau überlegen, was du tust.”
    „Ich überlege mir das sogar
sehr
genau!”
    „Sei doch nicht gleich eingeschnappt! Als deine Freundin mache ich mir eben Sorgen um dich! Sieh es doch mal von meiner Warte! Zuerst hast du nur in deinem Elternhaus übernachtet, um alles für die Testamentsvollstreckung zu regeln. Nun lässt du es in großem Umfang renovieren und willst endgültig einziehen. Im Restaurant bist du zunächst auch nur eingesprungen. Jetzt aber hast du vor, dort richtig einzusteigen, und trägst dich mit dem Gedanken, einen sicheren Arbeitsplatz einfach aufzugeben. Du läufst in Claudias Schuhen und Kleidern herum. Du hast dir sogar die Haare abschneiden lassen!”
    „Jetzt mach aber mal einen Punkt!” Rowena musste sich zusammennehmen, um nicht aufzubrausen. Sie unterbrach die Aufzählung der Freundin, die sich für ihren Geschmack wie eine Auflistung von Beschwerden anhörte. „Falls du es vergessen haben solltest – Claudia hatte schulterlanges Haar!”
    „Geschenkt”, gab Penny zu. „Aber denk doch mal an die Mühe, die es dich gekostet hat, bis du zur Chefbibliothekarin aufgestiegen bist! Und das willst du jetzt einfach so wegwerfen? Als wenn es überhaupt nichts wäre? Kommt dir das nicht ein wenig überstürzt vor?”
    „Nein, kein bisschen! Du hörst dich an, als beginge ich eine Art Treuebruch gegenüber dir oder der Bibliothek. Mal abgesehen davon, dass es sich so nicht verhält – es tut auch nichts zur Sache. Es ist mein gutes Recht, Entscheidungen zu treffen, mich beruflich zu verändern, sogar Fehler zu begehen! Die habe ich weiß Gott immer schon gemacht, und das wird auch wohl so bleiben. Ich begreife deine Einstellung einfach nicht, denn ich dachte, gerade du müsstest mich eigentlich verstehen und unterstützen!”
    „Ich will mich nicht mit dir streiten.” Penny trat den Rückzug an. „Ich wollte lediglich andeuten, dass ich mir Sorgen mache und dass du meiner Meinung nach zu spontan vorgehst. Mehr nicht.”
    „Deine Sorgen sind überflüssig. Ich habe alles im Griff und lasse es langsam angehen. Aber nun muss ich wirklich los”, fügte Rowena kühl hinzu. „Wir sehen uns morgen.” Ohne die Freundin noch einmal zu Wort kommen zu lassen, legte sie auf.
    Pennys mutmaßliche Besorgnis war nach Rowenas Meinung völlig überzogen und kam schon einer Beleidigung gleich. Eine Kündigung musste doch nicht das Ende der Welt bedeuten! Fast schien es Rowena, als habe ihr die Freundin verminderte Zurechnungsfähigkeit und einen Mangel an logischem Urteilsvermögen vorwerfen wollen. Das aber traf nun wirklich und wahrhaftig nicht zu, und sie würde es beweisen, darauf konnte Penny Gift nehmen.
    Aufgebracht riss sie einen Müllbeutel aus der Box auf dem Küchentresen, stapfte damit in den Keller und packte den Rest von Claudias Kassetten hinein. Das wollen wir doch mal sehen, wer hier vernünftig ist! Sicher, es war möglich, dass die Entdeckung dieser einzigartigen Trophäensammlung sie aus dem Gleichgewicht gebracht hatte, weil sie sich wie besessen und auf Kosten ihres Selbstvertrauens diese Filme angeschaut hatte! Aber nun ging sie völlig logisch vor. Zurück, die Kellertreppe hinauf, hinaus zum Müllcontainer und hinein mit dem Zeug, und damit Schluss!
    Während sie sich den Staub von den Händen klopfte, mahnte sie sich zur Ruhe. Als langjährige und hoch geschätzte Freundin hatte Penny sicher aus ehrlicher Fürsorge heraus gesprochen. Ihre Mahnung war bestimmt nicht beleidigend gemeint gewesen. Unsinn! Penny verhielt sich wie die typische Pessimistin und malte alles gleich in düstersten Farben. Wozu sollte sie also jetzt Klimmzüge machen, nur um ihr gegenüber fair zu sein? In Wirklichkeit, so dachte Rowena, gefällt ihr die Vorstellung nicht, ich könnte ohne viel Federlesen auf einen Job verzichten, den sie selbst zu gern gehabt hätte. Beworben hatten sich beide, aber genommen hatte man Rowena. Nun ja, vielleicht würde Penny ihn jetzt bekommen. Ihren Segen hätte sie auf alle Fälle.
    Gleich am folgenden Morgen reichte Rowena die Kündigung ein.

8. KAPITEL
    „D u hast nur gekündigt, weil du sauer auf mich bist!” sagte Penny

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