Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Abschied aus deinem Schatten

Abschied aus deinem Schatten

Titel: Abschied aus deinem Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Vale Allen
Vom Netzwerk:
blassgoldenem Ziffernblatt. „Wenn wir noch weiter trödeln, kommen wir zu spät.”
    „Du hältst mich für egoistisch.” Penny, das hübsche Gesicht in traurige Falten gelegt, hatte richtig geraten. „Stimmt vielleicht. Aber du bist mir eben nicht gleichgültig, Ro, und ich habe Angst davor, dass du dich zu sehr gefangen nehmen lässt und dein eigentliches Ich sich verändert, weil du Claudias Rolle übernimmst.”
    Allmählich hatte Rowena genug von dieser Unterhaltung. „Penny”, sagte sie leise. „Hör endlich auf, bitte.” Für einen Moment verglich sie ihre alte Freundin mit Deutschland vor dem Zweiten Weltkrieg – groß, schön, doch fanatisiert. Sie ertappte sich sogar dabei, dass sie eine jähe Abneigung für diese Frau mit ihren rigiden Ansichten verspürte. Doch nein, nein! Hier saß ihre langjährige Freundin! Sie durfte nicht zulassen, dass die Unterhaltung zu einer schlimmen verbalen Auseinandersetzung ausartete. Mit gezwungenem Lächeln öffnete sie das Portemonnaie, legte ein Trinkgeld für die Bedienung auf den Tisch und stand auf. „Gehen wir, Pen! Es wird Zeit!”
    Penny setzte zu einer Erwiderung an, überlegte es sich dann jedoch anders.
    Das Schweigen zwischen ihnen hielt den gesamten Rückweg über an.
    Als die Renovierungsarbeiten am Haus endlich, wenn auch zwei Wochen später als geplant, abgeschlossen waren und die Baukolonne schließlich letzte Hand an das Apartment über der Garage legte, besserte sich Rowenas Stimmung. Kam sie morgens die Treppe hinunter, blieb sie zunächst im Foyer stehen und genoss den Blick auf die schimmernden, abgeschliffenen Bodendielen, die blassgelb gestrichenen Wohnzimmerwände und die neuen Möbel mit ihrer schlichten Eleganz. Danach ging sie in die Küche und betrachtete voller Bewunderung die weißen Vitrinenschränke, die sich von den jagdgrünen Wänden abhoben, die ultramodernen Küchengeräte, die blitzblanken Arbeitsflächen und das glänzend weiße Linoleum. Vervollständigt wurde der Raum durch den alten Tisch mit der Marmorplatte, der nun, gereinigt und poliert, den Charme von gestern ausstrahlte, und die vier neuen Stühle mit weiß emaillierten Stahlrohrgestellen, die mit ihren fließenden Linien das Tüpfelchen auf dem i darstellten.
    Nachdem sie die Kaffeemaschine eingeschaltet hatte, ließ Rowena das Morgenlicht durch die Lamellen der Jalousien fallen und sah verzaubert zu, wie es, von den Oberflächen reflektiert, bizarr geformte, warme Leuchtflächen auf die Wände warf. Im Zuge der Renovierung waren auch die Erinnerungen an früher zusammen mit Bauschutt und veralteten Küchengeräten hinausgekarrt worden, sodass keinerlei Misstöne mehr diese Räumlichkeiten störten. Rowena merkte, dass alles so war, wie sie es sich vorgestellt hatte, wohnlich und heimelig. Die Kochbücher und das Essservice ihrer Mutter hinter den Glastüren der Küchenschränke, auf den Regalen Dosen und Schachteln in Reih und Glied – das gefiel ihr und bewies, dass das Haus nun ihr selbst gehörte und ihr endlich ein Zuhause geworden war.
    Als sich das Apartment über der Garage der Fertigstellung näherte, drückte auch Mark seine Zufriedenheit aus. „Ich möchte lieber heute als morgen einziehen. Komme mir vor wie eine Braut”, sagte er lachend beim Mittagessen an Rowenas vorletztem Tag in der Bibliothek. „Wenn ich mir vorstelle, dass ich bald meine eigene Waschmaschine und meinen eigenen Wäschetrockner habe, bleibt mir glatt die Luft weg!”
    „Na, und mir erst! Jetzt muss ich keine Vierteldollarmünzen mehr horten, und die Schmutzwäsche sammelt sich nicht mehr im Flur an.”
    „Im Flure vor der Türe, da ruht ein Wäscheberg”, rezitierte er melodiös, als trage er ein Gedicht vor.
    „Nur ein Mal hast du einen gesehen. Einen einzigen!”
    „Schon gut. Aber ich kann mich noch genau erinnern. Sag mal, was läuft denn da mit dir und Penny? Ist die Trennung entgültig, oder vertragt ihr euch wieder, ihr zwei?”
    „Ich weiß es nicht, Mark. Sie hat mir ziemlich den Spaß verdorben und hält mir bei jeder sich bietenden Gelegenheit vor, aus mir würde eine zweite Claudia. Ich hatte es satt und habe ich mich ein bisschen zurückgezogen.”
    „Vielleicht ist sie eifersüchtig.”
    „Auf was? Warum, in aller Welt, sollte jemand, der noch all seine Sinne beisammen hat, eifersüchtig sein auf einen fast vierzigjährigen, altbackenen Modemuffel, der zufällig eine Immobilie erbt, die ihm eigentlich sowieso schon vor Jahren zugestanden

Weitere Kostenlose Bücher