Abschied fuer immer
etwas. Als er vor der majestätischen Fassade vom Castillo House hielt, würdigte sie ihn kaum eines Blicks, bevor sie ausstieg und die breite Treppe hinaufeilte.
Er fuhr weg.
Aber die Erinnerungen fuhren mit.
An Delaneys Unfall. Das verlorene Baby. Seinen Besuch im Krankenhaus. Den Anruf von der Dienstaufsicht wegen der verschwundenen Beweise und Delaneys Frage, ob er etwas damit zu tun hatte. Sie war blass gewesen. Und ruhig. Viel zu ruhig. Er fragte sie, ob sie Schmerzen hatte. „Es geht mir gut“, sagte sie. Aber sie wussten beide, dass das gelogen war. Es ging ihr nicht gut. Es ging keinem von ihnen gut.
Vielleicht war es höchste Zeit, der Wahrheit ins Gesicht zu sehen.
Seufzend kehrte Sam in die Gegenwart zurück, als er Winnie Haggerty aufgeregt winken sah. Die Pflicht rief, aber selbst im Dienst musste er daran denken, wie es damals zu Ende gegangen war.
Einen Tag, nachdem der Arzt bestätigt hatte, dass sie kein Baby mehr bekam, war Delaney nach Hause zurückgekehrt. Am Tag darauf ging sie wieder zur Arbeit. Der Verband an der Stirn wurde durch ein Pflaster ersetzt, das nicht zu sehen war, wenn sie das Haar anders kämmte. Aber der Schaden war angerichtet. Nur zum Teil von einem Unfall, der niemals hätte passieren dürfen.
Für den Rest waren sie beide ganz allein verantwortlich.
Zwei Wochen nach Delaneys Entlassung aus dem Krankenhaus war er ausgezogen.
„Wie meinst du das, sie ist weg?“ Sam blinzelte in den Sonnenschein, der durch die zunehmende Bewölkung drang. „Ich habe Delaney schon vor Stunden abgesetzt.“
Annie ließ sich auf die Absätze zurückfallen, in der Hand eine kleine Gartenschaufel. „Es tut mir Leid, Sam. Delaney hat Alonso kurz besucht, dann ist sie gegangen.“ Sie wandte den Kopf, als zwei ihrer Schützlinge eine Kiste mit Pflanzen vorbeitrugen. „Die Ringelblumen kommen dort neben die Treppe“, sagte sie und zeigte mit der Schaufel dorthin.
Sie wartete ab, bis sie sicher war, dass die beiden die Anweisung befolgten, dann sah sie wieder zu Sam hoch. „Vielleicht hat sie Alonso gesagt, wohin sie wollte.
Er muss in der Nähe sein, falls du mit ihm sprechen möchtest.“
Der allerletzte Mensch, mit dem Sam jetzt reden wollte, war Alonso Petrofski.
„Danke, Annie.“
Nach kurzer Suche fand er den Jungen auf dem Basketballfeld, das er im letzten Jahr zusammen mit Logan und ein paar anderen angelegt hatte. Alonso saß auf einem Ball und unterhielt sich mit Caitlin, dem schwangeren Mädchen.
Als die beiden Teenager ihn bemerkten, wurden ihre eben noch unbeschwerten Gesichter trotzig und abweisend.
„Wo ist Delaney?“
„Woher soll ich das wissen?“
„Sie war hier, um mit dir zu sprechen.“
Alonso zuckte die Achseln. Er wechselte einen Blick mit Caitlin.
„Hast du dich mit ihr gestritten?“
„Das überlasse ich Ihnen.“
„Hat sie gesagt, wohin sie wollte?“
Noch ein Achselzucken.
Sam ging vor dem Jungen in die Hocke und beugte sich vor. „Also. Was hat sie gesagt?“
Alonso zuckte zurück und wäre fast vom Ball gerutscht. „Auf Wiedersehen. Das hat sie gesagt. Genau wie gestern Abend. Hilft Ihnen das weiter?“
Sam stand auf. „Nimm dich in Acht, Alonso. Ich bin hier das Gesetz. Hier gibt es keinen weichherzigen Richter, der deinen Kopf aus der Schlinge zieht. Ein einziges noch so kleines Vergehen, und du sitzt in meiner Zelle. Drei Wochen lang. So lange dauert es nämlich, bis ein Richter vom Festland herüberkommt.“
„Siehst du?“ hörte er Caitlin flüstern, als er davonging. „Ich habe dir doch gesagt, dass Logan zahm ist, verglichen mit dem Sheriff.“
Sam ignorierte es. Nach so vielen Jahren bei der Polizei von New York erwartete er nicht, sich nur Freunde zu machen. Delaney hatte sich von Alonso verabschiedet, aber sie konnte Turnabout nicht verlassen, ohne dass er es erfuhr.
Trotzdem fuhr er von einem Ende der Insel zum anderen. Er sah nicht zu Ettas Haus hinüber, als er daran vorbeikam. Inzwischen saßen sie vermutlich alle beim Essen.
Von Delaney war nirgendwo etwas zu sehen.
Er fuhr zum kleinen Hafen und starrte aufs Meer hinaus. Erst nach einer ganzen Weile stieg er wieder ein, um in sein leeres Haus zurückzukehren.
Vorsichtig legte Delaney den Hörer auf und starrte auf den Apparat, der auf Sams Tresen stand. Vom Castillo House hatte sie Chad nicht anrufen können, weil Logan gerade neue Telefonleitungen verlegte.
Da Annie sich um ihre jugendliche Gärtnertruppe kümmern musste, lehnte sie ihr Angebot, sie zu
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