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Abschied in Dunkelblau

Abschied in Dunkelblau

Titel: Abschied in Dunkelblau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John D. MacDonald
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rennen geduckt von einer klimatisierten Oase in die andere und setzen sich nur allerkürzeste Zeit dem schwarzen Regen des Todes da draußen aus.
    Um fünf vor vier Uhr hatte ich mich im Hotel einquartiert. Es waren noch viele Zimmer frei. Sie hatten drei Tagungen gleichzeitig und immer noch viel Platz. Erst einmal im Hotel, war ich wieder daheim in Miami. Derselbe Duft in der gekühlten Luft, dieselbe skeptische Unterwürfigkeit, dasselbe großartige Dekor, als ob ein brasilianischer Architekt einen Flughafen mit einer Baumwollpolsterfabrik gekreuzt hätte. Dramatische Beleuchtung. Jeden Augenblick wird der Star der Show von einer der acht Bars zurücktreten, in Gesang ausbrechen, und die Showgirls kommen hereinstolziert. Hebt die Beine hoch, Mädels, und immer schön lächeln.
    Wm. M. Callowell, Jr., war nicht unter seinem eigenen Namen eingetragen, sondern unter der Hopkins-Callowell-AG, Suite 1012-1018. Ich fragte an der Rezeption, welche Tagung das war. »Hoch- und Tiefbau«, sagte er. »Die bauen Straßen und so.«
    Eine junge, ernste und gedämpfte Männerstimme kam ans Telefon in der Suite und sagte, er würde Mr. Callowells Tageskalender überprüfen. Dann sagte er in einer noch stärker gesenkten Stimme: »Sir, er ist gerade in diesem Augenblick von einer Besprechung zurückgekehrt. Er nimmt hier einen Drink zu sich, Sir.«
    »Wird er lange dasein?«
    »Ich würde sagen, mindestens eine halbe Stunde.«
    Ich prüfte meine Erscheinung in einem mannshohen Spiegel und lächelte Mr. Travis McGee an. Eine sehr dunkle Sonnenbräune ist eine vertrackte Sache. Falls die Kleidung auch nur ein kleines bißchen zu modisch ist, sieht man aus wie ein Profisportler in der spielfreien Zeit, der nebenher Lebensversicherungen verkauft. Falls sie zu europäisch ausfällt, wirkt man wie ein ausgehaltener Skilehrer. Mein Sommeranzug für die Stadt war so konservativ wie die Rotarier, dunkel, aus einer guten Kunstfaser, die ein bißchen, aber nicht ganz, wie Seide aussah. Stoffkrawatte. Leichter Glanz auf den Schuhen. Geh hinaus und verkaufe! Laß die Zähne blitzen! Schau ihnen genau in die Augen! Du bekommst nur so viel heraus, wie du reintust. Ein Lächeln bringt dich ganz schön weit. Schüttele den anderen die Hände, als ob du es ehrlich meinst. Merk dir ihre Namen.

    Ein Dutzend Männer waren in dem großen Zimmer versammelt. Sie redeten laut, lachten schallend, hielten dicke Zigarren und große Gläser mit Whisky in den Händen. Jungmanager spielten Barkeeper für sie, machten sich zur rechten Zeit an sie heran und lachten bei jedem Witzchen mit, aber nicht zu laut. Sie trugen keine Namensschildchen. Das ist das Geheimnis kleiner, aber wichtiger Tagungen. Keine Namensschilder, keine lustigen Hüte. Alle Redner, die dort auftreten, sind im ganzen Land bekannt. Und sie bestellen à la carte.
    Einer der Nachwuchsmanager sagte mir, Mr. Callowell sei der da drüben vor dem großen Fenster, der mit der Brille und dem Oberlippenbart. William Callowell war in den Mittvierzigern. Durchschnittliche Größe. Etwas gedrungen und schwer einzuschätzen. Er hatte eine dichte, schwarze Haarbürste, eine große Brille mit schwarzem Gestell, einen schwarzen Bart und rauchte eine große, schwarze Pfeife. Haut war nicht viel zu sehen. Das einzige, unveränderliche Kennzeichen war eine fleischige Nase mit einem sichtbaren Muster aus dicken Poren. Er unterhielt sich mit zwei anderen Männern. Sie hörten abrupt auf zu sprechen, als ich auf zwei Meter herangekommen war, und starrten mich an.
    »Entschuldigen Sie«, sagte ich. »Mr. Callowell, wenn es möglich wäre, würde ich gerne ein paar Worte mit Ihnen sprechen.«
    »Sind Sie einer von den Neuen beim FBI?« fragte einer seiner Freunde.
    »Nein. Mein Name ist McGee. Es handelt sich um eine Privatangelegenheit.«
    »Falls es um diese Stelle geht, ist hier weder der richtige Zeitpunkt noch der richtige Ort, McGee«, sagte Callowell leise und unfreundlich.
    »Stelle? Ich habe mit zwanzig Jahren aufgehört, für andere Leute zu arbeiten. Ich werde auf dem Flur warten, Mr. Callowell.«
    Ich wußte, daß ihn das schnell herauslocken würde. Diese Leute müssen wissen, wo jemand hingehört. Sie haben jene intelligenten Augen aller Führungskräfte, die einen Mann anschauen und im allgemeinen dessen Gehalt bis auf zehn Prozent genau schätzen können. Das gehört zu ihrem Überlebensinstinkt. Sie stehen ganz oben auf dem Hügel und wollen wissen, was zu ihnen hochkommt und wie schnell.
    Er kam

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