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Abschied in Dunkelblau

Abschied in Dunkelblau

Titel: Abschied in Dunkelblau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John D. MacDonald
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konnte ein bißchen darin einsinken. Falls man zuviel darauf hin und her ging und auf eine schwache Stelle trat, konnte man durchfallen. Ich glaube, da unten wäre es ziemlich dunkel.
    Nach fünfzehn Minuten kam sie wieder in die Küche, sah, was ich trank, und holte sich auch eines. Sie hatte die Haare gebürstet, und ihre Augen hatten sich an das Licht gewöhnt.
    Sie lehnte sich mir gegenüber gegen eine Reihe von Edelstahlspülbecken, trank aus der Flasche und sagte: »Er hat sich übergeben. Ich habe die Heizdecke eingeschaltet und ihm eine Schlaftablette gegeben.«
    »Ich glaube, er hat sich zu sehr aufgeregt.«
    »Sie haben ja eine prima Einführung in die Familie Brell gehabt.«
    »Warum haben Sie mich gebeten zu bleiben?«
    »Könnten Sie nicht warten, bis wir darauf zu sprechen kommen, anstatt damit so herauszuplatzen?«
    »Morgens um vier ist nicht meine beste Zeit.«
    »Haben Sie ihm irgend etwas Schlimmes mitgeteilt?«
    »Ich weiß nicht, was Sie meinen.«
    »George befindet sich auf einer Gratwanderung, und der Grat wird immer schmaler. Ich wollte ein bißchen kürzertreten, aber George will nichts davon hören. Jede Kleinigkeit könnte ihn aus dem Gleichgewicht bringen, und dann würden die Wände einstürzen.«
    »Woher wollen Sie wissen, daß ich nicht genau das beabsichtige?«
    Sie schaute kleinlaut drein. »Dann hätte ich Sie ganz falsch eingeschätzt. Hat er heute nacht irgend etwas über mich gesagt?«
    »Nein. Aber ich wüßte ganz gerne, warum Sie wollten, daß ich bleibe.«
    »Was meinen Sie, warum?«
    »Ich hoffe, Sie haben sich lange und ausführlich mit dem Mädchen unterhalten, als es nach Hause gekommen ist.«
    »Das mußte ich ja wohl, oder? Nicht von Stiefmutter zu Stiefkind. Das funktioniert nicht, nicht wahr? Von Frau zu Frau. Man könnte es als Waffenstillstand bezeichnen.«
    »Wenn sie das nächste Mal so eine Bemerkung macht, Gerry, könnte er es vielleicht mitbekommen.«
    »Ich glaube, ich habe ihr verständlich gemacht, daß es, falls sie ihren Vater liebt, der falsche Weg wäre, ihm dies zu zeigen, wenn sie ihm gegenüber dicke, deutliche Anspielungen auf meine Untreue macht. Es ist schon eine ganz schön verwirrende Welt, Mr. McGee. Sie ist dabei, sich wegzuwerfen, weil sie mir vertraut hat und ich ihren Vater betrogen habe.«
    »Weiß sie das ganz sicher?«
    Ihr Lachen klang häßlich. »Augenzeugen sind sich normalerweise ihrer Sache ziemlich sicher. Es ist im Juni passiert. Kinder sind ja solche Idealisten. Wie kann ich ihr erklären, daß das wirklich nicht viel zu bedeuten hatte, daß es ein alter Freund gewesen ist, eine sentimentale Sache, unvorhergesehen, sozusagen um der guten alten Zeiten willen. Ich mache das nicht zur Gewohnheit. Aber seit ich gehört habe, wie die Türe aufgeht und ich mich umdrehe und sie da stehen sehe, bleich wie der Tod, bevor sie die Türe wieder zuknallt und wegrennt, bin ich mir billig und schlecht vorgekommen. Bis zu dem Zeitpunkt sind wir uns immer näher gekommen. Jetzt hält sie mich für ein Monster. Heute abend hat sie versucht, mir weh zu tun, indem sie sich selbst weh getan hat. Ich kann nur hoffen, daß George vergißt, was sie gesagt hat. Sein Urteilsvermögen ist in letzter Zeit ohnehin nicht das beste, auch ohne von so einer Geschichte getrübt zu werden.«
    »Er hat mit keiner Silbe erwähnt, was sie gesagt hat.«
    »Gut. Könnte diese Sache mit Angie ihm so zugesetzt haben?«
    »Sehr wahrscheinlich.«
    Sie neigte ihren hübschen Kopf und schaute mich genau an. »Trav, Sie machen so einen sanften und selbstsicheren Eindruck, vielleicht verstehen Sie auch genug von Menschen, um mir zu raten, was ich mit Angie machen sollte.«
    »So selbstsicher bin ich gar nicht.«
    »Ich wünsche mir nur, daß es einen Ansatzpunkt gäbe. Ich komme nicht an sie ran. Sie schaut mich voller Haß an. Ich kann ihr das bestimmt nie erklären.«
    »Sind Sie ein gutes menschliches Wesen, Gerry? Ich meine gut in dem Sinne, daß, wenn Sie alles in die Waagschale werfen, sich die dann zum Guten neigen würde?«
    Das überraschte sie. »Ich weiß nicht. So habe ich noch nicht über mich nachgedacht. Ich glaube, das Leben in Wohlstand gefällt mir ein bißchen zu gut. Deshalb habe ich geheiratet. Ich bin eitel. Ich mag es, wenn Männer mich bewundern. Ich habe eine primitive Ader, die an den falschen Stellen zum Vorschein tritt. Aber ich versuche einem ... einem besseren Bild meiner selbst gerecht zu werden. Und ich versuche mich fortzubilden. Ich habe

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