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Abschied in Dunkelblau

Abschied in Dunkelblau

Titel: Abschied in Dunkelblau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John D. MacDonald
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überleben und zurückzukommen, weil er wußte, daß seine Familie mit der kniffligen Aufgabe, das blaue Feuer in Geld umzuwandeln, nicht zurechtkäme, weil er wußte, daß er niemandem trauen konnte. Dann hatte sich Junior Allen an ihn herangemacht, hatte vielleicht ein Geheimnis gewittert, hatte daran herumgekratzt, gebohrt.
    Möglicherweise hatte David Berry in seiner Verzweiflung sogar erwogen, Junior Allen zu trauen. Aber er hatte sich anders entschieden, oder der Tod hatte ihn zu schnell ereilt. Aber Junior Allen wußte, daß es einen geheimen Schatz gab, hatte dort gelebt und nachgedacht, gesucht und ihn letztendlich gefunden.
    Einen Klumpen Wachs vielleicht, etwa wie ein übergroßes Blaubeertörtchen? Die ganzen Regenfälle, die Hitze und die feuchte Salzluft hatten den Behälter zerfressen. Wahrscheinlich hatte es auch eine Insektenfamilie mit einer besonderen Vorliebe für Wachs gegeben. Wahrscheinlich lagen sie einzeln und schimmernd zwischen blassen Pflanzenresten und Schmutz herum, als Allen da kniete, atemlos und mit rasendem Herzen, und sie aufsammelte.
    Käfer hätten das Wachs gefressen. Und den alten Zeltstoff abgenagt. Eines Tages könnte es eine Mutation geben, dann haben wir neue Insektenarten, die Beton verdauen, Stahl zersetzen und saure Regenpfützen leerschlürfen, von Plastik dick und fett werden und sich durch das Gras fressen. Dann werden die Mauern der Städte einstürzen, und der Mensch wird wieder ins Meer zurückgejagt werden, aus dem er gekommen ist ...
    Die großen gelben Scheinwerfer von Miss Agnes spähten durch die Dämmerung, als ich nach Bahia Mar hineinfuhr und eine Parklücke in erträglicher Entfernung zur Busted Flush fand. Auf meinem Boot brannte Licht, ein ungewohnt heimeliger Anblick. Willkommen, Reisender. Ich drückte den Ding-Dong, um ihr unnötige Aufregung zu ersparen, dann kletterte ich über die Kette und ging an Bord, erschreckte sie aber dennoch, als sie die Tür zur Lounge aufmachte.
    Sie trat zurück und lächelte. »Hallo. Oder auch willkommen zu Hause. Oder so etwas Ähnliches, Trav.«
    In drei Tagen hatte sich eine erstaunliche Veränderung vollzogen. Dunkelblaue Stretchhosen mit einem Muster von witzigen, kleinen gelben Tulpen. Eine weiche, gelbe Bluse mit Dreiviertelärmeln. Das Haar kürzer, Gesicht, Arme und Hals mit frischer, rotgoldener Sonnenbräune gefärbt.
    »Touristin!« sagte ich.
    »Ich habe gedacht, vielleicht sehe ich in dieser Aufmachung nicht mehr ganz so unterernährt ...«
    »Strandhäschen!«
    Sie richtete sich auf. »Glauben Sie? Glauben Sie, das ist alles, was ich gemacht habe?«
    Ich mußte herumgeführt werden und alles bewundern. Die Wände in den Gängen waren abgekratzt und in einem schöneren Farbton gestrichen worden. Neue Vorhänge in der Hauptkabine. Ein nagelneuer Satz Edelstahlschüsseln für die Kombüse. Sie sagte, sie würde mir erst bei Tageslicht zeigen, was sie an Deck gemacht hatte, damit ich es auch würdigen könnte.
    Ich stellte den Koffer in meiner Kabine ab, kam wieder in die Lounge und sagte ihr, daß sie ein nützlicher Gast sei. Wir standen da und lächelten uns an, dann sprang sie auf mich zu, klammerte sich an mich, heulte kurz auf und löste sich schluchzend von mir, kehrte mir den Rücken zu.
    »Was ist los?«
    »Ich weiß es nicht.«
    »Kommen Sie schon, Lois, was ist los?«
    Sie nahm sich schnell zusammen. »Muß denn unbedingt etwas los sein? Vielleicht bin ich nur froh, daß Sie wieder da sind. Ich weiß es nicht.«
    Sie benahm sich wieder wie eine richtige Frau, war gekünstelt, indirekt, herausfordernd. Ihr Stolz war zurückgekehrt. Sie war dabei zu heilen, und ich war froh, das zu sehen, und wollte nicht zu kräftig an dem Bauwerk rütteln. Es war noch zu neu.
    »Ich mache Ihnen etwas zu trinken«, sagte sie. »Das Haus habe ich verkauft.« »Haben Sie das Geld schon?«
    »Bald.«
    »Traurig?«
    »Wegen des Hauses? Es ist nur ein Haus. Ich habe mich in diesem elenden kleinen Ort doch nur verkrochen, weil ich geglaubt habe, ich sei eine schlechte Ehefrau gewesen.«
    Sie brachte mir mein Glas herüber.
    »Werden Sie nicht ein bißchen zu fett, meine Liebe?« fragte ich.
    Sie strahlte. »Heute nachmittag waren es hundertundsieben.«
    »Was ist Ihr bestes Gewicht?«
    »Oh, einhundertachtzehn, einhundertzwanzig.« Sie tätschelte ihre Hüfte. »Alles über einhundertzwanzig landet hier.«
    »Und was wollen Sie machen, wenn Sie sich nicht mehr verstecken brauchen?« Es war eine törichte Frage, plump und

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