Abschied in Dunkelblau
diffuses, goldenes Licht erzeugt. Sie lag splitternackt auf dem Bett und hatte sich ein schwarzes Handtuch über die Lenden gelegt. »Hallo, Liebling«, sagte sie. Sie hatte dasselbe Lächeln aufgesetzt wie auf den Fotos, nur etwas schläfriger.
»Selber hallo.«
Wuchtige Kinnlade, schläfrige grüne Augen, ellenlange, glatte, braune Schenkel. Sie gähnte und meinte: »Laß uns ’n bißchen mi’nander schlafen un’ dann ’n Mittagsschläfchen machen, Süßer.«
»Laß mich zuerst deine Dusche benutzen.«
»Klar. Klar, mach du nur. Aber beeil dich. Ich bin so wunnervoll in Stimmung, Süßer.«
Ich ging ins Badezimmer. Es war ein einziger Morast aus muffigen Handtüchern und verschwitzten Badeanzügen, es stank nach süßlichem Parfüm, es war feucht und voller Schaumreste. Es wunderte mich, daß sich an den Wänden noch kein Moos gebildet hatte und in den Ecken keine Pilze wuchsen oder Farn hinter dem Klo. Ich dehnte das Duschen sehr lange aus. Ich benutzte das am wenigsten feuchte Handtuch, das ich finden konnte. Ich machte die Badezimmertür ganz vorsichtig auf, und wie ich gehofft und erwartet hatte, gab sie ein regelmäßiges, schnarrendes Schnarchgeräusch von sich und sagte bei jedem Ausatmen »Puuh«. Ich zog mich klammheimlich an, schlich auf Zehenspitzen zum Bett, entfernte das schwarze Handtuch und warf es ins Badezimmer. Ich stellte meine leere Bierdose neben ihre auf den Boden. Im Wohnzimmer fand ich eine Postkarte und einen Bleistiftstummel. Ich schrieb: ›Corry, Süße, selbst im Halbschlaf bist du noch phantastisch! Ich melde mich, Schatz.‹ Ich legte die Postkarte auf die andere Seite des Bettes und schlich mich davon, wie ein Idiot grinsend. Oder wie Dads.
Aber dieses Grinsen fühlte sich an wie eine Operationsnaht. Dies sind die armen Verlierer im Wettbewerb der Häschen, aber sie verlieren bei einem anderen Rennen als eine Marianne oder diejenigen, die man im Supermarkt trifft, wenn es doppelte Rabattmarken gibt, die in klapprigen Autos Vorfahren, durch die hellerleuchteten Regalreihen trotten und ihre lustlosen, müden Kinder anschnauzen. Deeleen und Corry reservieren ihre Sehnsuchtsträume für die Yachtclubs der Florida Keys. Sie könnten das herausnehmbare Faltblatt in jedermanns Sexheft sein. Man muß immer einen Nervenkitzel haben. Zwanzig oder einundzwanzig ist das Alter. Die Freier tauchen immer auf. Das Telefon steht nie still. Freunde haben Freunde. Es ist ja nicht so, daß das irgendwann aufhört, Mann. Es ist ja nicht so, als würden sie plötzlich keine Konferenzen mit Abendprogramm mehr abhalten. Und dann wird man ein bißchen müde oder betrunken, oder man langweilt sich, also zieht man eine schnelle, geschäftige Show ab, und es ist in null Komma nichts vorbei. Und man lernt, wie man kleine Geschenke aus ihnen herausholt. Wie zum Beispiel eine Kreuzfahrt. Oder die Miete. Oder zwei komplette Strandausrüstungen von Cole. Freundschaftsgaben. Natürlich macht man das nicht professionell. Diejenigen, die es zu ihrer Arbeit machen, haben immer einen Typen, der das Geld einsteckt, und da kann man Ärger mit der Polizei bekommen und so. Man arbeitet von Zeit zu Zeit als Kellnerin. Ansonsten geht man mit Bekannten aus. Immer nur mit einem gleichzeitig. Und man vergnügt sich, und wenn man knapp dran ist, kann man den Bekannten anpumpen. Oder man hat andere Telefonnummern, die man anrufen kann, wenn es eine ganze Meute von Jungs ist.
Dies ist ein heikles Schattendasein, und sie arbeiten nicht einmal hart daran, weil sie nie gelernt haben zu arbeiten. Sie werden nachlässig, und wenn das Jungsein ein Ende hat, bleibt ihnen nicht viel übrig. Nur die leblosen Augen, die kleinen Geschicklichkeiten des Fleisches und das Gefühl, daß sich ihr Glück einmal zum Schlechten gewendet hat, als sie nicht aufgepaßt haben. Fünfzehn bis fünfundzwanzig ist die Altersspanne, und sie werden schnell alt und unansehnlich. Das sind die Häschen, die nie eine eigene Ackerfurche finden.
Ich kehrte in der heißen, blauen Dämmerung zu Lois zurück, die äußerst brav erscheinen wollte. Sie trug ein kleines, marineblaues Kleid mit einem steifen, weißen Kragen und hatte ihr Haar streng zurückgekämmt. Sie vermittelte den Eindruck, als würde sie ihr Leben ganz dem Blauen Kreuz und sonstigen gemeinnützigen Werken widmen.
Ich vergab ihr alle Sünden, und ihre dunklen Augen glühten.
Nach dem Abendessen erzählte ich ihr von der Kreuzfahrt. Ich sagte ihr, was ich vorhatte. Wir gingen die Pläne
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