Abschied in Dunkelblau
lauert ebensoviel Gefahr darin, die Fähigkeiten eines Gegners zu überschätzen, als sie zu unterschätzen.
A. A. Allen, Junior, kam rüber als ein gerissener, impulsiver Mann mit viel Glück. Er hatte das Vermögen des Sergeants mit List und Geduld aufgespürt, aber jetzt, da es ihm zur Verfügung stand, suchte er mit rücksichtsloser Ungeduld sein eigenes, reichlich perverses Vergnügen. Geistige Zurechnungsfähigkeit ist kein absoluter Begriff. Wahrscheinlich hatte sich das, was ursprünglich nur ein starker Sexualtrieb war, in den fünf Jahren seiner Gefangenschaft zu einer Suche nach Opfern pervertiert. Er hatte sich erotischen Phantasien von sanften Frauen, Gewalt und Terror hingegeben. Bis dann schließlich das erneut gestohlene Vermögen lediglich Mittel für diesen Zweck wurde, aus dem Gefängnis zu kommen und die Phantasien auszuleben.
Cathy war ein Opfer. Und nach ihr Lois Atkinson. Und Patty Devlan war das nächste. Als ob es erforderlich wäre, daß das nächste Opfer noch verletzlicher, noch empfänglicher für Terror wäre. Geschmack verändert sich schnell. Wenn man seine Geschmacksrichtung und seine Bedürfnisse in die Zukunft projizierte, landete man schnell bei der Altersgruppe der Seilhüpfer, und dann könnte bald Mord daraus werden, denn Kinder lassen sich nicht den Mund verbieten. Der gute alte Dads. Würde mein Schätzchen nicht gerne eine Bootsfahrt auf dem Schiff von dem netten Mann machen? Würde meine Süße nicht gerne mal einen zehntägigen Alptraum erleben?
Die fünf zusammen an Bord würden sich schließlich, angeregt von völliger Isolation und der gewaltigen Hitze der Inseln im August, von dem dichten Aufeinanderhocken des Fleisches auf beengtem Raum, vom Alkohol und von der sexuellen Toleranz der Mädchen aus dem Citrus Inn, an jene Spielformen und neuen Gruppenkonstellationen heranwagen, die Junior Allens Phantasie entsprachen. Der gute alte Dads würde allmählich das Kommando übernehmen, und all die schüchternen Alarmrufe von Miss Patty würden kein Gehör finden, nicht bei dem von Sonne und Alkohol getrübten Heidentum von Corry, Dee und Pete; sie würde auch keine Verschwörung zu ihrem Schutz erleben, die sie vor dem unvermeidlichen Ergebnis von Junior Allens hinterlistigen Manövern retten könnte, jener für sie obligatorischen Szene, in welcher der gute alte Dads, lächelnd und mit einer tolpatschigen, grotesken Nachahmung von Zärtlichkeit, sie schreiend, heulend und bettelnd in die Seemannskoje bündeln würde, um ihr diesen kompakten Schnellkurs zu geben, diese Indoktrination in sie hineinzuhämmern, die sie schnell dahin bringen würde, sich um nichts mehr einen Deut zu scheren, nicht um Pete, nicht um sich selbst oder einen ihrer aufgegebenen, sanften Träume. Armes, hektisches, kleines ulkiges Mädchen, das seine Schönheit hinter einer dicken Brille versteckte, hinter schrillem Gelächter und übertriebener Staksigkeit. Nimm doch diesen netten Kuchen, meine Süße, und steig mit dem netten Mann in sein nettes Auto, und wink all deinen Freunden zum Abschied zu.
Ich hatte mir die Telefonnummer des Apartments im Citrus Inn aufgeschrieben und rief dort an. Deeleen ging dran. »Wer? Oh, natürlich. Hi. Du willst Corry? Nun, die ist nicht da. Wenn du sie sprechen willst, rufst du die Schlampe am besten an, wenn ich weg bin.«
»Was ist los?«
»Ich bin’s leid mit ihr, echt. Glaub mir, ich hab’s satt. Du hättest noch dableiben sollen. Es ist ein großartiger Abend geworden. Sie hat sich betrunken und ist eklig geworden. Ich sage dir, unsere Wege trennen sich!«
»Ist die Kreuzfahrt abgeblasen?«
»Nein, verdammt! Wir fahren hier um halb sieben morgen früh los, dann gehen wir irgend etwas am Boot reparieren lassen, und von dort brechen wir in der Nacht nach Bimini auf. Im Mondenschein. Wie ich ihr gesagt habe, das einzige, was ich von ihr will ist, daß sie ausgezogen ist, wenn ich zurückkomme. Sie sagt, ich sollte ausziehen. Wie kommt die bloß darauf? Ich habe diese Wohnung doch gefunden, oder? Wer braucht sie schon? Sie verdirbt gern allen den Spaß. Die Geschichte ist, daß sie mit Pete rumgemacht hat. Er ist ’n netter Junge, aber was soll das? Sie hat genau gewußt, daß er schon seit Monaten versucht hat, Patty ’rumzukriegen, Gott weiß, warum, aber das ist ihre Sache, nicht wahr. Sie hat wissen müssen, daß das die Kreuzfahrt und alles versaut. Es ist das reinste Chaos gewesen letzte Nacht. Patty hat sich die Augen ausgeheult. Also hat Corry
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