Abschied ist ein scharfes Schwert. Ein Mordsroman (German Edition)
in der WG. Aber irgendwas in der Art wie Na, dann mach mal schön! habe ich mir dann doch wohl, den Türgriff schon in der Hand, nicht verkneifen können.
Ich hätte die Tür garantiert nicht mehr auf- und vor allem hinter mir zubekommen, so schnell stürzte Gerd brüllend wie ein kompletter Wikingerhaufen beim Angriff auf mich zu. Er hob den Besen, »AaaaaaHHHH!« schrie er, machte einen letzten, langen Schritt: »Aaahhh!« und rutschte auf all dem Scheiß, der den Boden bedeckte, aus. Der Besen flog, seine Arme flogen, seine Beine, und s p r a t z landete Gerd auf dem Rücken mitten im Was immer es gewesen sein mag. So nahmen die Dinge, die nun wahrlich nicht mehr in ihrem rechten Verhältnis zueinanderstanden, ihren Lauf.
Udo konnte sich vor Lachen kaum mehr auf dem Stuhl halten, war richtiggehend am Headbangen vor Schadenfreude. Gerd rappelte sich mit vor wilder Wut verzerrtem Gesicht wieder auf. Ich verließ derweil getreu meiner einmal gefassten Maxime Kein Streit! die Küche. Kaum dass ich im Flur war, hörte ich schon den nächsten Stuhl poltern, Gerd schrie: »Hör bloß auf zu lachen!«, aber Udo lachte weiter, lachte gar noch lauter, dann erneutes Poltern, Gläser splitterten, das war dann wohl der Tisch gewesen, und dann Udos Stimme – nun ohne Lachen: »Wag' es nicht!« In diesem Augenblick schwang die Wohnungstür auf und zu allem Überfluss betrat Udos Freundin den Flur, und nun konnte auch ich nicht mehr an mich halten, hatte Udo ihr doch offenbar einen Schlüssel gegeben, ohne es abzusprechen: »Heut’ wird nicht gefickt!« warf ich ihr also, meinen guten Vorsatz über Bord werfend, an den hübschen Kopf (Geschmack hatte er ja, der Udo). Doch da krachte plötzlich Udo mitsamt der Küchentür, die aus den Angeln gerissen wurde, in den Flur hinein. »Oh Gottogott!«, stöhnte nun seine Freundin (das kannte ich schon aus einem in anderen Zusammenhang), doch Gerd, der augenscheinlich in seiner Wut Wahnsinnskräfte entwickelt hatte, schrie sie aus der Küche heraus nieder: »Du gehst mir nicht mehr auf den Sack!« Währenddessen versuchte Udo, unterstützt von seiner Freundin und vielen »Ohgottogott!«, sich aufzurappeln, doch da kam auch schon Gerd wie eine der sieben Plagen über sie: »Ah, das trifft sich gut!« meinte er nur und hieb mit dem Besen auf sie beide ein. Schließlich aber bekam Udo eines von Gerds Beinen zu fassen und riss ihn um, was dann damit endete, dass Udo, seine Freundin und Gerd unter einigem Gebrüll und vielen »Ohgottogott!« in wildem Herumgeringe aufeinander einprügelten, bis ich von all dem Theater genug hatte, den lieben Frieden endgültig lieben Frieden sein ließ, mich – nachdem ich kurz noch einen Blick in die demolierte Küche geworfen hatte – einmischte und die Streithälse trennte. Und nun endlich war – wie man am Niederrhein so sagt – Ruhe im Kartong .
Dachte ich. Denn am Morgen nach dem einschneidenden Skatabend kehrte Carmen mit Macht zurück.
4.
Ich hatte die ganze Nacht geschuftet, um das Durcheinander in Küche und Flur zu beseitigen. Alles, was zu Bruch gegangen war, Gläser, Geschirr, dann die Stühle, der Tisch und auch noch einiges anderes, hatte ich in mühseliger Arbeit noch kleiner machen müssen, damit es in Müllsäcke passte. Und obwohl ich die Großen, die Grauen, nahm, hatte ich zum Schluss vier prall gefüllte Säcke im Flur stehen, die ich dann noch in den Hof zum Auto schleppte und mit einiger Mühe in den Kofferraum lud, um bei nächster Gelegenheit zur Müllverbrennungsanlage zu fahren.
Das war eine Nacht. Bei einem dieser Gänge traf ich im Treppenhaus einen Bewohner der WG von oben, der volltrunken nach Hause kam, und der mich – bevor er auf der ersten Stufe der Treppe ausrutschte und der Länge nach hinknallte – lauthals anlallte: »Woll, noch schnell ‘ne Leiche wegschaffen!«
Er spielte dabei wahrscheinlich nicht nur auf den Müllsack, sondern auch auf meine vom Aufräumen völlig verschmutzte Kleidung an. Wo gehobelt wird, fallen auch Späne. Ich muss sagen, dass ich ein wenig ungehalten ob dieses penetranten Zaungastes war. Aber so erledigt ich auch war, schaffte ich es dennoch, in sein Lachen einzustimmen: »Klar!«, lachte ich, »hab’ den Udo in handliche Stücke zerteilt, mit ‘ner Säge. Echt Heavy Metal, sozusagen!« Wusste doch, dass Udo denen oben mit seiner lauten Musik oft genug auf die Fußsohlen ging, und so war der Lacher auf meiner Seite. Und als ich dann auch noch den Müllsack öffnete, ein
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