Abschied ist ein scharfes Schwert. Ein Mordsroman (German Edition)
Höllenschrecken eingejagt. Aber sonst? Ein wenig Feuerwerk, ein bisschen herum geschwebt, Würmer und Käfer gegrillt! Das war es.
Verächtlich spuckte ich Richtung Feld aus. Allmählich fand zurück zu mir selbst, mein sonniges Gemüt setzte sich durch. Also lächelte ich über mich selbst: Kaum eine Kippe im Mund, schon mutiert der kleine Pisser zum Marlboro-Mann! So aber war es beileibe nicht. Mein Gemütszustand glich eher dem eines Menschen, der Achterbahn fährt. Gerade hat er den Teufelslooping schreiend hinter sich gebracht, und nun beruhigt er sich wenigstens so weit wieder, dass seine durcheinandergewürfelten Eingeweide einigermaßen in ihre normale Stellung rutschen, so dass er den nächsten Looping überstehen wird. Ein Moment der Ruhe, des erleichterten Aufatmens, dass man es geschafft hat, dass es doch gar nicht so schlimm gewesen war, und man es folglich wieder schaffen kann, ohne sein gesamtes Körperinneres auf sich und die anderen Fahrgäste auszuleeren.
Ich brauchte einfach einige Momente der, wenn auch trügerischen, Ruhe, um mich neu zu sortieren und bereit zu sein, wenn es wieder losgehen sollte. So bereit, wie man nur sein kann, wenn man es mit solchen Wesen zu tun bekommt, die die Grenzen des Gewohnten dermaßen verletzen, dass man überhaupt nicht mehr einschätzen kann, was als Nächstes kommen wird.
So cool ich mich auch einige Züge an meiner Zigarette lang noch zu geben versuchte, spürte ich doch, dass die angemessenste Reaktion auf all die Geschehnisse diese war: Setzt deinen Hut auf, sattele dein Pferd, Cowboy, und gib’ ihm die Sporen! Dann mach’ dich auf die Suche nach der Braut, die dir den ganzen Ärger eingebrockt hat! Auch wenn es das Letzte ist, was du tust!
Ja, ich war mir sicher, dass die Quelle allen Übels bei der Unscheinbaren zu suchen war. Von Anfang an war es mir wichtig gewesen, sie zu erreichen. Aber sie war nicht greifbar. Und ist, seitdem ich versuche, sie zu erreichen, nicht eindeutig eine Tendenz des Niedergangs zu bemerken? Der Traum. Die Blicke. Die Flammenwesen. Also warf ich die Zigarette auf die Straße, setzte tatsächlich meinen Hut auf, der seit meiner Lesung auf dem Rücksitz gelegen hatte, und sah nach meinem Auto. Das alltägliche Leben bekam mich ein Stück weit zurück. Ich erkannte, dass ich recht mit meiner Vermutung gehabt hatte, dass der Kofferraum nicht das Tor zu Hölle gewesen sein konnte. Der Grund, weswegen er offen stand, war schlicht der, dass ich vorne rechts am Wagen einen Platten hatte, und ich deswegen den Kofferraum geöffnet hatte, um den Wagenheber herauszunehmen. Dies war mir entfallen, meiner Müdigkeit der letzten Tage geschuldet. Genauso entfallen wie das, was ich dann getan haben muss: Denn irgendwann nach dem Aufbocken des Wagens und dem Entfernen des platten Reifens, aber noch bevor ich das Reserverad montierte, musste ich mich hinter das Lenkrad zurückgezogen haben, um mich ein wenig auszuruhen. Ich habe die Kassette umgedreht und bin dann, The Doors lauschend, eingeschlafen. Genau zum Anfang von The End bin ich aufgewacht und habe rechtzeitig zur höllischen Grillparty meine die Augen aufgeschlagen.
Da ich nicht rechtzeitig zur nächsten Grillparty auf freiem Felde zur Verfügung stehen wollte, montierte ich eilig den Reservereifen, manövrierte den Wagen aus dem Feld und machte mich, während die Gewitterwolken sich verzogen und der Himmel über dem Bodensee aufklarte und strahlend blau wurde, auf den Weg zurück nach Konstanz. Ich war fest gewillt, meine Sachen in der Pension zusammenzupacken und mich nach Wuppertal, an den Ursprung dieses ganzen Schlamassels, zurückzubegeben, und mich nicht kampflos vom Höllenfeuer braten zu lassen. Mochten die da auch jederzeit wieder auftauchen, so konnte ich doch alles in meiner Macht Stehende tun, um ihnen die Suppe zu versalzen, die mir aus irgendeinem Grund und auf eine Weise, die ich nicht verstand, die Unscheinbare eingebrockt hat. So dachte ich.
5.
Aber ich habe die Zelte in Konstanz nicht abgebrochen und bin nicht nach Wuppertal zurückgekehrt. Vielmehr habe ich mich in meinem Pensionszimmer verkrochen. Was war geschehen? Zunächst einmal nichts. Unbehelligt bin ich nach Konstanz zurückkehrt. Unterwegs dachte ich ständig an die Unscheinbare, bzw. ich versuchte, an sie zu denken, da mir ihr Gesicht mittlerweile nicht mehr präsent war. Ich hatte es ja schon geschrieben, jede nach nichts Besonderem aussehende Frau hätte sie sein können. Was mir
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