Abschied nehmen
sich ihm gegenüber immer noch so kühl wie am ersten Tag und alle Hoffnung darauf, dass sich dies bald ändern würde, hatte William längst abgetan. Doch was erwartete er auch, dachte er nun verbittert, dass sie all das ganz schnell vergaß und zu ihm zurückkam? Das wäre schön, doch so einfach war das Ganze nicht. Sie brauchte Zeit und die nahm sie sich mit Recht. Doch wie lange würde er noch warten können, fragte er sich. Wie lange würde er diese Ungewissheit noch ertragen, um letztendlich vielleicht aus ihrem Munde zu hören, dass sie ihn nicht mehr wollte?
Er wusste es nicht, doch lange durfte es nicht mehr dauern, sonst würde er sie zur Rede stellen müssen, dachte er und rieb sich mit beiden Händen das Gesicht, als könne er so, die Gedanken wieder verscheuchen. Doch das brauchte er nicht, denn durch einen plötzlichen Lärm, der aus dem Stall zu ihm drang, wurde er abgelenkt.
Ängstliches Gewieher erst von einem Tier, in das allerdings die anderen bald einstimmten, begleitet von Hufgetrampel und einer menschlichen Stimme, deren Worte er nicht verstehen konnte, tönten durch die dunkle Nacht und William sprang augenblicklich auf die Füße.
Auch Marcus, der noch nicht sofort in den Saal zurückgegangen war, horchte plötzlich auf, als er die Geräusche vernahm. Er wusste nicht, was sie zu bedeuten hatten, doch eine Ahnung beschlich ihn, dass er bei dem, was ihn erwartete, vielleicht Verstärkung gebrauchen könnte. So eilte er zum Eingang des Saales und winkte seine Männer heran, die mit so wenig Aufsehen wie möglich den Saal verließen, um schließlich ihrem Clansoberhaupt wortlos in den Stall zu folgen.
Währenddessen überquerte William im Laufschritt den Hof, wobei der Lärm immer weiter anschwoll. Sein Herz raste und er hatte den Eingang zum Stall beinahe erreicht, als eines der Tiere schlagartig verstummte und er einen dumpfen Aufprall vernahm. Er hatte das Gefühl, das Herz bliebe ihm für einen Moment stehen, als ihn die böse Vorahnung beschlich, dann stürmte er durch die offene Stalltür hinein und blieb abrupt stehen.
Bitte nicht Jimmy, hatte er eben noch gedacht, doch seine Bitte wurde nicht erhört, denn er war es, den er leblos auf dem Boden liegen sah. Bei dem Anblick sackte er förmlich in sich zusammen, Übelkeit stieg in ihm auf, und während sein Atem stoßweise ging, schloss er für einen Augenblick die Augen. Das konnte doch nicht wahr sein, klagte er innerlich, das war sicherlich nur ein schlechter Traum. Er würde sicher gleich wieder aufwachen und alles wäre gut, redete er sich ein, während der Stall sich um ihn herum zu drehen schien, doch er wusste, dass dies nur Wunschdenken war.
Das Wiehern der anderen Pferde drang noch immer allzu deutlich an seine Ohren, der Geruch des Stalles war mehr als real, und als er schließlich die Augen wieder öffnete, hatte sich das Bild vor seinen Augen nicht verändert.
Mittlerweile waren auch seine Freunde eingetroffen und blickten ihn nun, über das sich ihnen bietende Bild den Kopf schüttelnd, an. Doch William nahm sie kaum wahr. Er schluckte schwer, löste sich aus seiner Erstarrung, trat näher an Jimmy heran und kniete sich neben ihn. Mit zusammengebissenen Zähnen streichelte er sanft den noch warmen Körper, betrachtete das wie eh und je glänzende Fell und versuchte dabei das Zittern seiner Hände zu unterbinden. Schließlich begann er ihm leise Worte zuzuflüstern, die jedoch niemand außer ihm verstehen konnte, während er um Beherrschung bemüht, den langen, geschmeidigen Hals streichelte.
Sein Blick schweifte dabei über den leblosen Körper, und als dieser schließlich auf der blutigen Mistgabel zum Erliegen kam, die in Jimmys Hals steckte, wurde er urplötzlich aus seiner Lethargie gerissen. Er betrachtete die Blutlache, die sich neben dem Tier gebildet hatte und als wäre ihm erst jetzt aufgefallen, dass es jemanden gab, der diese scheußliche Tat zu verantworten hatte, ließ sein Zorn ihn augenblicklich auf die Beine springen.
Blitzschnell machte er den Missetäter aus, der ihn mit einem bedauernden Blick, aus der Falle, in die er sich selbst manövriert hatte, ansah.
„Das habe ich nicht gewollt, William! Er hat mich angegriffen und ich musste mich wehren“, jammerte Bryan mit einem bangen Blick, doch William glaubte ihm kein Wort.
Jimmy hatte ihn in seinem Stolz gekränkt und dies war seine Rache
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