Abschied nehmen
der er, neben ihm natürlich, nach dem Leben trachtete.
So erwachte er nun jede Nacht schweißgebadet, sprang auf und suchte verzweifelt in seinem Bett nach Kate, bis er wieder zur Besinnung kam und ihm klar wurde, dass er sie nicht an seiner Seite finden würde. Und es machte ihn wahnsinnig, dass er sich weder davon überzeugen konnte, dass es ihr gut ging, noch konnte er sie in seine Arme schließen und geschmiegt an ihren warmen Körper wieder zur Ruhe kommen. So rannte er nach diesen Träumen, vollkommen außer sich, bis zur Dämmerung im Zimmer auf und ab und fand erst seinen Frieden, wenn er sie am folgenden Morgen heil und unversehrt irgendwo in der Burg erblickte.
Und diese Gelegenheit hatte er nun häufiger, denn nach ihrer ersten Begegnung gingen sie einander nicht mehr aus dem Weg. Sie hatten beide beschlossen, ihr Versteckspiel aufzugeben. Neben der Tatsache, dass es einfach dumm war, einander ständig zu meiden, sorgte es auch für zu viel Klatsch unter den Burgbewohnern. Und so saßen sie wieder Abend für Abend Seite an Seite beim Essen und während William es mied ihr noch einmal zu nahe zu kommen, schleppten sich die endlosen Tage, in denen er auf ihre Entscheidung wartete, dahin.
Beinahe anderthalb Wochen waren inzwischen vergangen und für William wurde es immer unerträglicher, Kate zu behandeln, als sei sie nicht mehr als seine flüchtige Bekannte. So nahe bei ihr zu sein und sie nicht berühren zu können, verlangte eine unglaubliche Willensstärke von ihm. Und da er wusste, dass er diese nicht unbegrenzt aufbringen könnte, sah er sich gezwungen die Begegnungen mit ihr, so kurz wie möglich zu halten. Er blieb so lange nach dem Essen, wie es die Höflichkeit verlangte, und zog sich dann zurück.
So auch an diesem Abend. Eine Weile nachdem die Tische abgeräumt waren, entschuldigte er sich und ließ seine Freunde allein. Marcus erhob sich ebenfalls und begleitete seinen Freund nach draußen, wobei er ihn besorgt betrachtete.
Williams Gesicht war fahl und unter seinen Augen zeichneten sich dunkle Ringe ab, die von dem wenigen Schlaf zeugten, den er in den letzten Nächten allein in seinem Gemach bekommen hatte. Er war tief in Gedanken versunken und kein Wort drang über seine Lippen.
Dies war ungewöhnlich für ihn, denn bislang hatte er in Gesellschaft anderer seine Niedergeschlagenheit hinter einem Lächeln verborgen und hatte stets das Gespräch gesucht, um nicht in Grübeleien zu verfallen. Lediglich wenn Kate anwesend war, versteifte er sich, legte überwiegend eine ernste und undurchdringliche Miene auf und wurde still.
Doch der heutige Tag musste ihm besonders zugesetzt haben und Marcus fragte sich, was er tun könnte, um ihn aufzumuntern. Doch er kam nicht mehr dazu, sich diesbezüglich Gedanken zu machen, denn als sie den Eingang zum Saal hinter sich gelassen hatten, blieb William mit einem Mal stehen.
„Hör zu, Marcus, ich fürchte, ich bin heute kein guter Gesprächspartner“, begann er und brachte ein schiefes Lächeln zustande, das jedoch seine Augen nicht erreichte. „Es wäre vielleicht besser, wenn du zurückgingest“, schloss er und Marcus sah ihn mit gerunzelter Stirn an, während er überlegte, ob er Williams Wunsch entsprechen sollte.
Nun ja über Kate würde er eh nicht mit ihm sprechen, denn was dieses Thema anging, war er bereits in den letzten Tagen bei seinem Freund auf Granit gestoßen. Er hatte schlicht nicht darüber reden wollen und dies Marcus auch unmissverständlich klar gemacht. Und mit anderen belanglosen Themen wollte er ihn heute auch nicht mehr quälen.
„In Ordnung, wenn es dein Wunsch ist, werde ich dich allein lassen“, erwiderte er schließlich widerwillig und ein Hauch von Erleichterung huschte über Williams Gesicht. Dann nickte er knapp, wandte sich ab und schritt davon.
Er ging den dunklen Korridor entlang, der in den Hof hinausführte und bereits vom Weiten roch er die frische Luft, die von draußen hinein drang. Schließlich trat er in die Dunkelheit hinaus, lief ein paar Schritte und nahm auf den Stufen, die zur Küche hinauf führten, Platz.
Es war eine schöne, klare Nacht, der Himmel war mit Millionen von Sternen gespickt, doch William starrte lediglich den Boden zu seinen Füßen an. Schon länger als eine Woche wusste sie es, doch eine Entscheidung ihrerseits schien noch meilenweit entfernt. Sie verhielt
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