Abschied nehmen
seinen Anblick vermisst, dachte sie bei sich und ihr zärtlicher Blick strich von seinem markanten Profil über die Schulter, die straffen Bauchmuskeln bis hinunter zu seinen Beinen, die fest auf dem Boden standen.
Unten angekommen ließ sie den Blick wieder hinaufwandern und verweilte bei seinem Gesicht. Sie betrachtete seine gerade Nase, seinen Mund, dessen Weichheit sie noch immer zu spüren meinte und bemerkte, dass sein Kinn, das nun mit dunklen Stoppeln übersät war, dringend einer gründlichen Rasur bedurfte.
Er war wirklich alles andere als hässlich zu nennen, dachte sie liebevoll und zufrieden lächelnd, doch nun, da sie den Ausdruck in seinem Gesicht eingehender betrachtete, fiel ihr auch auf, dass ihm nicht nur an Hässlichkeit, sondern auch an Freude zu fehlen schien. Ein wehmütiger Ausdruck lag darin, doch sie kam nicht dazu, sich Gedanken über den Grund dafür zu machen, denn just in dem Augenblick drehte sich William zu ihr um.
Er sagte nichts, sondern schenkte ihr ein herzerwärmendes Lächeln und plötzlich war von der Wehmut nichts mehr in seinen Augen zu sehen. Sie strahlten geradezu vor Freude und er beeilte sich, zu ihr zu kommen.
Nachdem er die Decke über sie beide gebreitet hatte und ihr einen sanften Kuss aufgedrückt hatte, kuschelten sie sich aneinander.
„Warum bist du nicht hier unter der Decke geblieben? Du bist ja ganz kalt!“
Kate drückte sich noch etwas enger an ihn, damit er so schnell wie möglich wieder warm wurde und somit auch sie nicht weiter frieren musste, während sich die ganze Decke unter den reibenden Bewegungen, mit denen William die Kälte zu vertreiben versuchte, bewegte.
„Na ja, du hast so friedlich geschlafen und da wollte ich dich nicht wecken.“
„Aber du hättest doch einfach hier liegen bleiben können, damit hättest du mich doch nicht geweckt.“ Der Sinn seines Ausflugs ans Fenster wollte ihr noch immer nicht so recht aufgehen.
„Das stimmt schon, wenn es so einfach wäre, neben dir zu liegen, ohne dich anzufassen“, entgegnete William und sie grinsten einander an.
Dann blieben sie eine Weile wortlos liegen und alles, was zu hören war, war hier und da ein genussvolles Schnurren und der Regen, der gegen die Fenster tropfte. Es war einfach schön den Atem des anderen zu hören, den Duft zu riechen und einfach zu wissen, dass es nichts mehr gab, was zwischen ihnen stand. All die Zwistigkeiten lagen hinter ihnen und ihnen war, als könne nun nichts mehr zwischen sie treten.
Doch plötzlich fühlte sich Kate an ihr Versprechen erinnert, das sie sich gegenseitig letzte Nacht gegeben hatten, und unterbrach die Stille. Sie lehnte sich leicht zurück, um ihn ansehen zu können, bevor sie zu sprechen begann.
„Als du eben am Fenster gestanden hast, hast du an dein Zuhause gedacht, aye?“, fragte sie sanft und die Tatsache, dass er ihr nun vollkommen offen antworten konnte und keine Ausflüchte suchen musste, schnürte ihm die Kehle zu.
„Nun ja, mein Zuhause ist jetzt zwar hier bei dir, mein Herz“, erwiderte er und zauberte ein Lächeln in ihre Augen, „doch wenn du mein früheres Zuhause gemeint hast, dann hast du Recht. Weißt du, es mag zwar gierig klingen, doch ich wünschte, ich könnte beides haben, dich und meine Familie. Ich wünschte sie könnten dich kennenlernen und nicht nur dich, sondern alle, die mir hier so gute Freunde sind.“ Er senkte den Blick und bei seinen Worten wollte Kate das Herz zerspringen.
Als sie antwortete, war ihre Stimme tränenbelegt. „Nein, William, das ist alles andere als gierig, es ist ganz natürlich, dass du dir das wünscht.“
„Das mag sein, aber weißt du, was das Absurdeste daran ist? Es ist immer wieder Wentworth, der euch zusammenbringt. In meinen Träumen da sind alle, die mir etwas bedeuten, hier versammelt und er, mein größter Feind – natürlich neben Adam, Bryan, Marsaili …“ Er unterbrach sich und legte nachdenklich eine Hand an sein Kinn. „Habe ich noch jemanden vergessen, der mich hasst? Nein, ich denke zunächst einmal nicht – ist nur in der Lage euch alle zusammenzubringen.“
Er lachte resigniert auf und Kate staunte darüber, dass er über seine Lage noch Witze machen konnte. Ob die Sorge, die sie um ihn verspürte, auch mit der Zeit abebben würde und sie nicht ständig verfolgen würde, fragte sie sich. Sie glaubte nicht
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