Abschied nehmen
Tochter und ihr Mann Dair lebten ebenfalls dort und schon am ersten Abend ihres zweitägigen Aufenthaltes fiel Angus Dairs Vorliebe für eine der dort lebenden Mägde auf. Er beobachtete ihn mehrmals dabei, wie er hinter dem Mädchen herschlich und immer wieder in einer dunklen Ecke mit ihr verschwand.
„Als ich schließlich Lucia - die übrigens ein wunderschönes Mädchen ist, weshalb ich gar nicht verstehen kann, warum dieser Ochse dieser Magd nachstellt – einmal den Blick abwenden sah, als sie ihren eigenen Mann dabei beobachtete, wie er hinter der Magd in den Stall hechtete, reichte es mir.“
Angus wusste nicht, ob nur Lucia oder auch ihre Eltern das Problem mit Dair kannten, jedoch nicht die Schande über ihre Tochter bringen wollten, indem sie ihren Mann als Schürzenjäger entlarvten, doch er konnte und wollte dies nicht mit ansehen. Er vermied es Lucia darauf anzusprechen, denn das Mädchen schämte sich sicher schon genug und außerdem ging er davon aus, dass sie eh alles abstreiten würde. So weihte er seine Freunde ein und er und Alec schmiedeten einen Plan, den sie direkt in die Tat umsetzten.
Angus hatte beobachtet, dass obwohl es für Dair keinen Unterschied machte, wo er der Magd an die Wäsche ging, er dabei doch den Stall bevorzugte. So gaben die beiden Männer vor, an dem Tag einen Ausritt in das nahe gelegene Dorf zu machen und versteckten sich stattdessen im Stall.
„Immer wenn dieser Narr sich an dem Mädel zu schaffen machte, kam unser Einsatz. Wir flüsterten ihm Drohungen zu und gaben uns als mächtige Mitglieder des kleinen Volkes aus, die ihm immer wieder versicherten, ihm seine Manneskraft zu rauben, wenn er nicht aufhören würde“, berichtete Angus und William und Robert kicherten in ihre Becher, auch wenn Robert diese Geschichte nicht zum ersten Mal hörte. „Wir drohten ihm alles Mögliche an und legten ihm nahe, seine Frau zu lieben und zu ehren und sie vor allem nicht weiter zu hintergehen. Und auch seine Geliebte wollten wir nicht verschont lassen, wir hatten vor, sie mit Hässlichkeit zu strafen.
Aber auch wenn Dair und seine Gespielin beide die Hosen gestrichen voll hatten, wollten sie zu Beginn natürlich gar nicht zugeben, uns gehört zu haben. Sie taten so, als hätten sie nichts bemerkt, doch sie schauten so übertrieben lässig und blöde drein, dass wir richtiggehend Mühe hatten, uns das Lachen zu verkneifen.“
Dair und die Magd glaubten wie viele Leute an die Existenz von Elfen und Feen, doch zuzugeben mit dem kleinen Volk zu verkehren war gefährlich und könnte bedeuten, der Hexerei bezichtigt zu werden und so scheuten sie sich davor zuzugeben, etwas gehört zu haben.
„Doch wir setzten ihnen immer weiter zu, und irgendwann als unsere Einschüchterungen immer brutaler und niederträchtiger wurden, konnten sie ihren Schrecken nicht mehr verbergen. Als Alec zu den Ausführungen ansetzte, was er mit Dairs Eiern zu tun gedachte, blickten sie einander so entsetzt an, dass beide sich sicher sein konnten, dass der andere die Stimmen ebenfalls gehört hatte.
Doch selbst dann hatten sie nicht genug Mumm in den Knochen, es zuzugeben. Alles was sie taten, war es hastig aufzuspringen und sich so schnell voneinander zu entfernen, als stünde ihr Gegenüber in Flammen. Sie standen da und der Blick, den sie einander zuwarfen, zeigte deutlich, dass sie sich einig darüber waren sowohl Stillschweigen über alles, was in dem Stall vorgefallen war, zu bewahren, als auch von jetzt an getrennte Wege zu gehen.
Ich kann mir nicht vorstellen, dass Dair noch einmal Hand an eine Frau legt, als an seine eigene!“, endete Angus triumphierend und verneigte sich leicht, als Robert und William unter Gelächter zu applaudieren begannen.
„Aber sag mal Angus, konntest du denn den gleichen Anstand bei Johns Tochter wahren, wie du ihn von dem armen Dair verlangt hast?“, fragte William mit einem Grinsen und einer hochgezogenen Augenbraue, nachdem sie auf sämtliche in der Geschichte vorkommenden Personen und selbstverständlich auch auf ihren Erzähler angestoßen hatten.
Daraufhin richtete sich Angus kerzengerade auf, ließ seine Brust anschwellen, blickte mit gespielter Arroganz auf William herunter und tat so, als betrachtete er diese Frage als eine bodenlose Beleidigung.
„Selbstverständlich habe ich Anstand bewahrt und es ist eine Frechheit, dass du überhaupt daran
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