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Abschied nehmen

Abschied nehmen

Titel: Abschied nehmen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sam Miskull
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Albträume heimgesucht und gequält, die in diesem Augenblick wahr wurden und diese Erkenntnis wollte sie schier zerreißen. Immer wieder dachte sie daran, was nun in ihm vorgehen musste, was er gedacht und gefühlt haben musste, als ihm heute klar geworden war, in welche Falle er getappt war. Und auch wenn sie nicht gedacht hatte, dass sie noch welche hatte, flossen ihre Tränen unentwegt und unaufhaltsam.
         Zusammengekrümmt wie das Kind in ihrem Bauch hatte sie die ganze Nacht auf dem Bett gelegen und um dessen Vater und ihren geliebten Ehemann geweint, von Krämpfen geschüttelt, permanent für ihn betend.
         Nun saß sie apathisch und blass neben ihrer Mutter und verdammte in Gedanken Mrs. Jenkins, die ihr die Fahrt auf dem über die Straße dahinholpernden Wagen eingebrockt hatte. Am vorhergehenden Abend im Hof hatte ihr niemand widersprochen und auch niemand versucht sie weiter zurückzuhalten. Widerwillig hatten sie ihr Recht gegeben, doch was das Reiten anging, hatte Martha eine hartnäckige Fraktion angeführt, die darauf bestanden hatte, dass sie den Wagen nahmen. Immerhin führten die Rotröcke auch einen Wagen mit sich, somit würde sie dadurch keine Zeit verlieren, hatte sie gemeint und Kate hatte sich, was diesen Punkt anging, schließlich untergeordnet. Sie hatte schon all ihre Kraft dafür aufwenden müssen, ihre Tränen zurückzuhalten und da sie geahnt hatte, dass sie den Kampf bald verlieren würde, stimmte sie zu, um sich eilig in ihr Gemach zurückziehen zu können.
         Doch eh sie flüchten konnte, hatte Angus sie noch zurückgehalten. Er hatte sie zur Seite genommen, den Arm um sie gelegt und ihr, während sie leise vor sich hin geweint hatte, mit sanfter Stimme Williams Botschaft übermittelt.
         Auch jetzt schluckte sie schwer bei dem Gedanken an die Hoffnungslosigkeit, die in den Worten ihres Mannes gelegen hatte. Und während die Unterhaltung zwischen den sie begleitenden Andrew und Malcolm wie aus weiter Ferne an ihre Ohren drang, überquerten ihre Gedanken die zwischen ihr und William liegende Entfernung und brachten sie zu ihm.
     
         Es war um die Mittagszeit des zweiten Tages, als William zum ersten Mal erwachte. Den bisherigen Teil der Fahrt hatte er teils ohnmächtig teils schlafend hinter sich gebracht und dementsprechend orientierungslos fühlte er sich nun. Er hatte weder eine Ahnung, wo er sich befand, noch wer all diese Männer um ihn herum waren, die zwar eine ihm verständliche Sprache sprachen, die jedoch irgendwie befremdlich klang. Alles, was er feststellen konnte, war, dass er auf der Ladefläche eines Wagens lag, dessen Erschütterungen ihm am ganzen Körper arge Schmerzen verursachten.
         Doch wo zum Teufel fuhren sie mit ihm hin und vor allem wer waren sie ? Er musste es herausfinden. So hob er leicht den Kopf und öffnete ganz langsam und vorsichtig einen Spaltbreit die Lider. Das gleißende Sonnenlicht blendete ihn, stach ihm in die Augen und bescherte ihm furchtbare Kopfschmerzen, doch er schloss sie nicht. Gleich würde er sich an die Helligkeit gewöhnt haben und dann würde er auch die schemenhafte Gestalt erkennen können, die ihm gegenübersaß, dachte er. Bisher konnte er nur sehen, dass sie rot gekleidet war, was ihm sowohl vertraut vorkam, ihn jedoch gleichermaßen beunruhigte. Doch warum? Was verband er damit? Er durchforstete sein Gehirn, doch die Antworten auf seine Fragen schienen, wie hinter einem Schleier verborgen. Schließlich gab er das Rätseln auf und konzentrierte sich auf sein Gegenüber, das immer klarer sichtbar wurde und als sein Blick schließlich dessen Gesicht erreichte, blieb ihm beinahe das Herz stehen.         
         Oh Gott, Wentworth, dachte er vollkommen schockiert, wollte sich augenblicklich aufrappeln, sein Schwert ziehen und nachdem er den Major getötet hatte, die Beine in die Hand nehmen und schnellstens das Weite suchen. Doch er rührte sich nicht. Sein Herz raste, während er im Kopf sein Vorgehen plante, doch irgendetwas hielt ihn davon ab. Irgendetwas ließ ihn einfach unbewegt liegen bleiben, und noch während er sich fragte, was es war, stürmten die Erinnerungen auf ihn ein.
         Plötzlich entsann er sich dessen, was geschehen war, wie es dazu gekommen war, dass er sich hier in Wentworths Gewalt befand und die Anspannung wich aus seinem Körper. Es hatte keinen Sinn. Jede Auflehnung war vollkommen aussichtslos, er konnte ohnehin nicht das Geringste ausrichten. So

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