Abschied nehmen
noch nicht tot war, es sicher bald sein würde. Die Engländer würden ihn so lange foltern, bis er Williams Namen ausplauderte und das würde er früher oder später, egal wie tapfer und widerstandsfähig er war. Und wenn sie diesen hatten, würden sie all ihre Versprechen brechen, die sie ihm gemacht hatten und ihn töten. William hoffte nur, Frank würde an ihre Abmachung denken in keinem Falle Marcus Namen mit hineinzuziehen. Er schickte ein Stoßgebet gen Himmel, in dem er für die Seele seines Freundes betete und Gott um seine Mithilfe bat.
Es bedurfte nicht vieler Worte um einander klarzumachen, was sie nun beide tun würden, sie hatten über diese Situation schon oft genug gesprochen. Und so brachen William und Billy in entgegengesetzte Richtungen auf, ohne zu wissen, ob sie sich je lebend wieder sehen würden.
„Dies ist beinahe eine Woche her“, beendete William seine Geschichte, und während er auf Reaktionen wartete, bemühte er sich in den Gesichtern seiner Gegenüber zu lesen.
George saß in seinem Sessel und starrte regungslos ins Feuer. Alles, was William erkennen konnte, war die tiefe Trauer darüber seinen Sohn zu verlieren.
Jamie war jedoch das absolute Gegenteil. William hatte das Gefühl, dass je ruhiger und in sich gekehrter sein Vater wurde, umso aufgeregter wurde Jamie. Er fuhr sich unentwegt durch den blonden Schopf und konnte sich kaum auf seinem Sessel halten.
Plötzlich ließ er seine Faust auf den Tisch niedersausen und die darauf stehenden Gläser fielen zu Boden und zerbrachen. Während William dabei leicht aufschreckte, schloss George lediglich die Augen und blieb ansonsten weiterhin regungslos.
„Warum tust du uns so etwas an?“ Jamie war aufgestanden und funkelte William aus seinen blauen Augen an. Sein Gesicht spiegelte das Auf und Ab seiner Gefühle, und während er breitbeinig dastand, wechselte seine Miene zwischen ohnmächtiger Trauer und rasender Wut. „Wie kannst du einen Haufen Fremder deiner Familie vorziehen!“, schrie er und seine Augen verengten sich zu Schlitzen.
Dann mit einem Mal schritt er auf William zu und packte ihn mit aller Kraft an der Schulter.
„Wir haben uns so gefreut, dass du endlich wieder bei uns bist. Es war wieder wie früher und unser Leben hätte so schön werden können.“ Die Wut in seiner Stimme wich einem grenzenlosen Kummer und sein Griff wurde lockerer. „Du bist mein Bruder und nun verliere ich dich für immer an Menschen, die du kaum kennst.“ Tränen standen in Jamies Augen und er sank auf den hinter ihm stehenden Sessel und wischte sie hastig weg.
„Aber denkst du, mir fällt es leicht, das alles hier zu verlassen?“, presste William aus seiner zugeschnürten Kehle hervor.
„Dann bleib doch!“, rief Jamie.
„Das würde ich, wenn es nur irgendwie ginge“, erwiderte William und ließ die Schultern hängen. „Willst du mich etwa am Galgen sehen?“
„Nein, natürlich nicht“, gab Jamie nach einer Weile ohnmächtig zurück. Er saß da und schüttelte immer wieder den Kopf.
„Ich habe keine Wahl, bitte mach es mir nicht so schwer.“ Williams Stimme klang so flehend, dass Jamie den Kopf hob und zu ihm hinaufsah.
Über die vielen Jahre hatte er gelernt in Williams Augen zu lesen und wusste jetzt genau, wie es in seiner Seele aussah. Nun war er hin und her gerissen zwischen seinen ungleichen Gefühlen. Doch die Liebe und Freundschaft überwog und nach einer Weile erhob er sich, atmete tief durch und nahm seinen Freund in den Arm.
„Glaubst du denn tatsächlich, dass du diesen Leuten vertrauen kannst?“ Sie lösten sich aus ihrer Umarmung und Jamie nahm wieder Platz.
„Darüber müsst ihr euch überhaupt nicht sorgen. Ich kann Marcus und den anderen vollkommen vertrauen, da bin ich mir ganz sicher.“
„Gut, gut“, nickte Jamie vor sich hin. Er war noch immer ziemlich durcheinander, auch wenn er beschlossen hatte, zu William zu stehen. Sein Leben hatte sich innerhalb von wenigen Stunden vollständig gedreht. Die Zukunft, wie er sie sich ausgemalt hatte, existierte nicht mehr, und auch wenn er durchaus dazu fähig war, seine Zeit ohne William zu verbringen, was er in den letzten Jahren gezwungenermaßen getan hatte, machte es ihn unheimlich traurig, dass er nie wieder zurückkehren würde.
„Ich breche nun lieber auf, wenn wir nämlich noch
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