Abschied nehmen
und William und der junge Stallbursche gerieten bei Jimmys Anblick ins Schwärmen.
Während Joe jedoch über seine Begeisterung zeitweise seine Arbeit vergaß und dafür von seinem Vater gescholten wurde, fuhr William unentwegt mit seiner Tätigkeit fort, nicht zuletzt deshalb, weil ihn Amys Verhalten köstlich amüsierte. Das Mädchen versuchte nämlich nicht nur seine Bewegungen aufs Genauste nachzuahmen, sondern war auch noch bestrebt, Williams Tempo mitzuhalten. So machte er sich einen Spaß daraus, abwechselnd schneller und dann wieder langsamer zu arbeiten, nahm die Bürste abwechselnd mal in die Rechte und dann wieder in die Linke und vollführte für Amy unmöglich zu imitierende Bewegungen. Mit den schnellen Wechseln brachte er seine Schwester immer wieder durcheinander, woraufhin sich ihre Miene verfinsterte und sie ärgerlich irgendetwas unter der Nase zu murmeln begann. William musste stark an sich halten, um nicht in schallendes Gelächter auszubrechen.
Es war noch nicht einmal Mittag, als Jamie fröhlich pfeifend in den Stall geritten kam.
„Seid gegrüßt, meine Lieben!“, rief er heiter und seine etwas zu dick aufgetragene Fröhlichkeit kam William schlagartig bekannt vor. Er und George waren einander am Morgen beim Frühstück auf ähnliche Weise begegnet.
In der Nacht, in der sie kaum Schlaf gefunden hatten, hatte jeder von ihnen für sich selbst beschlossen, das Beste aus der ausweglosen Lage zu machen. Sie wollten sich gegenseitig dabei helfen die Situation ein Stück weit zu vergessen, in dem sie, statt sich ihrem Kummer hinzugeben, lieber so viel Freude wie möglich verbreiteten. Als sie einander dann voll übersprudelndem Enthusiasmus begegnet waren, mussten sie beide lachen.
Das Lachen wirkte unheimlich befreiend und half ihnen die Kluft zu überwinden, die durch Williams Neuigkeiten zwischen ihnen entstanden war, sodass sie sich schließlich nach dem Frühstück zu einer Aussprache zusammengesetzt hatten und dabei all die Dinge geklärt hatten, die am Abend zuvor ungesagt geblieben waren.
Nun sah William seinen Freund mit einem skeptischen Lächeln an.
„Was haltet ihr davon, wenn wir heute ausreiten?“, fragte Jamie in Williams Richtung, doch als er von diesem statt der Antwort nur den unveränderten Gesichtsausdruck erntete, wandte er sich an Amy, der sicher eher eine Reaktion zu entlocken war. „Los Prinzessin, lauf und frag deinen Vater um Erlaubnis“, sagte er mit einem breiten Grinsen und seine Vermutung, dass er Amy diesen Vorschlag nicht zwei Mal machen musste, bestätigte sich.
„Oh ja!“, rief das Mädchen, klatschte dabei in die Hände und stürmte davon.
William hatte sich derweil nicht gerührt und sah seinen Freund unverändert an, doch Jamie ließ sich davon nicht beeindrucken. Er wusste, was William dachte und beschloss dessen Blick einfach zu ignorieren. So stieg er ab, holte den Sattel für Guiny und machte sich geschäftig daran ihn festzumachen. William musste über das Verhalten seines Freundes lächeln, doch er sagte zunächst nichts und machte sich stattdessen daran Jimmy ebenfalls zu satteln. Wenige Minuten später kehrte Amy fröhlich hüpfend in ihrer Reitkleidung zurück und sie brachen auf.
Sie ritten bis zu einem nahe gelegenen Feld, wo das Mädchen den beiden Männern ihre vor noch nicht allzu langer Zeit erworbenen Reitkünste vorführen wollte. Sie bat sie am äußeren Rand stehen zu bleiben, von wo sie ihr ungehindert zusehen konnten und ihr trotzdem nicht im Wege waren.
In Aussicht auf ein paar ungestörte Minuten nutzte William die Gelegenheit zu einem Gespräch.
„Jamie, ich möchte mich bei dir entschuldigen“, begann er und blickte seinen Freund reumütig an.
Doch Jamie schien nicht vorzuhaben seine künstliche und sicher schwer erkämpfte Euphorie so schnell aufzugeben.
„Ach, aber dafür besteht doch kein Anlass“, winkte er ab und schenkte William ein breites und eindeutig gekünsteltes Lächeln.
William seufzte.
„Ich finde aber doch“, sagte er eindringlich und sah wie sein Freund den Kampf, um das Aufrechterhalten seiner Fassade langsam aber sicher verlor. Das so mühsam hervorgebrachte Lächeln schwand immer weiter mit jedem Wort aus Williams Mund. „Es besteht zumindest Erklärungsbedarf. Du hast gestern gesagt, ich würde meine neuen Freunde euch
vorziehen ...“,
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