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Abschied nehmen

Abschied nehmen

Titel: Abschied nehmen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sam Miskull
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gewesen und sie wäre bei einem der Überfälle auf ein Dorf so schwer verletzt worden, dass sie an den Folgen verstarb. Er sagte, du hättest danach jeden Engländer töten wollen und er hätte dich von deinem Rachefeldzug abhalten müssen.“
         William betrachtete Robert, der mit einem mitfühlenden Lächeln seinen besten Freund ansah. Dann drehte er sich zu William und klärte ihn leise auf.
         „Vor zwei Jahren ist ein kleines Mädchen verstorben, das Judith hieß. Es trug sich auch so zu, wie Marcus es dir erzählt hat. Es war jedoch nicht meine Tochter. Es war seine.“ William dachte zunächst sich verhört zu haben, doch Roberts Worte klangen immer wieder in seinen Ohren nach.
         Er war so verblüfft, dass er kein Wort herausbrachte. Doch das brauchte er auch nicht, denn Robert sprach weiter.
         „Judith war ein Nachzügler gewesen und Marcus hatte sich über ihre Geburt unheimlich gefreut, denn er hatte in dem Alter eigentlich nicht mehr damit gerechnet, noch einmal Vater zu werden. Sie wurde, nicht nur von ihm, nach Strich und Faden verwöhnt, denn sie war ein unheimlich süßes Mädchen.“
         William runzelte die Stirn und sah Marcus verstört an. Warum hatte er ihn belogen, fragte er sich selbst. Robert bemerkte seine Verwirrung und lieferte ihm die Antwort.
         „Nimm es ihm nicht übel. Ich denke, wenn er imstande dazu gewesen wäre, hätte er dir die Wahrheit gesagt, doch dies war wahrscheinlich die einzige Möglichkeit für ihn, darüber zu sprechen. Er hat dich nicht täuschen wollen, es war eher ein Beweis seiner Freundschaft, denn du bist der Erste, dem er überhaupt davon erzählt hat.“     
         Williams Blick blieb weiter auf Marcus heften und das Mitgefühl, das er empfand, mischte sich mit einer tiefen Bewunderung. Trotz dieser Erfahrung war er der Einzige gewesen, der ihn bei ihrem Zusammentreffen nicht verurteilt hatte und das rührte ihn. Erst jetzt wurde ihm wirklich klar, wie stark das Band zwischen ihnen beiden von Beginn an gewesen war und wie glücklich er sich schätzen konnte, ihn zum Freund zu haben.
         Robert und er sahen einander an und es war klar, dass Marcus nie von diesem Gespräch erfahren würde, weder durch den einen noch durch den anderen. Sie nickten einander zu als Zeichen dafür, einander verstanden zu haben, standen auf und gingen zu den Anderen hinüber.
     
         Der Tag der Trennung kam eher, als alle erwartet hatten. Die Stimmung war im Gegensatz zu den vorhergehenden Tagen sehr trüb. William war für jeden von ihnen zu einem Teil ihrer Gruppe geworden und es war schwer den neu gewonnenen Freund wieder ziehen zu lassen, ohne zu wissen, wann oder ob man ihn überhaupt jemals wieder sehen würde.
         Für Marcus war es jedoch außerordentlich schwer. Er hatte in William nicht nur einen Freund, sondern auch den Sohn, den er nicht mehr hatte, gefunden. Und obwohl sie noch nicht einmal zwei Wochen gemeinsam verbracht hatten, hatten sie das Gefühl einander schon Ewigkeiten zu kennen.  
         William hasste Abschiede und wollte sie schnellstmöglich hinter sich bringen. Er umarmte einen nach dem anderen und sie klopften einander freundschaftlich auf den Rücken.
         Marcus suchte währenddessen ein Paar Sachen für Williams Rückweg vom Wagen zusammen.
         „Ich fürchte wir müssen nun Lebe Wohl sagen“, riss William ihn aus seinen Gedanken, in die er bereits den ganzen Tag versunken war.
         Marcus legte seine Stirn in Falten und presste die Zähne aufeinander. Die düstere Miene spiegelte sich auf Williams Gesicht wieder und sie fielen in eine feste Umarmung.
         „Versprich mir zu schreiben, William.“ Marcus sprach leise und gab dabei einen tiefen Seufzer von sich. „Und gib acht auf dich.“
         „Das werde ich“, erwiderte William mit erstickter Stimme und sie ließen einander los.
         „Wir werden uns wieder sehen, das verspreche ich.“
         „Ich hoffe es, mein Freund“, erwiderte Marcus und die anderen stießen zu ihnen. William nahm den Beutel mit Lebensmitteln und Whisky an sich und so schwer es ihm auch fiel, drehte er sich um und begab sich auf den Marsch nach Edinburgh.
         Marcus hatte ihm zwar ein Pferd angeboten, doch er verzichtete lieber darauf, denn das hätte womöglich zu viele Fragen aufgeworfen. Auch sein altes Hemd und seine Uniformjacke hatte er wieder angelegt, damit auch ja niemand skeptisch

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