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Abschied nehmen

Abschied nehmen

Titel: Abschied nehmen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sam Miskull
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näher brachte.
         Mit seinem glasigen Blick nahm er den jungen Mann, der am Tor wachte, wie durch einen Schleier wahr.
         „Wer seid Ihr?“, fragte der Wächter nun argwöhnisch und stellte sich ihm in den Weg, als William das Tor passieren wollte.
         In Williams Ohren klangen die Worte, als kämen sie aus weiter Ferne, der Wächter stand jedoch keine sechs Fuß von ihm entfernt.
         „Ich möchte zu dem Burgherrn, Marcus Maccallum“, presste William mühsam hervor.  
         Er hielt sich kaum noch im Sattel und sein Gegenüber verstand ihn nur schlecht. Er taxierte den unerwarteten Besuch von oben bis unten und wurde noch etwas skeptischer, als er die mit Blut getränkte Decke bemerkte. Der Wächter wollte keinen Ärger über die Burgbewohner kommen lassen und so wie William in dem Augenblick aussah, bedeutete er für ihn genau dies. Er war verwundet und nur Gott wusste, wer ihm diese Wunde zugefügt hat und ob derjenige womöglich noch hinter ihm her war.
         „Ihr habt mir noch immer nicht gesagt, wer Ihr seid. Und ich kann mir nicht vorstellen, dass Marcus Euch erwartet. Er hat mir nicht gesagt, dass Besuch kommt“, sprach der Mann abweisend.
         Er war so hartnäckig, dass William sich wünschte, noch genügend Kraft aufbringen zu können und ihn mit einem Schlag zu Boden zu befördern. Doch diese Aussicht konnte er in der Verfassung, in der er sich befand, vergessen.  
         „Ich bitte Euch“, flehte er stattdessen, „lasst mich passieren.“
         „Ich weiß nicht recht“, erwiderte der Mann mit der Sturheit eines echten Schotten.
         William saß nun mittlerweile nicht mehr in seinem Sattel, sondern lag vielmehr auf Jimmy, gegen die sich anbahnende Bewusstlosigkeit ankämpfend.
         „Was ist denn hier los, Harry?“, erklang plötzlich eine bekannte Stimme.
         William konnte den Ankömmling nicht sehen, denn Jimmys kräftiger Hals versperrte ihm die Sicht und nun zermarterte er sich das Hirn, woher er diese Stimme kannte.
         „Robert ...“, flüsterte er, als es ihm mit einem Mal einfiel und genau in diesem Augenblick trat auch dieser in sein Blickfeld.
         „Oh mein Gott, William!“, rief er bei dem sich ihm bietenden Anblick und war mit einem Satz er bei ihm, um ihn noch rechtzeitig aufzufangen, als er aus seinem Sattel glitt.
         In den Augen des jungen Wächters machte sich nun Angst breit. Anscheinend hatte er falsch gehandelt und der Schrecken darüber war deutlich in seinem Gesicht zu erkennen.
         „Harry, lauf sofort los und hol Marcus! Er ist bereits in seinem Gemach!“, sagte Robert alarmierend zu dem jungen Mann und Harry rannte erschrocken los.
         Robert kniete auf dem Boden und hatte Williams Kopf auf seine Knie gebettet. Dessen Stirn fühlte sich heiß an und er schüttelte sich vor Kälte. Robert löste sein Plaid und drückte es auf die Wunde. Sie war durch seinen Sturz von dem Pferd wieder aufgegangen, und auch wenn sie nicht mehr so stark blutete wie zuvor, reichte es noch immer um das Plaid unter Roberts Hand warm und feucht werden zu lassen.
         „William, wann ist das passiert?“, fragte Robert, um die Überlebenschancen seines Freundes einschätzen zu können, doch William hörte ihn nicht. Er stammelte nur wirres Zeug vor sich hin.
         Jimmy war ganz in seiner Nähe stehen geblieben und sah seinem Herrn zu, wie er um sein Leben kämpfte. Später ließ er sich sogar von einem der Stallburschen in eine Box führen und sich den Sattel abnehmen, ohne das übliche Theater zu veranstalten. Wahrscheinlich hatte er ebenfalls keine Kraft mehr, von dieser anstrengenden Reise ausgelaugt, um sich zu wehren und war einfach nur froh, dass ihm die Last abgenommen wurde. Doch William war sich ganz sicher, dass Jimmy gespürt hatte, dass es nicht gut um seinen Herrn stand, und hatte sich vielleicht seinetwegen gefügt.
           „Ist er noch am Leben?“
         Marcus war sofort los geeilt, als ihm Harry die Nachricht von dem verwundeten Ankömmling überbrachte, und landete nun mit einem Satz neben William.
         „Marcus, bist du das?“, fragte William und wandte sein Gesicht zu seinem Freund.
         „Ja, mein Freund, ich bin es. Es wird alles wieder gut. Meine Frau wird dich wieder heilen!“
         Marcus strich William mit einem liebevollen und gequälten Lächeln über den Kopf und als er die Hitze spürte, die von ihm ausging, legte er

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