Abschied nehmen
die Nase des Mannes mit einem Schlag. Dann zog er, ohne mit der Wimper zu zucken, den Dolch aus seiner rechten Seite und rammte diesen in die Kehle seines noch immer überraschten Gegners, der daraufhin reglos zu Boden fiel.
William ging ebenfalls zu Boden. Er fiel taumelnd auf seinen Hintern und presste seine Linke auf die blutende Wunde. Er betrachtete die Leichen, die um ihn herum lagen und sein Blick blieb auf seinem ersten Opfer haften, in dessen lebloser Brust noch immer Jamies Dolch steckte. Er lehnte sich mühselig herüber und zog diesen mit einer langsamen Bewegung heraus.
Dann schloss er die Augen, lehnte sich zurück und presste den Dolch an seine Brust. Jetzt war es aus. Er würde hier liegen bleiben und sterben, dachte er resigniert. Die Kraft, die er noch bis eben innegehabt hatte, war nun wie weggefegt und er sah sein Schicksal als besiegelt.
Und während sein Bewusstsein immer weiter abdriftete, tauchten mit einem Mal vor seinem inneren Auge all seine Lieben auf. Da waren Jamie, sein Vater, Amy und auch Marcus mit seinen Männern. Die, die er hinter sich gelassen hatte, nickten ihm aufmunternd zu und die, zu denen er auf dem Weg war, streckten ihre Arme nach ihm aus. Sie redeten ihm alle gut zu, die Gesichter von Sorge gezeichnet.
William wusste nicht, ob er dies geträumt oder sich einfach nur eingebildet hatte, doch als er plötzlich seine Augen öffnete, überkam ihn ein unbeschreiblich starker Lebenswille. Er wollte nicht hier sterben und sich Wentworth geschlagen geben. Er wollte nicht, dass seine Familie und seine Freunde noch mehr wegen ihm leiden sollten.
So nahm er erneut all seine Kraft zusammen, richtete sich nur langsam und mühsam auf und stellte fest, dass Jimmy bereits unmittelbar neben ihm stand. Er betrachtete den riesigen Hengst und fragte sich, wie er es schaffen sollte, auf dessen Rücken zu steigen, als Jimmy sich plötzlich hinlegte. William musste sich zusammenreißen, um nicht vor Rührung zu weinen, stattdessen ließ er sich auf den Rücken seines treuen Gefährten gleiten und Jimmy trug ihn davon.
Die Flucht hatte sehr an Williams Kräften gezerrt. Er hatte die fürchterlichsten Tage seines Lebens hinter sich gebracht, dies war ihm zeitweise während seiner Reise durch den Kopf gegangen. Immer wenn er bis auf die Unterwäsche durchnässt, durchgefroren und ausgehungert dem eiskalten Wind entgegengeritten war, hatte er gedacht, seine missliche Lage könnte nicht schlimmer werden. Nun merkte er jedoch, dass die letzten Tage bei Weitem nicht so schrecklich waren wie diese letzte Nacht.
Mit seinen letzten Kräften klammerte er sich mit der einen Hand an die Zügel und mit der anderen presste er die Decke auf die Wunde. Er fror und war hungrig, doch daran hatte er sich bereits beinahe gewöhnt. Nun kamen jedoch auch Schmerzen hinzu, die durch den unsanften Ritt nicht gerade einfacher zu ertragen waren. Der Blutverlust ließ ihn immer wieder das Bewusstsein verlieren und irgendwann wusste er nicht einmal mehr, ob er überhaupt noch in die richtige Richtung ritt.
In den immer seltener werdenden Momenten, in denen er bei Bewusstsein war, musste er sich regelrecht dazu zwingen, sich nicht aus dem Sattel gleiten zu lassen und einfach dort auf dem gefrorenen Boden der schottischen Highlands sein Ende zu finden. Der starke Lebenswille, der ihn in dem Wald noch so angespornt hatte, verblasste nämlich mit jeder Ohnmacht mehr und nun war kaum noch etwas davon übrig.
So versuchte er sich immer wieder diesen Traum oder was auch immer es gewesen war, in Erinnerung zu rufen und schöpfte daraus neuen Mut, wenn man dies, was er empfand, noch als Mut bezeichnen konnte. Doch immerhin hielt es ihn davon ab, sich selbst aufzugeben.
Jimmy schien zu merken, dass mit William etwas nicht stimmte und so mobilisierte der Hengst all seine verbleibenden Kräfte. Es war, als wäre es ein anderes Tier, eines das nicht die mühsame Reise mit ihm hinter sich gebracht hatte, denn er ritt wie der Teufel.
Doch trotz Jimmys Kraft und Schnelligkeit glaubte William nicht mehr daran, dass sie noch irgendwann einmal ankommen würden, als plötzlich die Burg Craigh vor ihm auftauchte.
Es war bereits nach Mitternacht, doch die Tore waren noch erleuchtet und standen offen. Freudentränen traten in seine Augen und er flüsterte Jimmy Dankesworte ins Ohr, während dieser sie der Burg
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