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Abschied von Chautauqua

Titel: Abschied von Chautauqua Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stewart O'Nan
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Nacht war voller Sex und voller Raubtiere - voller Leben, dachte Arlene. Neben der Treppe wedelte Rufus mit dem Hinterteil und hüpfte wie wild geworden herum.
      «Ist ja gut, ist ja gut», sagte sie. «Ich seh dich.»
     
     
* 19
     
    Es gab keine Fernbedienung, ein weiteres Merkmal für die Schlichtheit des Sommerhauses, und als Ken aufstand, um die Elf-Uhr-Nachrichten einzuschalten, sah er, erst ungläubig und dann verärgert, dass sie vergessen hatten, die Videos zurückzubringen.
      «Ist schon okay», sagte Meg, «ich kann sie morgen zurückbringen.«
      «Ich kann fahren.» Das stimmte, in seiner Collegezeit war er bekifft kreuz und quer durch die Vereinigten Staaten gefahren, war mit seinen Freunden zu Grateful Dead-Konzerten gereist, weil er es toll fand, unterwegs, in Bewegung zu sein, während des Auftritts auf dem Parkplatz einen draufzumachen und den ganzen Rückweg zu fahren, weil alle anderen völlig fertig waren. Maxwell Cassidy. Das war eine Weile her.
      «Ich komme mit», sagte Meg, und nachdem sie sich vergewissert hatten, dass die Hintertür offen war, stiegen sie in den Geländewagen und fuhren los, Freedy Johnston im CD-Spieler.
      Meg hatte noch nie von Freedy Johnston gehört. Das sah ihr gar nicht ähnlich, als hätte sie sich verändert, eine wertvolle Fähigkeit oder ihre Aufgeschlossenheit eingebüßt, als hätten die Jahre und der Alkohol sie abgestumpft. Ken wusste noch, wie Meg ihm bei geschlossener Tür Singles vorgespielt und ihn dadurch in die Musik eingeführt hatte. Sie hatten ein Spiel gehabt, bei dem er einen Song an den ersten Noten erkennen musste, Meg hatte die Nadel runtergelassen, das Kratzen der Platte, dann ein Bass, ein Schlagzeug, und sie hatte den Tonarm wieder von der Platte gehoben. «I Think We're Alone Now!», hatte er dann gerufen. «Sky Pilot!»
      Und was hörte sie jetzt?
      «Nichts. Die Stones. Alte Sachen. Jeff hat seine ganzen CDs mitgenommen, deshalb haben wir im Moment nicht so viel Musik.»
      «Dann weiß ich, was ich dir zum Geburtstag schenke.»
      «Ja», sagte sie, als würde es keine Rolle spielen.
      Er schlich mit dem Geländewagen den Manor Drive entlang und hielt sich streng an das Tempolimit von fünfundzwanzig Stundenkilometern. Ihre Nachbarn schliefen größtenteils oder waren nicht da, nur in ein paar Fenstern brannte noch Licht. Das Gefühl, bekifft und allein noch auf zu sein, erinnerte ihn an die High School, wo sie durch menschenleere Straßen gerollt waren, das Radio an die Nacht angeschlossen. Damals war Meg schon weg gewesen, und er musste allein mit seinen Eltern zurechtkommen, die ungewohnte Rolle des Lieblingskindes übernehmen.
      «You oughta lock that door», sang FreedyJohnston. «Somebody might get in. Didn't I teach you that?»
      Auf dem Highway war niemand zu sehen, nur eine Lampe über dem Maisfeld, deren heiße Glühbirne von Insekten umkreist wurde. Er bog ab, die ordentlichen grünen Reihen blätterten im Scheinwerferlicht vorbei wie gemischte Spielkarten. Die Snug Harbor Lounge war gut besucht, die Neonbeleuchtung verwandelte den Parkplatz in einen Jahrmarkt. Dann Dunkelheit, Farmen und unbeleuchtete Reklametafeln, die unter den Reifen dahinziehende weiße Linie, ein vertrautes, träumerisches Gefühl. Bäume und Schilder glitten vorbei, wie an unsichtbaren Schnüren hängend. Der Mond folgte einem Bach durch ein Feld.
      «Niagara Falls», sagte Meg, und es dauerte einen Augenblick, bis er so weit war.
      «Ich drehte mich langsam um ...»
      «Hast du Bilder von ihr gemacht?»
      «Ein paar.»
      «Tust du mir den Gefallen und machst eins von mir und ihr, bevor die Woche vorbei ist?»
      «Klar», sagte er, wartete aber auf eine Erklärung und richtete seine Gedanken auf die Straße.
      «Sie ist nicht mehr die Jüngste.»
      Das fand er lächerlich, stimmte ihr aber zu. «Und, hast du mit ihr über das Haus gesprochen?»
      «Wann hatte ich denn Zeit dazu?»
      «Ich bin morgen früh vier Stunden mit ihr zusammen», sagte er, und sie lachte.
      «Ich will bloß ein Foto, das reicht mir. Vier volle Stunden. Mann.»
      «Dann bin ich wohl unser Delegierter, stimmt's?»
      «He, dir hört sie viel eher zu als mir. Ich weiß, dass Arlene versucht hat, mit ihr zu reden.»
      «Vermutlich gibt es jetzt kein Zurück mehr. Meines Wissens ist die Sache gelaufen.»
      «Die Kläranlage soll noch inspiziert werden. Da kann es doch nicht gelaufen sein.»
      Diesen

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