Abschied von Chautauqua
bekommen.»
«Und was ist mit Merck?»
«Das war bloß eine einmalige Sache.»
Sie presste die Lippen zusammen, und er sah, dass sie nachdachte, enttäuscht, dass sie es erst im Nachhinein erfuhr. Sie waren fast bei ihren Bällen angelangt, und sie ließ ihn zappeln. Im Lauf der Jahre hatte er gelernt, ihre Einwände vorherzusehen, sich ihre Taktik einzuprägen - nicht dass es ihm etwas genutzt hätte. Es bedeutete bloß, dass er sah, was von fern auf ihn zukam, und sich länger Gedanken darüber machen konnte. Er tröstete sich und dachte, dass jemand, der sich weniger Gewissensbisse machte, ihr schon längst ausgewichen wäre. Lise hatte Recht, er war der gute Sohn, der ewige Märtyrer.
Er parkte den Wagen genau in der Mitte zwischen ihren Bällen.
«Ich glaube, du bist weiter weg», sagte er, und während sie sich vorbereitete, versuchte er, sich daran zu erinnern, warum es beim Golfspielen einfacher sein sollte, ihr Megs Idee mitzuteilen. Seine Mutter würde sich genauso darüber ärgern, dass sie sich rechtfertigen musste, wie er. Dennoch würde sie es tun, so schmerzlich es auch war, denn genau wie er fand sie, dass er eine Antwort verdient hatte. Am Telefon konnten sie einander ausweichen, konnten auf ihr Schweigen und ihre Auslassungen vertrauen, aber nicht hier. Sie würden einander nicht überzeugen, obwohl das früher schon vorgekommen war. Es genügte, dass sie ihre Wünsche äußerten.
Seine Mutter machte einen anständigen Schlag in Richtung Grün. «Flieg!», sagte sie und trat zurück, aber der Ball schaffte es nicht, sondern blieb auf dem ansteigenden Vörgrün zwischen den beiden Bunkern liegen.
«Was war das denn?»
«Ein Sechser. Ich hab nicht getroffen.»
«Er ist in Sicherheit», sagte er. Und als Beweis schlug er mit seinem Siebener, plopp, in den rechten Bunker.
«Wirst du wenigstens bezahlt?», fragte sie im Wagen.
«Nach Stunden.»
«Gute Sozialleistungen?»
«Nein.»
Es ist eigentlich ein ziemlich beschissener Job, hätte er am liebsten gesagt. Um ehrlich zu sein, er geht mir auf die Nerven.
«Dann arbeitet Lisa wohl.»
«Bei ihrem Job gibt's die Sozialleistungen.»
«Und wer kümmert sich um die Kinder?»
«Wir beide», sagte er, doch sie meinte: Wer kümmert sich nach der Schule um sie, wenn ihr beide auf der Arbeit seid? Er kam ihr zuvor und erklärte, dass Ella den vom Roten Kreuz angebotenen Babysitterkurs besucht habe.
Mit einem Sandwedge drosch er den Ball aufs Grün. Sie kam in die Nähe des Lochs, brauchte dann aber zwei Pütts.
«Spiel den Ball, Emily», sagte sie. «Dass Ella zuverlässig ist, weiß ich, aber Sam ist wie alt, zehn?»
«Er wird nächsten Monat elf.»
Im Wagen stritten sie sich über seine früheren Entscheidungen, die Wohngegend, die sie sich nicht leisten konnten, die verlorenen Jobs und nutzlosen Abschlüsse, und Ken war erleichtert, als sie am Abschlag hielten. Sie stieg aus und folgte ihm, als wollte er davonlaufen.
«Und warum erfahre ich das erst jetzt?»
Das sechste Loch war ein Par drei, ein schnurgerader Schlag über einen Teich, aber die Vierergruppe vor ihnen war noch nicht fertig, sodass sie warten mussten. Sie hatte ihn so weit. Das Gespräch war erwartungsgemäß verlaufen und an sein unvermeidliches Ziel gelangt, und doch hatte er Angst zuzugeben, dass er gelogen hatte, auch wenn sie beide seine Gründe kannten. Obwohl er seine Buße akzeptierte, kam ihm das unnötig vor, wie eine doppelte Bestrafung.
Er wählte einen Schläger aus und verdrehte die Augen - den ganzen Kopf, als wäre er müde -, berief sich auf ihre Vertrautheit und die Oberflächlichkeit ihrer Unterhaltung und versuchte, das Ganze ins Lächerliche zu ziehen.
«Ich hab's dir verschwiegen, damit du dir keine Sorgen machst.»
«Du wusstest doch, dass du es mir irgendwann sagen musst. Vielleicht hast du gedacht, du würdest Zeit gewinnen.»
«Vielleicht.»
«Was soll ich sagen?», fragte sie. «Dass ich froh bin, dass du überhaupt arbeitest? »
«Nein.»
«Ich wünschte, ich könnte sagen, dass ich überrascht bin.»
Sie ließ ihre Stimme müde und entmutigt klingen, obwohl sie sich vor wenigen Minuten noch mit Pointen bombardiert hatten, und Ken wappnete sich. Ihre Sorgen waren dieselben, die er seit seiner Hochzeit zu hören bekam. Als Erwachsener musste er verantwortungsbewusst sein. Er musste an die Kinder denken. Selbst
Weitere Kostenlose Bücher