Abschied von Chautauqua
Welt, die nie existiert und in die Meg nie hineingepasst hatte, über die sie hergezogen war, um ihnen die Augen zu öffnen - dieselbe Welt, die sie jetzt verteidigte. Sie hatte das Gefühl, als würde sie zugeben, dass sie die ganzen Jahre Unrecht gehabt hatte, und - wie in der Reha - um eine neue Chance bitten. Als Kind hatte sie sich hier gelangweilt, als Jugendliche war sie undankbar gewesen. Als sie über zwanzig gewesen war, hatten Ken und ihre Mutter sie stets gedrängt, in den Osten zu kommen, und sie hatte Geldmangel oder einen neuen Job vorgeschoben, froh, die Woche heuchlerischen Beisammenseins zu versäumen. Jeff hatte die Versöhnung eingefädelt, und ihre Mutter hatte es angeblich den Enkelkindern zuliebe getan, doch Meg wusste, sie hatte es als Sieg betrachtet.
Meg hatte fast aufgegessen, nur ein paar matschige Stücke schwammen noch in der süßen Brühe. Sie dachte, dass es vielleicht an ihren geringen Möglichkeiten lag. Nicht das Sommerhaus war gefährdet, sondern ihr Leben. Irgendwie hatte sie, vielleicht als sie dem Alkohol abgeschworen hatte, die Kaltschnäuzigkeitverloren, die großen Probleme einfach abzuschütteln. Das war ein Fortschritt. Es war ihr egal, wenn sie sich deswegen verzweifelt fühlte. Sie war verzweifelt, aber jetzt erkannte sie wenigstens, was sie empfand.
Sie stellte die Schüssel mit klirrendem Löffel auf den Steg, trank einen Schluck Kaffee und zündete sich eine Zigarette an. Sie hatte sich vor dieser Woche gefürchtet, und jetzt, wo sie langsam zu Ende ging, deprimierte sie der Gedanke, wieder nach Detroit zu fahren, zurück zu ihrem verkorksten Leben. Jeff hatte gesagt, er würde heute anrufen. Bei dem Gedanken ärgerte sie sich noch mehr über Sarah, und als sie ihre Zigarette geraucht und sorgfältig ausgedrückt hatte, schwang sie sich von der Bank und ging zum Haus.
Ella brachte den Jungs auf der Veranda Kartentricks bei, Arlene saß zufrieden da und las nicht mal. Justin hatte endlich genug von dem Eisbeutel, die Beule ein kleines blaues Horn. Im Haus war es fünf Grad kühler und schummrig, die Sonne warf ihr Licht auf einen Streifen Teppich. Meg spülte ihr Geschirr ab, räumte es in die Spülmaschine und dachte, dass sie jeden Moment das Geklimper von Rufus' Hundemarke oder das Knarren der Fliegentür hören würde. Auf dem Steg hatte sie sich einen leichten Sonnenbrand geholt und nahm sich eine Pirates-Kappe von dem Haufen.
«Ich geh mal rüber zu den Teichen», sagte sie. «Warum fahrt ihr Jungs nicht ein bisschen Fahrrad? Das Wetter ist viel zu schön, um im Haus zu bleiben.»
«Wann machen wir Tubing?», wollte Sam wissen.
Aber Ella verstand den Wink und nahm die Jungs mit. Meg machte ihnen das Garagentor auf.
«Was macht dein Fuß?», fragte sie.
«Alles in Ordnung», erwiderte Ella, geradezu erfreut, dass sie gefragt hatte, und wieder dachte Meg, dass es mit ihr viel einfacher war als mit Sarah. Sie war ruhig und freundlich, und Meg begriff, warum sie das Lieblingsenkelkind ihrer Mutter war. Ihre Mutter bildete sich ein, dass sie und Ella sich ähnlich seien, beide groß gewachsen und knochig, doch in Wirklichkeit hatte Ella die Wesenszüge, die sie bewunderte, von Ken, und der hatte sie von seinem Vater geerbt. Ihre Mutter war eher wie Sarah, eher wie sie, vorsichtig und intolerant, leicht aufbrausend, aber das würde sie nie zugeben, so wie Meg zu leugnen versuchte, dass sie auf Ella neidisch war, obwohl sie sie mochte. Sie war neidisch, und Ella war ihr ein Rätsel, so wie sie bei Justin mit ihrer Weisheit am Ende war. Ella war gut. Da Meg selbst böse gewesen war, verstand sie Sam besser, seine Mätzchen vorhersehbar, sein schauriges Benehmen seine einzige Trumpfkarte. Meg hatte keine Ahnung, was Ella dachte oder wie sie sich fühlte, was ihr gefiel, hatte bloß den Verdacht des bösen Mädchens, dass es mustergültig und langweilig war.
Sie fuhren alle los, die Jungs rasten vorneweg, und Ella rollte dahinter steif und aufrecht durch den Schatten. Motorboote dröhnten und glitten durch die Lücken zwischen den Häusern. Heute würden alle draußen auf dem See sein, und in der Einfahrt war es still. Das Vogelbad der Lerners war voll schmutzigem Wasser, weil darin die Blätter vom letzten Herbst verrotteten. Die Wisemans waren weg. Die Diamonds hatten ihr Haus vor zehn, fünfzehn Jahren verkauft, und die neuen Besitzer hatten Mansardenfenster eingebaut.
Sie lenkte sich bloß ab. Sie rechnete damit, dass
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