Abschied von Chautauqua
Jungs übernehmen.»
Sie schickten sie raus auf die Straße und riefen sie zurück, als ihnen die Sache zu viel Spaß zu machen begann. Lise gab Rufus einen kaputten Ball, und er trottete damit unter die Kastanie, legte sich hin und drehte den Kopf, um an dem Gummi zu kauen. Meg holte Wasser, dann waren sie startklar.
«Kommen die Mädchen nicht mit?», fragte Ken.
«Bis die so weit sind, haben wir schon fertig gespielt.»
Lise wusste, wenn ihre Vermutung stimmte, würde die Polizei dann noch nicht fertig sein. Die Polizisten würden den ganzen Tag, wahrscheinlich sogar das ganze Wochenende da sein, Fotos machen, den Wald und die Büsche absuchen und das hohe Gras durchkämmen, Staatspolizisten in Gummihandschuhen würden Zigarettenstummel und Unterwäsche einsammeln und eine Cola-Dose bestäuben. Und Ken würde hingehen, er würde einen Weg finden - nicht lange, nein, er würde eine natürliche Neugier vortäuschen, vielleicht auch seine Kamera da lassen, um Lise zu beschwichtigen. Das war fast noch schlimmer, so was wie ein Opfer, das er ihr brachte.
Sie gingen die schattige Straße zwischen den Eichen entlang, am Haus der Wisemans und der Nevilles vorbei, und die Jungs fuhren auf ihren Rädern voraus. Zwischen den Häusern leuchtete der See blau auf, Angler versuchten im Schilf ihr Glück, draußen ein paar Segelboote, und Lise war überrascht, wie schnell die Woche vorbeigegangen war. Am Strand war es genauso - sie brauchte eine Weile, um in Urlaubslaune zu kommen, und dann war es auch schon vorbei. Sie dachte bereits an die Fahrt morgen, ans Ausräumen des Autos. Sie fand, dass sie vom Sommer genug gehabt hatte, wenigstens von diesem Sommer. Es war ungerecht, das wusste sie - sie hatte Henry viel besser leiden können als Emily.
«Guckt euch mal den tollen Käfer an», sagte Ken, womit er das VW-Cabrio meinte, das in der Garage der Nevilles stand.
«Habt ihr den neuen Anbau der Smiths gesehen?», fragte Meg. «Der ist riesengroß.»
«Sie machen ihn gerade winterfest.»
Es machte Lise wahnsinnig, dass Meg von den Nachbarn sprach, als würden sie sie wirklich kennen. Emily und Arlene kannten sie privat, doch diese Freundschaften waren nicht auf die nächste Generation übergegangen. Sie konnte sich nicht erinnern, dass Ken in all den Jahren zu einem der Nevilles oder Craigs auch nur ein einziges Mal auf der Straße mehr als Hallo gesagt hätte. Auch Lise hatte das getan, ein beiläufiges, kurzes Winken, das nicht peinlich wirkte, wenn es nicht erwidert wurde, und dennoch fühlte sie sich wie eine Außenstehende, da ihr diese lockere Vertrautheit fehlte, die er und Meg wie eine Geheimsprache teilten - Lerners und Crattys und Loudermilks.
Der Weg schlängelte sich durch den kühlen Wald, zwischen dem sonnengesprenkelten Farn hindurch, der dünne Moosteppich voller Schuhabdrücke und Reifenspuren, die frei liegenden, harten Wurzeln abgewetzt zu einem schmutzigen Glanz. Das Licht fing ein riesiges Spinnennetz ein, dessen Besitzerin mittendrin ihren Faden spann, die langen Beine in Bewegung wie die Finger einer Hand. Lise hörte, wie die Jungs das Tor im Maschendrahtzaun öffneten und dann zuzogen. Sie fragte sich, ob jemand das Mädchen gefunden und die Polizei verständigt hatte, und sie dachte sofort an Ken und überlegte, wo er heute früh gewesen war (bei ihr im Bett), als wäre er ein Verdächtiger.
War er auch. Alles, was in ihrer Ehe nicht stimmte, glaubte sie auf seine Ausflüchte zurückführen zu können, auf das, was er dachte, aber nicht verriet, ein weiterer Grund, warum sie ihm übel nahm, dass er sich so mühelos mit Meg unterhielt. Zu Hause musste sie ihn im Bett ausfragen, um irgendetwas aus ihm herauszubekommen, und, in die Enge getrieben, gab er sich dann widerwillig geschlagen, ihr Beischlaf hinterher eine unverdiente Belohnung.
Sie traten in die Sonne hinaus und sahen, dass sie die Plätze für sich hatten - das war gut, denn das vordere Netz hing durch, das Seil war schlaff. Die Jungs hatten ihre Räder hinfallen lassen und waren schon drin, wo sie Home Runs zu schlagen versuchten. Die Tür knarrte, als Ken sie aufstieß. Zentimeterbreite Risse liefen wie Bruchlinien durch den Asphalt, und weil es keinen Abfalleimer gab, lag eine gefährliche Ansammlung von rostigen Dosendeckeln mit aufgestellten Aufreißlaschen rings um die grüne Parkbank.
«Nett», sagte Meg.
«Die sammle ich später ein.» Ken stieß die Deckel mit dem
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