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Abschied von Chautauqua

Titel: Abschied von Chautauqua Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stewart O'Nan
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durchbringen - das war leicht. Sie ließ sich Zeit. Die Sonne stand über ihnen, ihre Kehle war wie zugeschnürt. Der Schweißstreifen auf ihrem Augenschirm schob sich langsam vor, das Haar klebte an ihrem Nacken. Nachdem sie einen weiteren Punkt gewonnen hatte, ging sie, den Blick auf den Boden gerichtet, zurück und ertappte eine fette Ameise beim Überqueren der Grundlinie, schaute hoch und sah, wie die Wolken hinter den Bäumen dahinzogen, wie der ganze Himmel bei jedem Schritt bebte. Ihr Gesicht war knallrot, hinter ihren Augen pulsierte die Hitze. Ihr Kopf war so leicht wie ein trockener Kürbis, ein heller, leerer Raum, der nur den Spielstand enthielt. Selbst Kens Mädchen war beiseite gerückt, neben Emily, die beiden wirkten gespenstisch, ausgeblichen vom weißen Licht.
      «Vierzig null», sagte sie, «Satzball», und spielte den ersten Aufschlag zu lang.
      Auf der Suche nach einem anderen Ball ließ sie den Blick am Zaun entlangwandern und glaubte, jemanden durch den Wald gehen zu sehen. Die Jungs waren weg, vielleicht waren sie es.
      Zu ihrer Überraschung hatte sie einen Ball in der Tasche.
      «Zu lang», rief Ken von drüben, und sie ging auf die andere Aufschlagseite und passte auf, dass ihr kein Fußfehler unterlief.
      Sie war enttäuscht. Sie hätte das Spiel gern mit einem Aufschlag auf ihn beendet - weil es letztlich ein Streit zwischen ihm und ihr war. Meg hatte nichts damit zu tun, genauso wenig wie Emily und das Mädchen. Lise stellte sich vor, wie ein Suchtrupp das Gelände rings um die Tennisplätze durchkämmte, während sie spielten, wie die Suchenden durch den Farn wateten. Wenn sie gewann, würden sie weitergehen, in den Wald, und würden sie nie wieder stören. Wenn sie verlor, würden sie stehen bleiben und sein heiß geliebtes totes Mädchen finden, und er dürfte Fotos von der auf dem Boden liegenden Leiche machen. Und dann dachte Lise, dass es keine Rolle spielte. Es war nicht so, dass er je von ihr fasziniert gewesen wäre. Früher mal, aber dieser Teil ihres Lebens war unwiederbringlich vorbei, so wie ihr Spiel.
      «Vierzig fünfzehn», sagte sie und drosch auf den Ball.
     
     
* 3
     
    Sie saßen auf der Veranda, hörten den Klassiksender aus Jamestown, und ab und zu wurden die Streicher von einem Rennboot oder einem Auto übertönt. Ein leichter Wind ließ die Blätter rascheln, ohne dass sich die Schatten auf dem Rasen bewegten. Neben der Tür lag Rufus auf der Seite, die Beine ausgestreckt, im Schlaf mit den Pfoten zuckend.
      «Ich sag dir was», meinte Emily. «Wenn ich genug Geld hätte, würde ich mich nicht hier umschauen. Ich würde es zum Beispiel in Point Chautauqua probieren, wo alles fertig gebaut ist. Hast du von der Frau aus Chicago und ihrem Partyboot gehört? »
      Arlene wusste nichts darüber.
      «Oh, da kannst du dich auf eine vergnügliche Geschichte freuen. Die Hausbesitzervereinigung ist völlig empört. Anscheinend hat diese Frau aus Chicago das andere Grundstück der Smiths gekauft, das an der Straße zum Jachthafen, weil sie dachte, es hätte einen Zugang zum See, was aber nicht stimmt. Jetzt will sie ihr Partyboot an der öffentlichen Anlegestelle liegen lassen.»
      «Wie groß ist es denn ?»
      «Acht Meter, keine Ahnung. Nächste Woche soll eine Versammlung stattfinden. Schon seit letztem Herbst bekommen wir dazu Briefe. In Point Chautauqua kommt so was nicht vor, da kannst du wetten.»
      Das kann sie nicht ernst meinen, dachte Arlene. Sie hatten nie in Point Chautauqua gewohnt. Emily glaubte doch nicht wirklich, dass sie sich in die vornehme Tradition von jemand anderem einkaufen konnten, so wie die Fleischbarone aus Chicago die ganzen viktorianischen Häuser im Institut an sich gerafft hatten.
      «Die Gegend hat mir schon immer gefallen», gestand Emily. «Es gibt dort ein paar schöne alte Häuser.»
      «Teuer.»
      «Die stehen bestimmt nicht oft zum Verkauf. Das sind alles Familien, die schon ewig dort wohnen.»
      «Auf der Seite hab ich noch nie gewohnt», sagte Arlene.
      «Man hat den Sonnenuntergang. Es ist wohl eher eine Atmosphäre wie beim Zelten.»
      «Es wäre anders.»
      «Ich glaube, es wäre schön.»
      Arlene glaubte, dass sie vielleicht auf ihre Zustimmung aus war. Sie wussten beide, dass sie in dieser Angelegenheit machtlos war, dass Emily sie nur aus Höflichkeit einbezog, wie ihr Vater, der beim Abendessen von den Familienfinanzen sprach, das taktische Aufblitzenlassen eines

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