Abschied von Chautauqua
Pause, und alle reckten die Hälse, um zu sehen, was die anderen bestellt hatten. Das Essen hier war ziemlich fade, ausgerichtet auf die Gäste des Restaurants, die größtenteils in Emilys und Arlenes Alter waren. Zu jedem Gericht gab es eine gebackene Kartoffel und eine kleine Schüssel mit sehr grünem Brokkoli. Lise hatte sich für die gegrillte Seezunge entschieden, weil sie glaubte, dass man da nichts falsch machen konnte, aber nachdem sie Sam beim Schneiden seiner Rippchen geholfen hatte, stellte sie fest, dass der Fisch zu lange gebraten und ganz vertrocknet war.
«Wie schmeckt deins?», fragte Ken und bot ihr ein Stück Lammkotelett an.
«Nein danke. Es schmeckt gut.»
Sie blickte zu Ella hinüber, um sich zu vergewissern, dass sie aß und nicht nur im Essen herumstocherte. Ella ertappte sie, und Lise erwiderte ihren Blick und hob das Kinn, um ihr zu sagen, dass sie essen sollte. Nächste Woche würde sie wieder jeden Abend kochen und versuchen, sich ein Gericht einfallen zu lassen, mit dem sie alle leben konnten.
«Ist alles in Ordnung?», fragte die Kellnerin.
«Ja», sagte Emily, und Ken nickte mit vollem Mund.
Lise überlegte, ob sie die Seezunge zurückgehen lassen sollte. Wenn sie mit Ken allein hier wäre, hätte sie es getan. Stattdessen häufte sie Butter und saure Sahne auf ihre gebackene Kartoffel und beobachtete, wie hinter Emily und Arlene ständig beschürzte Kellner und ältere Paare in ihren besten Sommersachen entlanggingen. Über dem Steinkamin hing eine unglaublich rosafarbene Forelle, die gebogen war wie eine Wurst. Lise konnte sich nicht vorstellen, wie es wäre, in so einem Restaurant zu arbeiten.
Sam klopfte auf ihren Arm. «Ich muss auf die Toilette.»
«Nur zu.»
«Wo ist sie?», fragte er. Sie hätte fast gesagt, er solle seinen Vater fragen, erkannte aber die Gelegenheit.
Justin musste auch zur Toilette.
«Noch jemand?»
Nein, die Mädchen waren zu cool, um sich mit ihr sehen zu lassen.
«Ich kann mitgehen», bot Ken an, doch sie war schon weg, bahnte sich einen Weg zwischen den Tischen hindurch und blieb stehen, um einen Kellner vorbeizulassen.
Ihr fiel weder ein, wo die Toiletten waren, in einem schummrigen Flur bei der Küche, mit den Münztelefonen und einem altmodischen Zigarettenautomaten. Während sie auf die beiden wartete, konnte sie jedes Mal, wenn sich die Schwingtür öffnete, in die helle, belebte Küche blicken, wo über den stählernen Arbeitsflächen und dem rauchenden Grill die Töpfe hingen. Das erschien ihr aufregender, als hier draußen zu sein, und sie beneidete die Köche. Die Jungs kamen zu schnell wieder, und sie schickte sie nochmal zurück, damit sie sich die Hände wuschen. Genau genommen war das kein Versuch, Zeit zu schinden. Sie waren sowieso blitzschnell wieder da und rannten dann praktisch zum Tisch zurück.
Bis auf Ella waren alle fertig, große Überraschung. Sie hatte ihr Hähnchen zerlegt und ihre Kartoffel ausgehöhlt. Das Einzige, was sie zu sich genommen hatte, war ihr Brokkoli - und dann noch die beiden Daiquiris.
Jetzt, wo Lise wieder da war, sagten die Mädchen, dass sie auf die Toilette müssten. Als Ken fragte, sagte Ella, sie sei fertig-
«Sie isst nicht besonders viel, oder?», fragte Emily, sobald die beiden den Tisch verlassen hatten.
Lise wusste, dass Ken es später herunterspielen und als aufrichtige Sorge bezeichnen würde, doch sie glaubte, diese Kritik sei auf sie gemünzt.
«Sie isst schon», sagte Ken, «sie ist bloß wählerisch.»
«Benimmt sie sich zu Hause genauso?»
«So benimmt sie sich überall», erwiderte Lise. «Der Arzt sagt, für ihre Größe ist alles normal.»
Die Kellnerin kam ihnen zu Hilfe und fragte, ob jemand die Dessertkarte haben wolle. Alle verlangten danach, die Jungs besonders lautstark. Die Kellnerin räumte eine Hälfte des Tisches ab, sagte, sie sei sofort wieder da, und ließ alle schweigend zurück. Meg fand als Erste die Sprache wieder und fragte, was wohl im Institut los sei.
Freitag war Popnacht. Arlene dachte, es könnte Dionne Warwick sein.
«Walk On By», sagte Ken, der sich in solchen Trivialitäten auskannte.
«Oder die andere, wie-heißt-sie-noch-gleich, Natalie Cole. Die beiden bring ich ständig durcheinander.»
Die Mädchen kehrten zurück, und die Kellnerin kam mit einem Hilfskellner, der Sarah anstarrte. Als er weg war, verspotteten sie alle, doch Sarah
Weitere Kostenlose Bücher