Abschied von Chautauqua
ihm sprechen. Sie mussten eine Zeitung kaufen und herausfinden, wer sie war.
Die Geschirrspülmaschine lief weiter, auf einer höheren Stufe. Das Fenster über dem Spülbecken beschlug allmählich. Draußen wedelten die Eichen der Wisemans mit den Ästen; auf ihrem Steg stand die Indians-Flagge starr im Wind, der See grau wie Abwaschwasser, die Wellen voller Schaumkronen. Es war ein Tag, an dem man am besten im Haus blieb, sich unter eine Decke kuschelte und bei warmem Licht etwas las. Das Wetter in Chautauqua war unberechenbar. Mittags konnte es schon wieder sonnig sein.
Während sich die Pfanne erwärmte, rührte sie den Teig um. Arlene kam im selben Pullover wie am vorigen Abend herein und fragte, ob Emily Hilfe brauche. Emily schickte sie nach draußen, damit sie die erste Zigarette des Tages rauchen konnte, und Arlene stand wie eine Verbannte unter der Kastanie. Die Butter brutzelte und erfüllte die Küche mit einem scharfen, salzigen Geruch. Emily wünschte, sie hätten für die Jungs Speck da. Sie würde Kenneth sagen, dass er welchen besorgen solle, doch sie wusste, dass sie es vergessen würde, und stellte eine weitere Liste auf. Milch, Speck.
Die Butter war verschwunden, nur ein Rauchwölkchen ringelte sich hoch. Sie löffelte den Teig in die heiße Pfanne und stand mit dem Pfannenwender in der Hand da, ohne schon auf die Ränder zu achten, stand einfach da, während ringsum die Zeit verstrich. Sie würde den alten Westinghouse nicht vermissen, mit seinen unzuverlässigen Brennern, der Uhr, die schon seit Mitte der siebziger Jahre nicht mehr funktionierte, dem Grill, der sich ohne Vorwarnung ausschaltete. Sie liebte gutes Essen, kochte aber nicht gern. Das hatte Henry-von dem nie erwartet worden war, dass er jemanden mit Essen versorgte - nie verstanden.
Das hier war etwas anderes, ein Geschenk, obwohl sie sich vermutlich immer noch Sorgen übers Essen machte. Zu Hause quälte die Uhr sie, sagte, sie müsse etwas essen, obwohl sie nicht hungrig war. Vielleicht lag es am See oder am Sommer, jedenfalls hatte sie einen Bärenhunger.
Arlene öffnete die Tür und ließ einen kalten Windstoß herein. Sie legte ihr Feuerzeug wieder aufs Fensterbrett; sie hatte noch eins auf der Veranda liegen, um schnell heranzukommen.
«Ich habe herausgefunden, was passiert ist», sagte Emily.
«Was mit wem passiert ist? »
«Gestern an der Tankstelle.»
Sie sah nach ihren Fladen; sie waren fertig. Während Emily zwei weitere briet, erzählte sie Arlene, was sie im Radio gehört hatte.
«Interessant», sagte Arlene bloß, als wäre ihr das Ganze egal.
«Fand ich auch - dass jemand am helllichten Tag da draußen irgendwelche Leute entführt.»
«Ich bin mir sicher, dass dahinter eine ganze Geschichte steckt, von der sie nichts erzählen.» Arlene kramte im Kühlschrank nach ihrem Orangensaft.
«Bestimmt», pflichtete Emily ihr bei, doch irgendwie hatte Arlene ihr weitere Spekulationen vergällt, ihnen mit der nervtötenden Objektivität einer Lehrerin ein Ende bereitet.
Emily rief die Jungs herein, bevor das zweite Paar Fladen fertig war, und zwängte Arlene an der Arbeitsplatte ein. «Würdest du ihnen bitte etwas Milch eingießen?», fragte sie, damit beschäftigt, den Sirup in der Mikrowelle zu erwärmen.
«Kann ich Saft haben?», fragte Sam.
«Wenn du deine Milch ausgetrunken hast. Wolltest du auch welche?», fragte sie Arlene. «Sonst stelle ich den Rest in den Kühlschrank. Ich glaube kaum, dass die anderen bald aufstehen.»
«Nein danke», sagte Arlene und ging. Emily drehte den Brenner niedriger und löffelte zwei Fladen für sich in die Pfanne.
«Sind da Zwiebeln drin?», fragte Sam.
«Nein, da sind keine Zwiebeln drin.»
«Ich mag die nicht.»
«Dann iss sie halt nicht», erwiderte Emily gereizt. Er hatte seinen Teller kaum angerührt, es fehlte bloß ein kleiner Bissen. Justin langte zu, als wollte er ihm beweisen, dass er Unrecht hatte. Wenn sie es nicht besser gewusst hätte, dann hätte sie gesagt, Sam gehörte zu Margaret und Justin zu Kenneth.
«Kann ich aufstehen?», fragte Sam.
«Trink deine Milch und räum dann dein Geschirr ab.»
Er stürzte das halbe Glas hinunter.
«Halt», sagte sie, «langsam. So benimmt man sich nicht. Und das ist kein Wettrennen, Justin Carlisle. Ich weiß, dass ihr beide mit euren Nintendos spielen wollt, aber solange ihr am Tisch sitzt, benehmt ihr euch
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