Abschied von der Küchenpsychologie
abgeschaute oder das selbst erdachte Verhalten «gut gelungen» ist, helfen die Rückmeldungen eines Trainers, vielleicht auch mit Video-Unterstützung. Dabei ist die sog. positive Bekräftigung des erwünschten Verhaltens von besonderer Bedeutung. Dies gilt übrigens auch im Bereich der Erziehung: Das Fördern des erwünschten Verhalten durch positive Resonanz ist langfristig viel erfolgreicher als das Hemmen des unerwünschten Verhaltens durch negative Reaktionen bzw. Bestrafungen. (Mehr hierzu in Kapitel 12.4. )
Veränderung von Wissen und Einsichten.
Hier wird man zuallererst an das Lernen in Schule und Studium denken, doch soll dies an dieser Stelle kein Thema sein, weil der Bereich der Bildung in den Kapiteln 11 und 12 mehrfach zur Sprache kommt. Kognitive Lernprozesse spielen aber, wie eben gezeigt, auch bei Verhaltensänderungen eine gewisse Rolle, und dasselbe gilt für die folgende Ebene:
Veränderung von Emotionen und Motivationen.
Emotionale Dispositionen eines Menschen zu verändern, z.B. die Neigung zu extremen Ängsten, zu depressiven Stimmungen oder übertriebenem Ärger, ist gewöhnlich das Ziel einer Psychotherapie. Hierbei spielen kognitive Prozesse eine überragende Rolle. So ist das Erkennen eigener Gefühle, Ziele und Bedürfnisse ein gemeinsames Element fast aller Therapien.
Ein interessanter kognitiver Ansatzpunkt für das emotionale Umlernen sind die
Bewertungen
. Denn Gefühle hängen eng mit der Art und Weise zusammen, wie ein Mensch Ereignisse oder Handlungen anderer Menschen bewertet – oder auch sich selbst. Für den Umlernprozess muss man zunächst seine Bewertungsmuster erkennen (z.B.: «Im Grunde denke ich immer, es ist eine Katastrophe, wenn ich einen Fehler mache»). Sodann reflektiert man darüber, wie realistisch und sinnvoll diese Denkweise ist, und schließlich formuliert man für sich eine Alternative (z.B.: «Ich arbeite sorgfältig, muss aber nicht perfekt sein»). Diese neue Bewertung spricht man innerlich zu sich selbst, um seine Emotionen zu beeinflussen. Tiefsitzende Bewertungen lassen sich allerdings nicht durch eine einmalige Einsicht und nicht von heute auf morgen verändern. Meist ist es ein längerer Prozess, der nicht selten fachliche Unterstützung erfordert.
Auch das Lernen am Modell kann zu emotionalen Veränderungen führen, beispielsweise indem ein Kind einem anderen vormacht, wie man ohne Zeichen von Angst eine Spinne einfängt. Weiterhin kann die klassische Konditionierung (s.S. 69 ) genutzt werden. Wer eine Entspannungsmethode gelernt hat, kann im entspannten Zustand Spinnenfotos anschauen, Plastikspinnen anfassen und schließlich eine richtige Spinne auf die Hand nehmen, bis die Reiz-Reaktions-Verbindung «Spinne-Angst» zur Verbindung «Spinne-Ruhe» umkonditioniert ist.
Motivationen
haben ebenfalls mit kognitiven Bewertungen zu tun. Denn eine Motivation impliziert, dass man ein bestimmtes Ziel für «wichtig» oder «erstrebenswert» hält. Wer in dieser Hinsicht seine bisherige Rangordnung überdenkt, ändert damit die Ausprägung persönlicher Motive – beispielsweise durch Abstriche bei der Karriere und eine Höherstufung der Gesundheit. Erneut spielt auch das Lernen am Effekt eine wichtige Rolle. Denn Motivation ist das Streben nach einem bestimmten Effekt. Und wie jeder weiß: Das Erleben von Erfolgen steigert, das Erleben von Misserfolgen schwächt häufig die Motivation für weitere Aktivitäten.
Wer steuert das (Um-)Lernen?
Das gezielte Einleiten von Veränderungen kann vorrangig bei der lernenden Person selbst liegen oder in der Regie einer anderen Person.
Im Falle von
Erziehung, Unterricht
und
Ausbildung
spielen Erziehende und Lehrende eine aktive Rolle. Das heißt nicht unbedingt, dass sie alles lenken und dirigieren. Doch sicher haben sie Ziele vor Augen, entscheiden über Inhalte und Methoden, kontrollieren das Erreichen der Ziele, revidieren ihr Vorgehen usw. Zwangsläufig liegt aber auch vieles in der Hand der Lernenden. Selbst eine intensive Außenlenkung stößt an ihre Grenzen – wie manche Eltern oder Lehrkräfte frustriert erleben, wenn ein Kind beispielsweise beim Aufsatzschreiben partout nicht so vorgeht, wie sie es immer predigen.
Psychotherapie
ist im Wesentlichen Hilfe zur Selbsthilfe. Ohne Eigenaktivität ist Therapie kaum möglich; sie funktioniert nicht wie eine medizinische Behandlung. Die Art der Eigenaktivität, auch die Art der Selbstreflexion, wird allerdings durch die Therapie angestoßen und gelenkt,
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