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Abschied von Eden

Titel: Abschied von Eden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Faye Kellerman
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die Tür hinter sich zumachte.

19
    Von einem erholsamen Wochenende erfrischt, kam Marge summend ins Büro. Sie ließ ihre Tasche auf den Schreibtisch fallen und fragte Hollander, was gebacken sei. Er antwortete, sie hätte gerade was Tolles verpaßt. Marge sah ihn zweifelnd an.
    Von seinem Schreibtisch aus musterte Paul MacPherson Marge und dachte, was für ’ne Frau. Er überlegte, ob er sie noch einmal zu dem Shakespeare-Stück einladen sollte, verkniff es sich dann aber. Eine Zurückweisung am frühen Montag morgen wäre nicht zu ertragen. »Es hat tatsächlich einige Aufregung gegeben. Nichts Weltbewegendes, aber es reichte, um meinen Blutdruck ein Stück raufzutreiben.«
    »Was ist passiert?« fragte Marge.
    »Einer von den Knackis ist frei rumgelaufen«, sagte Hollander. »Irgendwie ist er aus seiner Zelle oben abgehauen, in den Vorraum gekommen und hat dort Krawall geschlagen.«
    »Glitschiger kleiner Kerl«, sagte MacPherson. »Hat offenbar kein Schlüsselbein. Der Gefängniswärter behauptet, er hätte sich zwischen den Stäben durchgequetscht.«
    »Ich sag’ immer noch, das ist unmöglich«, sagte Hollander.
    »Drei von uns waren nötig, um ihn einzufangen«, sagte Hollander.
    »Das spricht ja nicht gerade für unsere Sicherheitsmaßnahmen«, sagte Marge. »Oder für die körperliche Verfassung unserer Beamten.«
    Hollander nahm die Bemerkung persönlich. Er klopfte sich den Bauch und sah Marge an. »Kanntest du mich schon, als ich zwei Zentner drauf hatte? Alles hart wie Stein.«
    »Seit ich dich kenne, Mike, hast du immer so ausgesehen wie heute.«
    »Schade«, sagte Hollander, hievte sich von seinem Stuhl und zwängte sich grunzend in seinen Mantel. »Bin auf dem Weg zum Irrenhaus, Marge. Muß mir das Gejammere von all den bösen kleinen Kinderchen anhören. ›Schicken Sie mich bitte nicht zu Judge Reilly!‹«
    »Wer ist Judge Reilly?« fragte MacPherson.
    »Jugendrichter«, sagte Hollander. »Echt harter Brocken, Gott segne ihn. Man kriegt alles aus diesen Kids heraus, solange man ihnen mit Reilly droht.« Er lachte teuflisch. »Schmetter alles ab, was neu reinkommt, Marge.«
    »Mach’ ich«, sagte sie.
    Nachdem Hollander gegangen war, sagte MacPherson: »Das stimmt überhaupt nicht, weißt du.«
    »Was?«
    »Mike hat nie zwei Zentner gewogen und von wegen alles hart wie Stein. Aber warum wohl sollte man ihm seine nostalgischen Erinnerungen zerstören?«
    »Warum wohl?« wiederholte sie geistesabwesend. Sie nahm sich eine aktuelle Akte vor, war jedoch mit den Gedanken woanders.
    Ein Knacki frei rumgelaufen.
    Verdammt noch mal! Jetzt wußte sie wieder, wo sie diesen Douglas Miller gesehen hatte – das Arschloch, das sein Kind entführt hatte. Er war mal wegen Trunkenheit festgenommen worden, sturzbetrunken war er gewesen. Man hatte ihn fluchend und tobend hierher gebracht. Sie war zufällig gerade unten gewesen. Mußte ungefähr sechs Monate her sein. Bloß daß er sich damals ganz bestimmt nicht Miller nannte. Unter welchem Namen hatten sie ihn bloß eingebuchtet? Marge erinnerte sich, daß sie ihn gehört hatte, konnte ihn aber nicht ihrem Gedächtnis entlocken. Zunächst erwog sie, Benko anzurufen, beschloß dann jedoch, die Sache selbst in die Hand zu nehmen. Sie stand auf und sagte: »Ich geh’ mal kurz nach unten.«
    »Bleib nicht zu lange«, sagte Paul. »Sonst regt deine sexuelle Ausstrahlung die eingekerkerten Unglücklichen zu sehr an.«
     
    »Hilfst du bei der Registratur aus?« fragte Decker Marge.
    »Sehr witzig, Pete.« Sie blickte nicht von ihrem Schreibtisch auf, auf dem stapelweise Karteikarten von Festgenommenen lagen.
    »Ganz im Ernst«, sagte Decker. »Was machst du da?«
    Marge sah auf ihre Uhr. »Dasselbe könnte ich dich fragen. Wir haben zwanzig vor zwei, und du hast dich noch nicht mal offiziell zum Dienst gemeldet.«
    »Ich war bei Gericht.«
    »Die ganze Zeit?«
    »Ich hatte auch noch private Pflichten zu erledigen.«
    Marge lächelte. »Männern passiert das zwar nicht oft, aber wenn, dann nach allen Regeln der Kunst.«
    »Ich wünschte, das wär’ so.«
    Marge hob den Kopf. »Hast du Probleme mit Rina?«
    Decker lachte. »Nein, so hab’ ich das nicht gemeint. Ich wollte nur sagen, ich wünschte, das hätte ich den ganzen Morgen gemacht.«
    »Und was hast du denn gemacht?«
    »Bin hinter ’nem Marielito-Zuhälter hergejagt, der auf Teufelsanbetung steht. Nennt sich El Dorado.«
    »Wie der Cadillac?«
    »Genau«, sagte Decker. »Ich hab’ den Goldjungen nicht

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