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Abschied von Eden

Titel: Abschied von Eden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Faye Kellerman
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möchte nicht, daß er sich aufregt.«
    Abel schwieg. Rina zuckte die Achseln und wandte sich zum Gehen.
    »Rina?« rief Abel.
    »Was ist?«
    »Tun Sie mir einen Gefallen. Werfen Sie mir doch bitte meinen Stock rüber, während ich aufräume. Er lehnt links an der Wand.«
    »Klar.« Kaum daß Rina den Stock in der Hand hielt, stand Abel an der Tür und blockierte den Eingang der Scheune. Es war, als ob der Kerl durch die Luft geflogen wäre, so leise war er gewesen.
    Abel schloß die Tür. Rina spürte, wie ihr Herz zu hämmern anfing.
    »Was machen Sie da?« fragte sie.
    »Ich hab’ die Tür zugemacht.«
    »Verschwinden Sie von der Tür.«
    Abel lächelte erneut, diesmal wirkte er allerdings unheimlich. »Warum?« fragte er.
    So unschuldig.
    »Warum tun Sie mir das an?« rief Rina. »Ich weiß, was man Ihnen vorwirft …« Abel zuckte die Achseln.
    »Um Himmels willen, Abel, ich dachte, Peter wär’ Ihr bester Freund.«
    »Ist er auch.«
    »Dann verschwinden Sie von dieser Tür!« Rina spürte, wie sich ihr die Kehle zusammenschnürte. »Bitte.«
    »Nein, Ma’am.«
    »Sie wissen doch, daß ich eine Waffe in meiner Handtasche hab’.«
    »Ja, Ma’am.«
    »Und ich kann auch damit umgehen«, sagte Rina. Ihre Stimme klang weniger fest als sie gehofft hatte.
    »Ja, Ma’am.« Abel ging langsam auf sie zu.
    »Warum machen Sie das?« fragte Rina.
    Aber er kam immer näher. Rasch griff sie in ihre Handtasche, zog den Revolver heraus und zielte auf seine Brust.
    Das ließ ihn einen Augenblick zögern. Rina fand die Stimme wieder. »Verschwinden Sie einfach von hier! Gehen Sie, und alles ist vergessen.«
    Abel zuckte die Achseln und ging weiter auf sie zu. »Ich fürchte, das kann ich nicht, Rina.« Er wischte sich die Stirn. »Nein, das kann ich einfach nicht.«
    Peters Stimme klang in ihren Ohren. Ein Talent, Verrückte anzuziehen. Dann hatte er seine Beschuldigung abgemildert.
    Ich hab’ gemeint, daß du jeden Mann anziehst, verrückt oder nicht, weil du so schön bist.
    Peter hatte ja keine Ahnung, wie recht er hatte. Schon immer hatten die Männer sie angestarrt. Fremde Männer, Männer, die sie kannte, die Freunde von ihrem Vater, die Männer in der Gemeinde. Egal wer. Sie lächelten sie ständig an, sprachen mit ihr oder begafften sie ganz einfach. Egal, was sie tat, egal, wie unelegant sie sich kleidete oder wie müde und abgespannt sie nach einem langen Arbeitstag aussah. Wenn sie in der U-Bahn saß, die Nase in ein Buch gesteckt, kam immer irgendein Idiot zu ihr und versuchte, sie auf plumpe Weise anzumachen. Was tat sie bloß, um diese Männer zu ermutigen? Oder war es nur ihr Aussehen, das sie in diesem Augenblick verfluchte. Schweiß lief ihr die Achselhöhlen herunter.
    »Ich werde auf Sie schießen!« sagte Rina.
    »Ja, Ma’am.«
    »Um Gottes willen, ich werde Sie umbringen!«
    »Ja, Ma’am.«
    Als er noch näher kam, begann sie zurückzugehen. Ihre Beine fühlten sich wie Gummi an, und ihr Magen rebellierte so heftig, daß sie einen galligen Geschmack in der Kehle spürte.
    »Abel, ich flehe Sie an, hören Sie auf«, schluchzte sie. »Bitte!«
    »Sie haben zwei Möglichkeiten, Rina«, sagte er, während er lautlos, mit sorgfältig bemessenen Schritten weiterging. »Entweder Sie erschießen mich, oder Sie erschießen mich nicht. Ich möchte allerdings wetten, daß – egal, wie bedroht Sie sich fühlen, Sie mir nicht in die Augen sehen und den Abzug drücken können. Aber wenn Sie es tun … hey, das wär’ cool.«
    »Bitte«, flüsterte Rina. Die Waffe zitterte in ihren Händen. Ihre Handflächen waren heiß und feucht. Sie hatte das Gefühl, als ob sie jeden Augenblick ohnmächtig würde, doch sie zwang sich zur Willenskraft, um zu tun, was notwendig war.
    Abel wartete, bis er sie an die Wand gedrängt hatte, dann blieb er drei Meter vor ihr stehen.
    »Sie sind sicher, daß Sie damit umgehen können?« fragte er.
    Rina spürte, wie heiße Tränen ihr in die Augen schossen.
    »Ja«, gelang es ihr zu antworten.
    »Dann sollten Sie sie besser benutzen«, sagte Abel. »Sonst werd’ ich sie Ihnen abnehmen.«
    »O Gott, bitte hilf mir«, schluchzte Rina.
    »Letzte Chance, Rina«, sagte Abel ganz ruhig.
    Dann stürzte er sich urplötzlich auf sie. Eine Sekunde später waren ihre Hände leer.
    Abel stand nur wenige Zentimeter von ihr entfernt, die Waffe in seinen Händen. Er lächelte sie an und schüttelte traurig den Kopf.
    »Du hast es versiebt, Mädchen«, sagte Abel. »Wenn ich ein Vergewaltiger wäre,

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