Abschied von Eden
nicht zusammen. Mit mir kann es keiner aushalten.«
»Kinder?«
»Nicht von mir«, sagte Abel. »Sie hat drei von verschiedenen Männern, von denen keiner sie geheiratet hat. Sie tat mir leid ein siebzehnjähriges Mädchen und schon drei Kinder. Nette Kleine, ganz hübsch, aber blöd wie Schifferscheiße. Kann einfach nicht nein sagen. Also hab’ ich dafür gesorgt, daß sie eine Spirale verpaßt bekam. Ich schick’ ihr ab und zu ein bißchen Geld und seh’ sie zu Weihnachten. Auf diese Weise ist sie glücklich, und ich bin glücklich.«
»Es ist schön, wenn man glücklich ist.« Decker zog die Augenbrauen hoch. »Aber kommen wir noch mal auf die Vergewaltigung zurück.«
»Wo war ich stehen geblieben?«
»Daß du bezahlt hast, um bei ihr zu übernachten.«
Abel nickte. »Das ist das letzte, woran ich mich erinnere. Irgendwann wache ich mit Handschellen auf. jemand hat mir den Schädel eingeschlagen, und das Miststück macht ein Riesengeschrei …«
»Sie hat behauptet, du hättest ihr ein Messer an die Kehle gehalten, während du sie vergewaltigt hättest. Dann seist du völlig durchgedreht. Sie hätte dir eine Lampe über den Schädel gehauen und dann die Polizei gerufen.«
»Ich hab’ noch nicht mal ein Messer.«
»Kriegst du immer noch diese Blackouts?«
»Yeah. Aber in dem Fall nicht. Ich hab’ geschlafen, Doc. Ich hab’ jemand schreien hören, bin aufgewacht und sah Blut.« Er schüttelte den Kopf, um seine Gedanken zu entwirren. »Ich hab’ gedacht, ich hätte mal wieder einen von diesen Alpträumen. Mann, die haben nie aufgehört. Und der schien ganz das übliche zu sein. Also sagte ich mir: ›Abe, schlaf weiter. Das war nur ein Albtraum‹. Nur es war verdammt wirklich.«
Seine Augen waren nachdenklich und feucht geworden. »Ich weiß nicht, was passiert ist, Pete. Ich weiß nur, als ich einschlief, war das Mädchen unverletzt.«
»Könnte es denn sein, daß du einen Blackout hattest, über sie hergefallen bist und dann aufwachtest, ohne dich daran zu erinnern?«
Abel schluckte heftig.
»Ich schwöre bei Gott, ich habe sie nicht vergewaltigt und auch nicht geschlagen.«
»Okay«, sagte Decker. »Ich glaube dir.« Er aß den Rest von seinem Sandwich und trank den Orangensaft aus. »Du hast sie nicht zusammengeschlagen. Aber irgendwer hat es getan. Im Bericht stand, daß niemand eingebrochen ist oder sich gewaltsam Zutritt verschafft hat, aber andererseits schlief Myra oft bei offenem Fenster. Sie könnte den Angreifer gekannt haben – ein Freier, der brutal geworden ist, oder ihr Zuhälter – und wollte ihn vielleicht decken. Da kamst du ihr als Sündenbock gerade gelegen.«
»Ich versteh’ überhaupt nicht, wie die feststellen konnten, daß sie mein Sperma in sich hatte«, sagte Abel. »Die Frau ist ’ne Nutte. Die muß doch vollgepumpt gewesen sein mit dem Zeug.«
»Sie behauptet, du wärst in dieser Nacht ihr einziger Kunde gewesen. Deshalb konnte das Labor dein Sperma identifizieren.«
Abel blickte nach unten.
»Ich hab’ sie nicht vergewaltigt«, sagte er nervös. »Ich hab’ für alles bezahlt, was ich bekommen hab’. Und ich bin nicht grob zu der Lady geworden, Pete. Verdammt noch mal, du kennst mich doch! Ich mach’ so was nicht. Und zwar nicht aus Mangel an Gelegenheit.«
Decker wußte, daß das der Wahrheit entsprach. Beide hatten reichlich mitbekommen, wie die Soldaten herumgewütet hatten. Ein M-16 auf dem Rücken, und man mußte noch nicht mal dafür bezahlen – man ging einfach in die Hütten und nahm sich, was man wollte. Frauen, Mädchen, sogar Jungen, es spielte keine Rolle. Fick sie vor den Augen von Papa-san, sind ja nur Schlitzaugen, und komm zurück als Double Vet – als Vergewaltiger und Mörder. Aber Abel war diesem Club nie beigetreten.
Mehr als jeder andere hatte Decker ihn als sanften und mitfühlenden Menschen kennengelernt. Er war es, der Waisenkinder ins Lager schmuggelte, die dann jedes Mal wieder von einem besoffenen Captain rausgeschmissen wurden, weil der meinte, das sei gegen die Vorschriften. Honest Abe Atwater, der mit leeren Tropfflaschen, denen er Gesichter aufgemalt hatte, Puppentheater spielte. Der Proviant stahl für Leute, die in den völlig ausgebrannten Dörfern ihre Häuser verloren hatten. Der immer versuchte, nett zu sein. Sein Ruin. Er verlor sein Bein wegen seines guten Herzens. Es geschah genau das, wovor sie immer gewarnt worden waren. Jemand, der ihnen scheinbar freundlich gesonnen war, stellte sich als Vietcong
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