Abschied von Eden
Teppichboden ausgelegt und hatte Metallschreibtische statt der einfachen Holztische. Auf Holztafeln, die von der Decke hingen, waren die Namen der einzelnen Abteilungen eingebrannt. Raubüberfall befand sich ganz hinten links, eingezwängt zwischen den Spinden und der Abteilung CAPS – Verbrechen gegen Personen. Der Platz, an dem Andrick seine Meriten verdiente, war links in der Mitte von mehreren zu einem großen I angeordneten Schreibtischen. Der verantwortliche Detective saß am Kopf des I und las mit spöttisch verzogenen Lippen ein Memo. Er schien Ende Vierzig zu sein, hatte ein zerfurchtes Gesicht und muskulöse Schultern. Als sein Blick auf Deckers Dienstmarke fiel, stand er auf. Sie waren ungefähr gleich groß.
»Medino«, sagte er. »Was kann ich für Sie tun?«
»Decker. Ich hab’ vorhin angerufen. Soweit ich weiß, hat Andrick vor ein paar Tagen einen Vergewaltigungsfall aufgenommen. Der Täter wurde hier in Gewahrsam genommen und dann in die Innenstadt verlegt. Sein Name ist Abel Atwater.«
»Das Hinkebein«, sagte Medino.
»Genau der.«
»Kaputter Typ.«
»Ich würd’ gern einen Blick in die Akte werfen.«
»Andrick hat sie eingeschlossen, und ich hab’ keinen Schlüssel.«
»Dann warte ich.«
Medino zuckte die Achseln. »Wie Sie wünschen. Da hinten rechts in der Ecke steht die Kaffeekanne.«
»Danke.«
Decker goß sich einen Becher ein – schwarzer Mud. Nippend ging er zum Schreibtisch zurück. »Ihr habt hier ja Teppichboden und neue Schreibtische.«
»Haben wir aber nicht der Stadt zu verdanken. Irgendein Privatmann hat das gespendet. Das einzige, was uns die Stadt in diesem Jahr gegeben hat, waren ein paar Tastentelefone. Das entspricht wohl deren Vorstellung von zeitgemäßer Ausstattung.«
»Aber zumindest habt ihr so Telefone.«
»Yeah«, sagte Medino. »Aber nur eins pro Einheit. Die Stadt will uns nicht zu sehr verwöhnen. Die kleinen Detectives haben immer noch welche mit Wählscheiben. Sehen Sie sich bloß mal diese beschissenen Farben an – rosa, blau und rot. Wie soll man mit einem rosa Telefon Professionalität ausstrahlen? Hier sieht’s aus wie im Kindergarten.«
»Mir ist schon der Laufstall da in der Ecke aufgefallen.«
Medino nickte. »Ab und zu werden hier kleine Kinder abgegeben.«
»So einen Fall hab’ ich auch gerade«, sagte Decker. »Das Mädchen wurde allerdings nicht bei uns abgegeben. Ich hab’ es auf der Straße aufgesammelt. Bis jetzt hat sich niemand gemeldet.«
»Wie alt?«
»Zwei.«
»Schwarz?«
»Weiß.«
Medino zuckte die Achseln.
»An ihrem Schlafanzug klebte Blut«, sagte Decker.
»Das ist allerdings merkwürdig. Aber mit dem Kind war alles in Ordnung?«
»Offensichtlich schon. Was die Mutter betrifft, bin ich allerdings nicht so optimistisch.«
»Hat mal wieder jemand ins Gras gebissen«, sagte Medino. »Was haben Sie mit dem Hinkebein zu tun? Wird er bei Ihnen wegen irgendwas gesucht?«
»Ist ein alter Kumpel von mir«, sagte Decker.
Medino stieß einen Pfiff aus. »Dann sollten Sie sich lieber ’n paar neue Freunde suchen.«
»Wie tief sitzt er in der Scheiße?«
»Soweit ich mich erinnere, bis zum Hals oder sogar noch tiefer.«
»Was wissen Sie über das Opfer?« fragte Decker. »Abgesehen davon, daß sie ’ne Nutte ist.«
»Nicht sehr viel.«
»Ist bekannt, ob sie häufiger brutale Typen als Kunden hat?«
»Keine Ahnung«, sagte Medino. »Versuchen Sie’s doch mal ’ne Etage höher bei der Sitte.«
»Ist Chris Beauchamps noch hier?« fragte Decker.
»Babyface Beau? Na und ob. Einer unser besten Undercover-Leute. Der wirkt so verdammt echt. Ich glaub’, er ist vor ’ner Stunde reingekommen. Gehn Sie doch mal rauf und reden mit ihm. Ich ruf’ Sie mit meinem schicken neuen Tastentelefon an, wenn Andrick zurück ist. LAPD auf dem High-Tech-Trip.«
»Myra Steele«, sagte Beauchamps. »Yeah, über die hab’ ich irgendwo ’ne Akte.«
Decker starrte den Detective aus dem Sittendezernat an. Es fiel ihm schwer, diesen Jungen ernst zu nehmen. Surferblonde Haare, tiefblaue Augen und Malibu-Bräune – wie halt jemand aussieht, der sich gerne amüsiert.
Beauchamps nahm eine Akte heraus. »Also, Myra Steele alias Plum Pie, Cherry Pie, Brown Sugar – den Spitznamen benutzen viele von ihnen.« Er reichte Decker die Akte. »Das einzige, was ich über sie hab’, ist ’ne Festnahme vor drei Monaten.«
»Da war Letwoine Monroe noch ihr Zuhälter«, sagte Decker, während er die Papiere überflog. »Bevor’s ihn erwischt
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