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Abschied von Eden

Titel: Abschied von Eden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Faye Kellerman
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Situation kam Decker plötzlich wieder ins Gedächtnis. Schweres Artilleriefeuer. Ein brennendes Dorf. Ein etwa sechsjähriges Mädchen, dem der Unterleib weggeschossen worden war. Abel stand über das Kind gebeugt, seine Augen tränten von dem ganzen Qualm. In dem Moment hatte er die Worte geflüstert:
    »Es tut mir ja so leid. Ich wollte nie jemandem weh tun, das schwöre ich bei Gott. Ich wollte es wirklich nicht.«
    Schlimme Erinnerungen. Er schob sie beiseite und sah zu Andrick hoch. Der war mittlerweile ganz blaß geworden, seine Haut war teigig und schweißüberströmt.
    »O Gott!« flüsterte Decker. »Ist mit Ihnen wirklich alles in Ordnung?«
    »Eine Minute.« Andrick sah sich um. Medino war zur Toilette gegangen. Die Luft war rein. Er riß seine Schreibtischschublade auf, öffnete mit zitternden Händen ein Tablettenröhrchen und legte sich eine Tablette unter die Zunge.
    Decker ließ ihm eine Minute Zeit, dann sagte er: »Was glauben Sie, wie lange Sie Ihren Zustand noch vor den Kollegen verbergen können?«
    »Was für einen Zustand?« fragte Andrick. »Ich lutsche ein Pfefferminz.«
    »Ein Pfefferminz?«
    »Yeah, ein Scheißpfefferminz. Für frischen Atem … Hören Sie, Detective, ich hab’ noch zwei Jahre, bevor ich fünfundzwanzig Riesen und eine nette Pension kassiere. Mit ’ner Eigentumswohnung in Murietta Hot Springs und zwei Töchtern auf ’m College brauche ich diese zusätzlichen zehn Prozent, um klarzukommen, verstehn Sie, was ich meine? Also, wenn Sie über den Fall reden wollen, können wir das gern tun. Ansonsten – da ist die Tür.«
    Medino kam an seinen Schreibtisch zurück. Andrick räusperte sich. Decker verstand den Hinweis und sagte: »Wo ist Myra Steele jetzt?«
    »Zunächst hatte man sie ins Hollywood Pres gebracht, doch ihre Mom hat sie ins County verlegen lassen, weil sie nicht versichert ist.«
    »Hätten Sie was dagegen, wenn ich mich mal mit Myra unterhalte?«
    »Von mir aus«, sagte Andrick. »Sie müßte mindestens noch ’ne Woche dort sein. Warum interessiert Sie dieser Fall so sehr?«
    Decker erklärte es.
    »Und Sie halten diesen Dreckskerl, der sich Ihr Freund schimpft, für unschuldig?«
    »Ich möchte mir noch kein Urteil bilden.«
    Andrick lehnte sich zurück und wischte sich mit einem Taschentuch über die feuchte Stirn. Er schien sich besser zu fühlen und konnte müheloser atmen. »Was haben Sie denn mit Myra Steele vor? Sie so lange in die Mangel zu nehmen, bis sie ihre Aussage zurückzieht?«
    »Um Gottes willen, nein! Wenn der Kerl das getan hat, bring’ ich ihn dafür um, und dafür, daß er mich verarscht hat. Aber als erstes möchte ich gern wissen, wer ihr Zuhälter ist.«
    »Den Namen kriegen Sie aus der nicht raus.«
    »Ich kann’s zumindest versuchen.«
    »Klar doch«, sagte Andrick. »Versuchen Sie’s nur.« Er schenkte Decker ein vorsichtiges Lächeln. »Und wenn Sie den Namen rauskriegen, geben Sie ihn mir, okay?«
    »Aber sicher. Ich will nichts im Alleingang machen.«
    »Nur damit wir beide uns verstehen.«
    »Er gehört Ihnen, Detective«, sagte Decker. »Ich tanz’ nicht mit andrer Leutes Frauen, weil ich stinksauer werd’, wenn einer mit meiner tanzt. Ich würd’ mir gern die Akte kopieren.«
    »Bedienen Sie sich.«
    Als Decker zurückkam, sagte Andrick: »Ihre Kollegin ist am Telefon.«
    Decker nahm den Hörer ab. »Was gibt’s?«
    »Delferno hat gerade angerufen«, sagte Marge. »Einer seiner Kumpel meint, Sally säh’ wie eins von seinen Kids aus. Die Mutter wohnt in Sacramento. Sie müßte zwischen ein und zwei Uhr morgens hier sein. Das Mädchen wurde vor etwa sechs Monaten von seinem Daddy entführt.«
    »Wie alt müßte es jetzt sein?«
    »Etwa zweieinhalb.«
    »Sally ist keine zweieinhalb.«
    »Delferno hat mir ein Foto von dem vermißten Kind gefaxt – heißt Heather Miller. Angeblich klein für ihr Alter, und es besteht tatsächlich eine starke Ähnlichkeit.«
    »Okay«, sagte Decker. »Ich hoffe nur, daß die Mutter nicht in eine tiefe Depression verfällt, wenn’s nicht ihr Kind ist.«
    »Das Risiko will sie eingehen.«
    »Ich bin in ein paar Stunden im Büro«, sagte Decker. »Könntest du für mich Sophi Rawlings anrufen?«
    »Hab’ ich schon gemacht, Pete. Wo willst du jetzt hin?«
    »Die Schönen der Nacht abklappern.«
    »Zieh dir Handschuhe an«, sagte Marge.
    Es war schon fast Mitternacht, doch auf dem Sunset Boulevard wimmelte es immer noch von Gesindel. Vor einer Tankstelle an einer Ecke sah Decker drei

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