Abschied von Eden
Prostituierte herumlungern. Nicht weit von ihnen stand ein fliegender Händler aus dem Mittleren Osten, der riesige Stofftiere zu lächerlich niedrigen Preisen verkaufte. Das Spielzeug war Importware und entsprach ganz bestimmt nicht den amerikanischen Sicherheitsbestimmungen. Vor einem Monat war in Foothill ein großer Schwung von dem Zeug beschlagnahmt worden. Die ganzen Teddybären und Stoffhunde waren mit leicht entzündbaren Lumpen ausgestopft gewesen, die bei heißem Wetter von selbst entflammten.
Decker parkte in einer Seitenstraße und ging auf die Prostituierten zu. Die erste Nutte – pummelig und sommersprossig – hätte durchaus eine Farmerstochter sein können. Allerdings trug sie Hot pants aus nachgemachtem Leopardenfell mit dazu passendem Büstenhalter und schwarze Stiefel, die ihr bis zu den Knien reichten. Die beiden anderen waren schwarz. Die eine hatte ihre Haare platinblond gefärbt und ihre klauenartigen Fingernägel hochglänzend schwarz lackiert. Die andere trug eine kurze Afrofrisur, ein enges Band aus Fell um den Hals und hatte in jedem Ohr sieben Ohrringe. Als Decker sich näherte, stieß die mit den Ohrringen die mit den langen Fingernägeln an, und das Trio begann sich zu zerstreuen. Decker rannte los und brüllte: »Halt!« Die Frauen blieben stehen.
»Wir wollten grad gehn«, sagte Fingernails.
»Ich nehm’ an, die Damen haben Ausweise dabei.«
Die Frauen begannen in ihren Handtaschen zu suchen.
»Schon gut«, sagte Decker. »Ich glaub’ euch. Ich bin ein vertrauensvoller Typ.«
Die Frauen sahen sich an. Ein schwarz-weißes Polizeiauto hielt an der Ecke. Decker zeigte seine Dienstmarke und gab dem Streifenwagen ein Zeichen weiterzufahren.
»Was gibt’s, Detective?« sagte Fingernails. Sie starrte auf ihre Füße. Ihre spitzen Absätze machten sie mindestens fünfzehn Zentimeter größer. Erstaunlich, daß sie ohne Balancierstange überhaupt gehen konnte.
»Wie heißt du, Honey?« fragte Decker.
»Wie«, antwortete Fingernails. Die anderen beiden Nutten lachten.
Decker sah sie durchdringend an. »Wie heißt du?« wiederholte er.
»Amanda.«
Decker starrte sie eine weitere Minute lang an. Dann fragte er: »Und wie lange arbeiten du und deine Freundinnen schon hier in der Gegend?«
»Sie woll’n uns wohl verhaften?« fragte das pummelige weiße Mädchen.
»Kommt ganz drauf an.«
»Worauf?« fragte Amanda.
»Ob ihr mitspielt«, sagte Decker.
»Was wollen S’ denn?« fragte Amanda.
Decker lächelte.
»Na kommen S’, ich besorg’s Ihnen dahinten in der Gasse«, sagte Amanda.
»Besorgst mir was?«
»Alles, was Sie wollen«, sagte Amanda.
»Was will ich denn?« fragte Decker.
Amandas Augen verdunkelten sich. »Ich sag’ jetzt nix mehr.«
»Ich bin nicht für ’nen kostenlosen Dienstfick hier, Amanda«, sagte Decker.
»Was wollen S’ denn dann?« fragte die weiße Nutte.
»Ein bißchen Hilfe.«
Die Frauen schwiegen.
»Frage Nummer eins: Kennt eine von euch eine Lady namens Myra Steele?«
Immer noch Schweigen.
»Na kommt schon, Mädels«, sagte Decker. »Wo bleibt denn eure Bürgerpflicht? Außerdem, je länger ich hier rumhänge, desto mehr schad’ ich eurem Geschäft.«
»Warum piesacken Sie uns denn?« fragte die mit den Ohrringen.
»Weil ihr die ersten Nutten wart, die ich hier gesehn hab’«, sagte Decker. »Außerdem steh’ ich auf Leopardenfell.« Er betrachtete die weiße Frau. »Wie heißt du?«
»Chrissie«, sagte sie.
»Chrissie«, wiederholte Decker. »Freut mich, dich kennenzulernen, Chrissie. Du kennst Myra Steele?«
»Kann sein.«
»Weißt du, daß sie ziemlich übel zugerichtet worden ist?« fragte Decker.
»Kann sein, daß ich so was gehört hab’.«
»Oh, und was hast du sonst noch gehört?«
»Sag nix mehr«, flüsterte Amanda.
»Möchtest du uns irgendwas mitteilen, Amanda?« fragte Decker.
»Ich hab’ nix gesagt«, antwortete Amanda.
»Weißt du, Amanda, wenn ich hier noch länger rumhänge, bleiben deine Taschen leer. Dann ist dein Typ stinksauer auf dich, nicht auf mich. Weißt du, ich hab’ Zeit. Ich werd’ dafür bezahlt.«
»Wie schön für Sie«, sagte Amanda.
Decker fragte das Mädchen mit den Ohrringen. »Wie heißt du?«
»Maynona.«
»Maynona, ein schöner Name. Darf ich dich May nennen?«
»Ist mir scheißegal.«
»Gut«, sagte Decker. »Dann nenn’ ich dich May. Hast du Myra Steele gekannt, May?«
»Vielleicht.«
»Und vielleicht weißt du auch, daß sie noch immer im Krankenhaus
Weitere Kostenlose Bücher