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Abschied von Eden

Titel: Abschied von Eden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Faye Kellerman
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daß das hart für Sie ist, aber Sie schaffen es.«
    Byron wischte sich mit dem Hemdsärmel eine dünne Schweißschicht vom kahlen Schädel. Dann hustete er kräftig und spuckte einen Schleimklumpen aus. Großartig, dachte Decker. Noch etwas, um die Spurensicherung irrezuführen. Er würde die Jungs aus dem Labor nachher darauf hinweisen.
    Mit vorsichtigen Schritten näherte sich der Imker dem Haus. Sein Atem war flach und roch säuerlich. Decker hatte Mitleid mit ihm, weil er zitterte, und wollte noch kein Urteil über schuldig oder nicht schuldig fällen. Er hatte schon zu viele Mörder beim Anblick ihrer im Blut schwimmenden Opfer bitterlich weinen sehen.
    In der Küche der Darcys verlor Byron völlig die Fassung – aus seinem Brustkorb drang ein trockenes Schluchzen, und gutturale Laute kamen aus seiner Kehle.
    »Das da drüben ist … ist Linda Darcy«, sagte Byron. Er zeigte in die Mitte des Raums, seine Unterlippe zitterte. »Die andere … o Gott … die andere Frau ist Carla Darcy … der Mann am Kühlschrank ist Luke … Jesus, sei ihren Seelen gnädig.«
    »Was ist mit dem anderen Mann?« fragte Decker sanft.
    »Wie bitte?«
    Byron wirkte benommen. Decker sprach rasch weiter. »Der andere Mann, Mr. Howard, der zwischen den Frauen liegt. Kennen Sie ihn?«
    Byron schüttelte den Kopf. Seine Haut hatte ein metallisches Graublau angenommen. Er ließ das Linda-Mantra wieder ablaufen und sprach ihren Namen aus, als ob er beten würde. Seine Augen begannen nach hinten zu rollen. Bevor der Imker ohnmächtig wurde, führte Decker ihn nach draußen und übergab ihn Marge, die neben dem Plymouth wartete. Byron ließ dies alles mit sich machen wie ein hilfloses Baby.
    Decker nahm Marge beiseite, nannte ihr die Namen der Leichen und erklärte, daß es immer noch einen Unbekannten gab. Marge hörte zu, dann fragte sie, ob Decker glaube, daß der Rauch Beweismaterial zerstören könnte.
    »Darüber hab’ ich noch gar nicht nachgedacht«, sagte Decker. »Während du Byron zu seiner Farm fährst, frag’ ich die Techniker. Fotograf und Leichenwagen sollten bald hier sein. Ich würd’ die Leichen gern von den Viechern befreien, bevor wir sie ins Leichenschauhaus transportieren.«
    »Ich bin in etwa einer halben Stunde zurück«, sagte Marge, schwang sich auf den Fahrersitz und fuhr los.
    Decker nutzte die Zeit, um ein bißchen Ordnung in das Durcheinander zu bringen. Ein Teil der Familie Darcy – Luke, seine Frau Linda und seine Schwester Carla – lag tot in der Küche. Decker war gespannt auf den Teil der Familie, der nicht da war. Die Eltern, eine Schwester namens Sue Beth mit Mann und Kindern. Außerdem den geistig behinderten Bruder Earl.
    Laut Auskunft von Annette Howard waren sie bei einer Imkerversammlung in Fall Springs. Als erstes mußte man die Angehörigen verständigen und feststellen, was genau jeder von ihnen diese Woche wann und wo gemacht hatte.
    Dann hat Katie also zumindest noch Verwandte, dachte er.
    Katie. Das Kind war bestimmt nicht in der Manfred-Siedlung herumgeirrt, während dies alles hier passiert ist. Vermutlich war es im Haus, und irgendwer konnte den Gedanken nicht ertragen, daß es mit den anderen verrotten sollte. Jemand hatte die Kleine bei der Manfred-Siedlung abgesetzt, in der Hoffnung, daß jemand sie finden und sich um sie kümmern würde.
    Was hatte das zu bedeuten?
    Decker klopfte mit dem Bleistift auf den Block und beendete zunächst mal seine Spekulationen. Statt dessen begann er, das Gelände nach Spuren zu durchkämmen. Vor dem Haus fand er von einer bräunlichen Masse gefärbte Stellen. Könnte getrocknetes Blut sein, könnte aber auch alles mögliche sein. Dann ging er nach hinten. Gegenüber der Rückseite des Hauses stand eine zweistöckige Scheune aus Redwood-Holz, das zu einem staubigen Grau verwittert war. Neben der Scheune waren Heuballen aufgestapelt, außerdem gab es einen etwa dreißig mal dreißig Meter großen eingezäunten Korral sowie eine verdorrte Unkrautfläche von hundertfünfzig Quadratmetern voller Ölflecken und Reifenspuren. Dort parkten die Darcys vermutlich ihre Autos. Man konnte allerdings nie genug Beweise haben. Er würde die Mordkommission des Sheriffs daraufhin weisen und darum bitten, daß man Reifenabdrücke nahm und das Öl im Labor untersuchte.
    Ganz automatisch nahm Decker ein Taschentuch, legte es über den Türknauf und versuchte, die Scheune zu öffnen. Sie war abgeschlossen, aber zumindest schien kein unangenehmer Geruch herauszuströmen.

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