Abschied Von Freistatt
anderen Beysiber dienten, die herbeigeschlendert waren, um zu sehen, wie der Barbar sich zum Narren machte.
Offenbar fand der Keramikhändler, daß er so weit wie nur möglich gegangen war. Das Gelächter verstummte, er hob die Finger beider Hände zweimal und murmelte Koppit, was inzwischen jeder als Bezeichnung für die unzähligen Arten von Kupfermünzen verstand, wie sie in Freistatt im Umlauf waren.
»Zwanzig Kupferstücke«, übersetzte Walegrin für die Frau.
»Erklärt ihm, daß ich ihm vierzig geben werde, wenn er das nächstemal hierherkommt, aber daß ich ihm momentan nichts bezahlen kann.«
Diesmal fiel es Walegrin durchaus nicht schwer, das Weiße seiner grünen Augen zu zeigen. »Lady, Ihr müßt von Sinnen sein!«
Sein Sarkasmus schmerzte sie, aber sie wahrte ihre Würde. »Ich bin eine Weberin. Wenn ich seine Umhüllungen verarbeitet habe, wird das Produkt hundertmal seine zwanzig Kupferstücke wert sein.«
Walegrin schob die Finger in den Beutel an seiner Hüfte. »Gut. Ihr könnt sie mir schulden. Ich mache mich jedenfalls nicht zum Gespött, indem ich diesem Fischauge Euren Irrsinnsvorschlag unterbreite.«
Kupferscheiben verschiedenster Art regneten in die Hände des Beysibers, der sie in seine Münzenschatulle schüttete, dann verlangte er ein Silberstück für die Schachtel, in der sich die Umhüllungen befanden. Walegrin warf die Silbermünze so heftig auf seinen Stand, daß sie hüpfte und zwischen den Planken im Wasser des Hafens verschwand. Der Beysiber zeigte seine bemalten Zähne. Mit der zweiten Silbermünze ging Walegrin sorgsamer um. Er hob die Schachtel vorsichtig hoch, denn der Faden, um sie zuzubinden, hätte weitere fünf Kupferstücke gekostet.
»Sie werfen das Zeug am Ende des Tages in den Hafen«, sagte der Kommandant fluchend. »Es ist Abfall. Ihr habt ein halbe Krone für Abfall bezahlt, den Ihr morgen früh aus dem Wasser hättet fischen können.«
Sie hätte vorgezogen, zu flüstern oder überhaupt nicht zu antworten, aber er war jetzt ihr Geschäftspartner, und sie schuldete ihm deshalb eine Antwort. »Das weiß ich, aber sobald die Umhüllung mit Salzwasser in Berührung kommt, wird sie unbrauchbar.«
»Lady.«
»Theudebourga. Ich heiße Theudebourga.«
Walegrin runzelte die Stirn. »Lady, wie kann Abfall noch unbrauchbarer werden?«
Theudebourga erklärte es ihm. Auf dem Kai herrschte noch starkes Gedränge, so kamen sie nur langsam voran. Bis sie den Karren erreichten, wußte Walegrin mehr über die schädliche Wirkung, die Salzwasser auf Abfall hatte, als er wissen wollte. Thrusher warf einen Blick auf das Paar und erkannte instinktiv, daß er besser keine Fragen stellte, ehe die Schachtel nicht auf dem Karren und die Frau damit unterwegs war.
»Das Einhorn dürfte inzwischen geöffnet sein«, sagte Thrusher. »Du siehst so aus, als könntest du was zum Hinunterspülen brauchen.«
Der Kommandant ließ sich stumm vom Hafen fortführen. Das Wilde Einhorn war zwar offen, wurde jedoch einem selten genug vorkommenden Hausputz unterzogen. Die Türen und Fenster standen weit auf, die Sonne schien blendend in die Gaststube, und Arbeiter waren eifrig damit beschäftigt, die Schäden eines langen Monats zu beheben. So gingen die beiden Offiziere weiter und verließen das Labyrinth.
Früher war die Schlachthofgegend so heruntergekommen gewesen wie das Labyrinth, wenngleich ohne dessen schlechten Ruf. Danach hatten sich dort die Untoten, die Halbtoten und alle möglichen Überbleibsel von Freistatts magischem Chaos herumgetrieben. Jetzt hatten Neuankömmlinge ein Zuhause in verlassenen Häusern gefunden. Es war unruhig genug, daß die Ordnungshüter das Viertel ebensogut kannten wie das Labyrinth, aber im Gegensatz zu dort machten sich um den Schlachthof Anzeichen von Aufschwung bemerkbar. Gesunde Kinder in sauber ausgebesserter Kleidung spielten unter Aufsicht ihrer
Mütter, die kleine Gärten anlegten, wohin immer die Sonne ihren Weg fand.
Nicht alle diese tüchtigen Frauen kamen von außerhalb Freistatts frisch getünchter Stadtmauer. Einige hatten in den Jahren des Chaos ihre Männer verloren, andere hatten die Gelegenheit genutzt, das Himmlische Versprechen oder die Straße der Roten Laternen gegen ein geordnetes Familienleben zu tauschen. Walegrin kannte die meisten beim Namen und manche noch viel besser, aber in stummem Einvernehmen wurde in Freistatt nicht mehr ohne Aufforderung über die Vergangenheit geredet.
Kesselflickers Einkehr war typisch für die
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