Abschlussfahrt
ganz nah an Lars heran.
»Ja, was nun?«, zischt er böse. »Hast du jetzt gesagt, du willst meine Schwester ficken oder hast du das nicht gesagt?«
»Ja … schon … aber …«
Lars weicht ein Stück zurück.
»Na also!« Die Miene des Kellners verwandelt sich in ein einziges Lächeln. »Geht doch! Ein Mann, ein Wort, so muss das sein.«
Er tätschelt Lars noch wohlwollend die linke Wange, richtet sich wieder auf und brüllt, die Hände vor dem Mund zu einem Trichter geformt: »Maria! Mariiiaaaa!«
Dann wendet er sich an uns: »Jetzt mal ganz im Ernst«, sagt er, »wir haben echt so langsam geglaubt, wir finden überhaupt keinen mehr. Ich meine, sie ist immerhin schon fünfunddreißig und immer noch Jungfrau.«
Wir starren komplett verwirrt von einem zum anderen. Kann mir vielleicht mal irgendjemand erklären, was hier gerade abgeht?
»Maria!«, brüllt der Kellner wieder. »Mariiii … ah, da kommt sie ja!«
Ich starre gespannt zum Eingang. Tatsache, da steuert jemand in einer weißen Schürze direkt auf uns zu. Aber das ist doch keine Frau, das sieht mir ziemlich eindeutig nach einem Mann aus. Und zwar nach einem ziemlich hässlichen Mann von schätzungsweise mindestens hundertfünfzig Kilo Lebendgewicht. Er bahnt sich stampfend einen Weg zwischen den Tischen hindurch und er sieht nicht gerade freundlich aus. Ganz finsterer Blick unter einem Paar buschiger Augenbrauen, sieht fast so aus, als wären sie zusammen gewachsen. Er rempelt noch eine Frau am Nebentisch an, dann steht er in all seiner Monstrosität vor uns. Der Kellner legt fröhlich eine Hand auf seine Schulter.
»Darf ich vorstellen? Das ist meine Schwester Maria. Und du bist?«
»Äh …« Lars schluckt. »Lars … Ich bin Lars.«
Ach du Scheiße! Nein, das ist doch kein Mann! Das ist die hässlichste Frau der Welt! Jetzt ehrlich! Wenn man ganz genau hinguckt, kann man es erkennen. Man muss sich allerdings den dichten schwarzen Flaum über der Oberlippe wegdenken.
Ein Blick zu Lars, das pure Entsetzen.
Der Kellner sagt irgendwas auf Italienisch zu seiner Monsterschwester, die immer noch sehr böse guckt, bis sich ihr Gesicht plötzlich aufhellt, was uns zu allem Überfluss auch noch ihre deutlich erkennbare Abneigung gegen jegliche Art von Zahnpflege offenbart.
Sie stürzt wild Italienisch plappernd und hörbar freudig erregt auf Lars zu. Und spätestens jetzt ist klar: Das ist wirklich eine Frau. Ihre schrille Stimme beweist es endgültig. Dagegen klingt Yvonnes Fiepen wie Engelsgesang.
Lars weiß überhaupt nicht, wie ihm geschieht, und sucht mit flehenden Blicken nach Hilfe unsererseits. Aber wir sind alle wie gelähmt vom Anblick der Jungfrau Maria, die mittlerweile angefangen hat, Lars immer abwechselnd links und rechts abzuknutschen. Jetzt plappert sie wieder Italienisch und packt Lars am Arm. Sie versucht ihn von seinem Stuhl hochzuziehen, aber er krallt sich verzweifelt daran fest.
»Nein!«, wimmert er. »Was soll denn das? Leute! Vielleicht hilft mir hier mal jemand? Das … das geht doch nicht!«
»Sehr gut«, sagt der Kellner. »Du scheinst dich auszukennen. Den Frauen sollte man es nie zu einfach machen.«
Natürlich hat Lars keine Chance gegen diesen Brocken von Frau. Sie löst seine Hände von den Lehnen und zieht ihn nach oben. Lars kann sich kurz losreißen und steigt auf den Stuhl.
»Verdammt, jetzt glotzt doch nicht so blöd! Helft mir lieber!«
Aber dazu sind wir viel zu perplex. Selbst Marlon sitzt nur da und starrt mit weit geöffnetem Mund auf die unglaubliche Szene, die sich vor unseren Augen abspielt.
Die Jungfrau packt Lars am Hosenbund, zieht ihn nach vorne, sodass er das Gleichgewicht verliert, und lässt ihn sich über die Schulter fallen.
»Hey!«, schreit Lars und strampelt mit den Beinen in der Luft. »Was wird das denn jetzt? Die ist doch total irre! Hilfe!«
Lars wird unter Gelächter und Applaus der anderen Gäste ins Café abtransportiert. Wir können nichts anderes tun, als uns fassungslos anzustarren. Ist das gerade wirklich passiert? Was passiert jetzt wohl da drinnen mit ihm? Und wie erklären wir das alles Wuttke?
Lars Fischer wurde auf dem Domplatz von Florenz von einer Monsterjungfrau verschleppt und wird Vermutungen zufolge von ihr für den Rest seines Lebens in einem dunklen Kellerloch als Sexsklave gehalten.
»Tja, Leute«, zwinkert uns der Kellner plötzlich zu. »Wer austeilt, muss auch einstecken können. Alte Ruhrpottweisheit.«
Wir sehen ihn verwirrt an.
»Weiß
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