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Abschlussfahrt

Abschlussfahrt

Titel: Abschlussfahrt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jochen Till
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beiden Schalen führt eine Treppe nach oben. Sie hat vierhundertzweiundsechzig Stufen und ist für Touristen geöffnet.«
    »Oh, Shit«, stöhnt Nele und klammert sich etwas fester an mich.
    »Wer nachher möchte, kann gerne mit mir diese Stufen bewältigen«, sagt Wuttke. »Ich war schon mal oben, die Aussicht ist es wirklich wert. Aber das ist freiwillig, und ich rate es auch nur denjenigen, die einigermaßen in Form sind.«
    Nele seufzt erleichtert auf.
    »Die Besichtigung des Doms ist allerdings für alle verbindlich«, fährt Wuttke fort. »Und, wie gesagt, ich werde einiges davon abfragen, wenn wir wieder … aaaaah!«
    Eine Taube. Eine Taube ist mitten auf Wuttkes Kopf gelandet. Eine von den schätzungsweise zehntausend Tauben, die hier auf dem Domplatz ihr Unwesen treiben. Ich wäre vorhin schon fast auf eine draufgetreten, das ist echt die reinste Invasion hier.
    »Schusch!« Wuttke fuchtelt mit den Armen in der Luft herum. »Geh weg!«
    Die Taube krallt sich noch einen Moment hartnäckig an seinen Haaren fest und hebt dann wieder ab. Wuttke streicht hektisch über das, was er Frisur nennt. Wir nennen es verzweifelte Rettungsversuche an einer aussterbenden Spezies.
    »Mistviecher«, flucht er leise und sammelt sich wieder. »Also, wo waren wir stehengeblieben? Ach ja, der Dom. Eine weitere Besonderheit im Inneren des Doms sind die Fresken, die …«
    »Hast du noch eins von den Brötchen?«, höre ich Marlon hinter mir fragen.
    Die Frage war an Lars gerichtet.
    »Mit dir rede ich nicht mehr«, grummelt Lars zurück.
    »Ach komm, jetzt stell dich nicht so an«, sagt Marlon. »Das bisschen Edding. Und die Brille steht dir echt gut.«
    Marlon lacht.
    »Haha, sehr witzig«, brummt Lars. »Aber wart’s nur ab. Irgendwann schläfst du mal vor mir ein. Und dann zeige ich dir genau, was ein bisschen Edding alles anrichten kann.«
    »Jaja, von mir aus«, stöhnt Marlon gelangweilt. »Deine Rache wird fürchterlich. Ich zittere jetzt schon. Was ist mit den Brötchen? Hast du noch eins?«
    »Ja«, brummt Lars. »Aber das brauche ich noch.«
    »Oh, Mann, ich kauf dir nachher auch ein neues. Los, her damit. Ich versprech dir, du wirst es nicht bereuen. Das wird ein echter Brüller.«
    Okay, meine Neugier ist geweckt, ich drehe mich zu den beiden um.
    »Was hast du denn jetzt schon wieder vor?«, frage ich Marlon.
    »Abwarten.«
    Lars fummelt das Brötchen aus seinem Rucksack und reicht es Marlon. Marlon bricht es in zwei Teile und drückt Lars und mir jeweils eins davon in die Hand. Dann formt er seine Handflächen zu einer Schale.
    »Los, hier reinbröseln«, sagt er. »Aber möglichst kleine Krümel.«
    Lars und ich fangen an, das Brötchen in Marlons Hände zu bröseln.
    »Ja, perfekt.« Er grinst uns an, während sich seine Hände langsam füllen.
    Zwei Minuten später sind wir fertig.
    Marlon schließt die Hände und schaut sich um. Sein Blick fällt auf die Gruppe Amerikaner neben uns.
    »Okay, macht mal Platz.«
    Wir gehen zur Seite. Marlon nimmt seine mit Krümeln gefüllten Hände geschlossen hinter den Kopf.
    »Auf drei!« Er grinst sein berüchtigtes Marlon-Grinsen. »Eins …«
    Er geht zwei Schritte zurück.
    »Zwei …«
    Er holt Schwung.
    »Drei!«
    Er schleudert den Inhalt seiner Hände in einem Bogen über die Amis.
    Die Brötchenkrümel rieseln auf sie herab, und noch fast im selben Augenblick stürzt eine Heerschar von Tauben wild flatternd hinterher.
    Angriff der Terrortauben. Riesengeschrei. Tauben auf Köpfen. Tauben auf Schultern. Tauben auf Füßen. Tauben überall. Und die Amis schreien und quieken und rudern und fuchteln wild mit den Armen dagegen an, während der Rest der touristischen Welt einfach drum herum steht und sich ein schadenfrohes Lachen nicht verkneifen kann. Aus allen Richtungen klicken Fotoapparate und surren Digi-Cams. Marlon drückt auch gerade ab, als Wuttke ihn am Kragen packt.
    »Das ist doch wieder mal auf deinem Mist gewachsen«, knurrt er. »Ich hab’s genau gesehen.«
    »Tut mir leid.« Marlon zuckt mit den Schultern. »Ich bin nun mal ein Tierfreund und setze mich immer und überall für meine hungernden, gefiederten Freunde ein.«
    »Dich kann man aber auch nicht für eine Sekunde aus den Augen lassen!« Wuttke funkelt ihn böse an.
    Das Geschrei der Amis lässt nach. Einige von ihnen sehen sich argwöhnisch auf der Suche nach einem Schuldigen um.
    »Vielleicht sollten wir hier lieber verschwinden«, sage ich leise zu Wuttke, als einer der Blicke auf uns haften

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