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Absender unbekannt

Absender unbekannt

Titel: Absender unbekannt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dennis Lehane
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gefunden worden war, der einen anonymen Anruf erhalten hatte. Hardiman hatte nackt zusammengerollt in der Firmenzentrale gelegen, sein Körper war mit Rugglestones Blut besudelt, der Eispickel lag ein Meter zwanzig von ihm entfernt.
Wie mochte sich Gerry gefühlt haben, als er auf einen anonymen Anruf hin in dieses Lagerhaus ging, Rugglestones Leiche und dann den Sohn seines Kollegen mit der Mordwaffe fand?
Und von wem kam der anonyme Anruf?
Ich blätterte weiter und sah mir das vergilbte Foto des weißen Lieferwagens an, der auf Rugglestone zugelassen war. Er sah alt und vernachlässigt aus; die Windschutzscheibe fehlte. Dem Bericht zufolge war der Innenraum des Wagens innerhalb der letzten vierundzwanzig Stunden vor Rugglestones Tod ausgespritzt und die Fenster gewischt worden, doch war die Windschutzscheibe erst kurz zuvor beschädigt worden. Fahrer- und Beifahrersitz waren voller Glassplitter, kleine Scherben glitzerten auf dem Boden. Zwei Hohlziegel lagen mitten auf der Ladefläche.
Wahrscheinlich hatten Kinder die Ziegel in die Scheibe geworfen, während der Lieferwagen vor dem Lagerhaus stand. Sie verübten Vandalismus, während Hardiman nur wenige Meter entfernt einen Mord verübte.
Vielleicht hatten die kleinen Vandalen den Lärm aus dem Haus gehört, Verdacht geschöpft und anonym bei der Polizei angerufen. Ich betrachtete den Lieferwagen noch ein wenig und verspürte einen leichten Schauder.
Lieferwagen hatte ich noch nie gemocht. Aus irgendeinem Grund, der die Firmen Ford und Dodge bestimmt interessieren würde, bringe ich sie mit Verbrechen in Verbindung: mit Fahrern, die Kinder belästigen, mit Vergewaltigern, die auf dem Parkplatz des Supermarkts mit laufendem Motor auf ihr Opfer warten, mit Gerüchten über mordende Clowns aus meiner Kindheit, mit dem Bösen. Ich blätterte um und stieß auf den toxikologischen Bericht. Rugglestone hatte große Mengen der Aufputschmittel PCP und Methylamphetamin im Blut, die ihn eine Woche lang wach gehalten hätten. Zum Ausgleich hatte er einen
Alkoholspiegel von 1,2 Promille, doch selbst diese Menge an Alkohol, da war ich mir sicher, konnte die Wirkung einer derartigen Zufuhr von künstlichem Adrenalin nicht ausschalten. Sein Blut muss wie elektrisiert gewesen sein.
Wie hatte der zwölf Kilo leichtere Hardiman ihn niederringen können?
Wieder schlug ich die Seite um und fand den Bericht über Rugglestones Verletzungen. Obwohl ich die Beschreibung bereits von Gerry Glynn und Bolton kannte, entzog sich das Ausmaß der Verletzungen, die Rugglestones Körper zugefügt worden waren, meiner Vorstellungskraft.
Siebenundsechzig Schläge mit einem Hammer, der unter einem Stuhl neben Alec Hardiman gefunden wurde. Geschlagen wurde aus Abständen von zwei Metern bis zu fünfzehn Zentimetern. Die Schläge kamen von vorne, hinten, links und rechts.
Ich schlug Hardimans Akte auf und legte die beiden nebeneinander. Beim Prozess hatte Hardimans Verteidiger argumentiert, sein Klient habe als Kind einen schweren Nervenschaden an der linken Hand erlitten, könne daher nur mit der rechten arbeiten und sei somit gar nicht in der Lage, mit einem Hammer linkshändig solche Kraft auszuüben.
Die Anklage verwies auf den Nachweis von Aufputschmitteln in Hardimans Blut, und Richter und Jury teilten die Ansicht, dass Drogen einem ohnehin Verrückten die Kraft von zehn Männern verleihen können.
Keiner glaubte dem Argument des Strafverteidigers, der in Hardimans Blut gemessene Wert von PCP sei im Vergleich mit Rugglestones Blutwerten zu vernachlässigen und dass im Fall Hardiman die Wirkung nicht durch die Einnahme von Speed verstärkt, sondern mit einem Cocktail aus Morphinen und Schlafmitteln gedämpft worden sei. Zusammen mit Alkohol wirkte diese Kombination so stark,
dass Hardiman von Glück sagen konnte, den Nachmittag überhaupt überlebt zu haben, ganz zu schweigen von der Bewältigung körperlicher Herausforderungen der vorliegenden Größenordnung. Er hatte Rugglestone im Verlauf von vier Stunden langsam verbrannt. Angefangen hatte er mit den Füssen, hatte das Feuer jedoch gelöscht, kurz bevor es auf die unteren Waden übergriff, dann hatte er wieder den Hammer, den Eispickel oder eine Rasierklinge zu Hilfe genommen, mit der Rugglestones Fleisch an über einhundertzehn Stellen eingeritzt worden war, ebenfalls von rechts und von links. Dann verbrannte er Unterschenkel und Knie, löschte die Flammen wieder, und so weiter.
Eine Untersuchung von Rugglestones Wunden ergab, dass

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