Absolut Sex: Wie Sie jeden Mann um den Verstand bringen (German Edition)
Lust so was von flöten gehen. Der weibliche Sprachzensor reagiert empfindlich auf Subbotschaften, und erst recht auf Begrifflichkeiten, die das Weibliche abwerten (Schlampe, Fotze, geile Sau und so weiter und so fort) – natürlich, es gibt Ausnahmen, bewahre, und während des Orgasmus zum Beispiel haben die diskriminierenden Wörter eventuell sogar den Effekt, noch mehr zu erregen.
Oder aber, und das geht nicht nur mir so: Ist die Sprache des Sex zu blumig, geht der Laden runter. Mein persönlicher Hasssatz ist: »Ich möchte Nektar aus deinem Honigtopf naschen.«
Ach, geh weiter spielen.
Dabei gäbe es doch genügend Nuancen zwischen Fotze und Honigtopf, zwischen sexistischem Jargon und Kindergarten:
Verbalerotik ist nicht Dirty Talk
Im Gefolge der sexuellen Revolution von 1968 übernahmen wir im deutschen Sprachraum eine ganze Reihe von Anglizismen, um sexuelle Vorgänge zu benennen, und die werden von den meisten Frauenzeitschriften, die sich ans jüngere Publikum wenden, auch reichlich verwendet. Das Date hat die Verabredung oder das Rendezvous abgelöst, der Blowjob die Fellatio, statt Verbalerotik heißt es Dirty Talk (was auch noch eine blöde Fehlübersetzung ist – dazu gleich), das Face Sitting bezeichnet die Variante, sich zum Gelecktwerden auf seinem Mund niederzulassen, aus dem Liebhaber ist der Lover geworden. Der scheinbare Vorteil dieser Anglizismen: Da es sich nicht um die Muttersprache handelt, lassen sich die Wörter leichter aussprechen beziehungsweise niederschreiben. Der Nachteil besteht darin, dass die englischen Ausdrücke den muttersprachlichen Zensor nicht interessieren, so dass er sie nicht mit Tabu oder gar Sex identifiziert. Sie wirken langweilig. Sie simplifizieren Sex in Zeitungsinserat-Stil. Das Wort »Job« im Blowjob suggeriert, dass es sich um eine »Arbeit« handle, die Frau am Mann verrichtet (ähnlich verhält es sich mit dem »Lickjob«; die folgenden Schlagworte stammen aus der Prostitution, um das Angebot auf den Punkt zu bringen: Handjob, Blowjob, Fulljob).
Auch das Wort Date war im amerikanischen Raum der Deal zwischen Freier und Hure und ersetzte das galantere Rendezvous. Und ist »ich habe einen Lover« nicht viel platter, als wenn eine Frau sagen würde »ich habe einen Liebhaber«?
Die schlimmste Fehlinterpretation setzte sich durch, als die Kunst der Verbalerotik schlicht »Dirty Talk« genannt wurde, schmutziges (oder auch: beschmutzendes) Gerede.
Sie fragen sich vielleicht, was genau Dirty Talk ist? Das:
»Ich will dich ficken, fick mich, besorg’s mir, lutsch meine Eier, bück dich, du Schlampe, wichs meine nasse Möse, steck ihn mir tief in mein Loch, du geile Sau, vögel mir das Hirn raus, reib meine Titten, bums hart meinen Arsch, spritz mir den Ficksaft in die Fotze« und so weiter und so fort.
Dirty Talk sind Reizworte tief unterhalb der Gürtellinie.
Es ist aber nur eine Variante der Verbalerotik – diese allein mit Dirty Talk gleichzusetzen, käme der Behauptung gleich, alle Blumen seien Rosen. Um bei dem floralen Vergleich zu bleiben: Die schmutzige/beschmutzende Rede, die sich durch Obszönität, sexistische Beschimpfung und imperative Kurzsätze auszeichnet, ist die fleischfressende Venusfalle unter den Blumen im Dschungel der Verbalerotik. Da blühen allerdings noch zahlreiche andere Gewächse: das erotische oder das erotisierende Gespräch, das Liebesgefecht oder die zärtliche Neckerei, der erotische Brief oder das verruchte Kompliment …
Wo Dirty Talk einfach ist und als Wortpeitsche während des Geschlechtsverkehrs dient, ist verbale Erotik kreativ, elegant, raffiniert, mehrdeutig und dient vorwiegend all dem, was vor dem Reinstecken passieren soll: Es verführt, es macht an, es erregt, um überhaupt Lust aufs Reinstecken zu bekommen.
Ich bin keine Gegnerin des Dirty Talks und möchte Sie unbedingt ermuntern, die Fick-mich-ich-fick-dich-Phrasen aussprechen zu können. Dirty Talk mag die »niederste«, weil schlichteste Form des sexuellen Sprachuniversums sein – aber ist deswegen nicht minder attraktiv. Es ist jedoch eine archaische Grenzüberschreitung. Warten Sie, bis Sie Sex haben, der muss immer mal wieder Tabus brechen, um anzuregen. In jenen Augenblicken, da wir ganz Instinkt, animalischer Trieb, totale genitale Gier sind, hat Dirty Talk seinen Auftritt; der Zensor wandelt Empörung in Verlangen um. Und da rockt das zünftige »steck ihn mir tief rein, Mistkerl« oder »ich will in deine heiße Fotze« besser als:
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