Absolut WILD - Die Mini-Tiger sind los
auf einem toten Igel, den er im Gebüsch gefunden hat.
»Mann, warum macht er das denn nicht?«, rief ich voller Verzweiflung, als Pommes Mama zum millionsten Mal gefolgt war, statt stehen zu bleiben, nachdem sie ihn von der Leine gelassen hatte. Es war eine Spezialleine, die am Griff einen Löseknopf hatte.
»Weil Mamas Hände nach Fleisch riechen«, sagte Tori.
»Da gibt es so eine Krankheit«, meinte Joe. »Der Schweiß von manchen Leuten riecht nach ranzigem Hühnerfleisch, und selbst wenn sie sich x-mal duschen, stinken sie immer noch. Das habe ich im Internet gelesen.«
»Ist ja ekelhaft!«, sagte ich und beobachtete, wie Mama Papa anschrie und wütend mit der Leine in der Hand durch den Garten stapfte, während Pommes neben ihr hertrottete und seine Nase in ihre Handfläche drückte.
Zusätzlich dazu, dass Pommes nicht tat, was man ihm sagte, waren die Spezialleinen ganz schön kompliziert. Wenn man den Knopf nicht richtig herunterdrückte, löste sich da überhaupt nichts. Außerdem machte Mayo auf dem Möhrenbeet ein Nickerchen und ließ sich seine Leine gar nicht erst von Mama anlegen – was nicht zur Besserung ihrer Laune beitrug.
Mama sah völlig durchgefroren aus. Der kalte Novemberwind war so schneidend, dass ich dachte, mir fallen die Ohren ab.
»Willst du nicht ein Stück da runtergehen, Mama? Da ist es sonniger«, rief ich fröstelnd und zeigte in Richtung Teich.
Mama wischte sich die Stirn und schob dabei ihre olle Mütze nach hinten. Ich erschauderte bei dem Gedanken, dass ihr Gesicht jetzt nach rohem Fleisch roch. »Warum?«, fragte sie erschöpft. »Meinst du, das hilft?«
»Wahrscheinlich nicht«, entgegnete ich. »Aber zumindest ist dir dann wärmer.«
»Taya hat recht«, sagte Papa. »Du bist ja schon ganz blau vor Kälte, Liebes.« Er hatte Mayo aus den Möhren geholt und brachte ihn – natürlich mit einem weiteren Stück Fleisch – dazu, sich die Leine anlegen zu lassen. Ich fragte mich allmählich, ob das die richtige Methode war.
Mama ging mit Pommes Richtung Gartenteich, während Papa Mayo auf seine Riesenpfoten hievte und zu seinem Bruder brachte. Sie waren nun ziemlich nah am Wasser, das herrlich in der Sonne glitzerte. Er sah selbst für mich verlockend aus, dabei bin ich gar kein wasserverrückter Tiger.
»Ich hoffe, Pommes und Mayo ziehen Mama nicht in den Teich«, sagte Tori, die wie immer meine Gedanken gelesen hatte. »Es ist schon schwer genug, einen von ihnen am Wasser vorbeizuführen, von zweien ganz zu schweigen.«
»Mama wird das schon machen«, sagte ich, obwohl ich mir nicht so sicher war.
»Ist doch gut, am Wasser zu üben«, meinte Joe. »In dem Werbespot müssen die beiden schließlich am Serpentine-See vorbeigehen.«
Das hatte ich ganz vergessen. »Gut aufgepasst, Joe«, lobte ich. »Nimm dir noch ein paar Chips!«
Mama hatte in jeder Hand eine Leine und stemmte die Füße fest in den Boden, während die Tiger gierig zu Papa schauten, der für sie der Herr der Fleischstücke sein musste. Papa las im Drehbuch und schrieb mit einem dicken roten Stift etwas an den Rand. Dann kratzte er sich mit dem falschen Ende des Stifts an der Wange, wobei er sich einen langen roten Striemen ins Gesicht malte, der aussah, als hätte Pommes ihn gekratzt. »Okay«, sagte er. »Bist du bereit, Neet?«
Mama nickte und hielt die Leinen der Tiger so fest wie eine Kriegerkönigin die Zügel der Pferde vor ihrem Streitwagen.
»Dann also … Action! Gut so … Weitergehen … Ja, das sieht gut aus …«
Pommes und Mayo blieben am Rand des Teichs stehen. Pommes’ Augen funkelten. Mamas Augen wurden immer größer.
»Neet, sie …«
»Mama!«
» POMMES !«
»Drück auf den Knopf! Drück auf den …«
Es gab einen gewaltigen Platscher, als die Tiger ins Wasser sprangen. Und während Mama noch hektisch an den Griffen der Leinen herumfummelte, landete sie gleich nach ihnen im Teich. Wir beeilten uns, ihr herauszuhelfen, während Pommes und Mayo ausgelassen im Wasser herumtobten wie gestreifte Seehunde. Kurz darauf kam Pommes wieder heraus und schüttelte sich kräftig, und sein Bruder tat es ihm nach. Wir wurden von oben bis unten mit eiskalten Wassertropfen bespritzt – wobei ich mit »wir« hauptsächlich mich meine.
»Dieses Lösedings hat anscheinend nicht funktioniert«, stellte Joe fest.
Es ist nicht so leicht, einen vernichtenden Blick hinzubekommen, wenn man einen nassen Pony hat und einem Teichwasser in die Augen tropft, aber ich schaffte es.
»Haarscharf
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