Absolut WILD - Die Mini-Tiger sind los
hoffe, du hast noch ein paar Namen auf Lager, die besser sind als ›Tatzen, Krallen und Applaus‹«, sagte meine Schwester und brachte damit meinen Glücksballon zum Platzen.
»Was gefällt dir denn nicht an ›Tatzen, Krallen und Applaus‹?«, fragte ich beleidigt. »Es klingt aufregend und hat einen super Rhythmus.«
»Also, ich finde das gut«, meinte Joe. Auf ihn konnte man sich wirklich verlassen.
»Grauenhaft!«, stöhnte Tori.
»Dann lass doch mal deine Ideen hören, du Besserwisserin!«, sagte ich.
»Wir sollten einen einfachen Namen nehmen, nicht so was Kompliziertes. »Zum Beispiel ›Die Tieragentur‹. Oder › TV -Tiere‹ oder so etwas.«
Ich machte laute Schnarchgeräusche. »Oh, entschuldige, bin kurz eingeschlafen. Etwas Besseres fällt dir nicht ein? Es gibt so viele tolle Namen, die wir benutzen könnten. ›Tiere vor der Kamera‹, ›Filmstars mit Fell‹, ›Schnurrende Oscars‹ … Was ?«
Tori kicherte immer noch über meine ›Schnurrenden Oscars‹, als wir bei den Käfigen ankamen, und so verpasste ich ihr mit dem größten Vergnügen einen Tritt – auch wenn sie nicht wegen Mamas Hut lachte.
Es dauerte einen Moment, bis wir bemerkten, dass Pommes und Mayo mitten in einem HEFTIGEN Streit waren.
14
Wer berühmt sein will, muss leiden
Wenn Tiger sich anfeinden, machen sie ganz schön unheimliche Geräusche. Pommes und Mayo hatten die Ohren angelegt, kauerten in geduckter Haltung im Gras und fauchten und zischten um die Wette. Es klingt so, als ob man die Luft aus einem Dudelsack lässt, und bedeutet in der Tigersprache: »Ich zermalme deinen Schädel wie eine Tüte Chips, wenn ich dich kriege!« Immer wieder hob einer der beiden seine dicke Pfote und schlug mit ausgefahrenen blitzenden Krallen nach dem anderen.
Mama rannte mit einem Eimer Wasser los und verpasste den Tigern eine kalte Dusche. Sie sprangen vor Schreck fauchend und schnaubend in die Höhe, dann verzogen sie sich jeder in eine andere Ecke des Gartens, um einander zu ignorieren. Hasi beobachtete sie nervös, und ihr Schwanz drehte sich wie ein Propeller im Kreis. Von Zeit zu Zeit hörten wir noch ein Knurren, als könnten Pommes und Mayo einfach nicht aufhören zu streiten. Ich weiß, wie das ist. Kennt ihr das auch, wenn man unbedingt das letzte Wort haben will, egal wie lange es dauert?
Wir hatten solche Auseinandersetzungen schon oft bei unseren Tieren erlebt. Es ist nur ein Zeichen dafür, dass sie erwachsen werden, sich gegenseitig austesten und Revierverhalten entwickeln. Aber Joe sah total geschockt aus.
»Was ist mit den Tigern los?«, fragte er erschrocken. »Was hat sie so wütend gemacht?«
»Die Hormone«, sagte Mama und stellte den Eimer weg. »Zwei raufende Jungs, das ist völlig normal.«
»Sie kommen demnächst in ihr neues Zuhause, in einen Park«, erklärte ich Joe. »Wenn sie anfangen, sich zu hauen, weiß man, dass sie fast so weit sind.«
»Sie kommen in zwei Parks«, verbesserte mich Mama. »In den Sandown Safari-Park und den Yellowberry-Park.«
»Sie werden getrennt?«, fragte Tori entsetzt.
Das war auch mir neu.
»Tigermännchen können nicht zusammenbleiben«, erläuterte Mama. »Sie sind Einzelgänger. Wild World kann keinen von beiden nehmen, also gehen sie nach Sandown und Yellowberry.«
»Aber sie lieben sich!«, protestierte ich. »Man kann sie nicht auseinanderreißen!«
»Tiger sind nicht sentimental«, entgegnete Mama. Ihre Augen glänzten verräterisch. »Sie haben kein Problem damit, Lebewohl zu sagen, wenn die Zeit gekommen ist.«
Wir beobachteten, wie Pommes auf den Rasen zurückkehrte und es sich wieder in der Sonne gemütlich machte. Kurz darauf gesellte sich Mayo zu ihm. Pommes gab seinem Bruder einen kleinen Nasenkuss, als wäre nichts gewesen.
»Seht ihr«, sagte Mama, als Mayo seinen dicken Kopf zwischen seine Pfoten legte. »Schon herrscht wieder Frieden.«
Aber der Frieden würde nicht lange halten, das wussten wir alle. Das Leben mit wilden Tieren ist fantastisch, versteht mich nicht falsch. Neben dem ganzen Spaß, dem Knuddeln und der Aufregung macht man allerdings auch leidvolle Erfahrungen.
Papa kam aus dem Haus und schirmte seine Augen mit der Hand gegen die Sonne ab. Ich hatte mich noch immer nicht richtig daran gewöhnt, dass er die ganze Zeit zu Hause war. Aber dieser muntere, frische, aktive Papa war im Vergleich zu dem müden, bleichen Papa von vor zwei Monaten eine gewaltige Verbesserung. Er verstand es inzwischen schon viel besser, sich
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