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Absolute Beginners

Absolute Beginners

Titel: Absolute Beginners Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin MacInnes
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und fuhr die Wood Lane runter in die White City, zum alten BBC -Gebäude, diesem famosen, modernistischen Palast, aus dem sie ihre Fernseh-Nachrichten in die Nation senden. Und ich sah es an und dachte: Mein Gott, wenn ich da nur rein und es ihnen erzählen könnte – den ganzen Millionen! Sie einfach mitnehmen über die Bahngleise, nicht mal eine viertel Meile entfernt, und ihnen zeigen, was in der Hauptstadt unseres Landes gerade geschieht! Und ich würde zu ihnen sagen: »Wenn Sie das nicht wollen, kommen Sie um Himmels willen her und beenden Sie es – jeder Einzelne von Ihnen! Wenn es aber doch das ist, was Sie wollen, dann will ich Sie nicht, und für mich heißt das: ›Auf Wiedersehen, England!‹« Dann drehte ich wieder um und fuhr zurück ins Viertel, zwischen diese Bahngleise, die es umranden – raus aus White City, rein nach Brown Town, und als ich dort am Bahnhof vorbeifuhr, bot sich mir ein weiterer kleiner, ermutigender Anblick, und ich blieb stehen und guckte.
    Das war ein mickriger alter Bursche mit Stoff-Käppi und Vatermörder, der einen jungen Neger so fest im Griff hatte, dass ich zunächst dachte, er würde ihn festnehmen oder irgendwie malträtieren wollen. Aber nein! Anscheinend hatte der Junge dem alten Burschen erzählt, dass er oben in Napoli wohnte und Bedenken hätte, nach Hause zu gehen, und dieser alte Kauz muss seine eigene Jugend wieder gefühlt, ihn am Arm gepackt und gesagt haben: »Das ist okay, mein Sohn, komm mit mir mit«, und dann hatte er sich auf den Weg gemacht, den farbigen Jungen fest im Griff und einen Ausdruck im Gesicht, der sagte: »Wenn du ihn anfasst, dann fasst du auch mich an!« Und ich fragte mich, warum die einzigen beiden, die ich standhalten sah, Oldtimer gewesen waren.
    Dabei kam mir jedoch eine Idee. Ich fuhr zurück zur White City Station, parkte meine Vespa und ging rein, um mich umzusehen. Und tatsächlich, da stand ein junger Neger, und ich ging zu ihm hin und lächelte breit, obwohl mir nicht danach zumute war, und sagte, wie es liefe und ob er an einer Mitfahrgelegenheit nach Hause interessiert sei, auf meiner Vespa? Er schien etwas unschlüssig, aber ich fragte ihn, wo er wohnte und quasselte weiter auf ihn ein, weil ich festgestellt habe, dass du reden musst, wenn du jemandem suspekt bist, denn der Klang deiner Stimme reicht für gewöhnlich, um ihn rumzukriegen, und er sagte, Blenheim Crescent, und ich sagte, dann spring rauf, und ich bring dich hin. Als wir rausgingen sagte eine Ticket-Nummer, ob ich meine Eisenstange dabei hätte, nur so für den Fall? Sehr witzig.
    Also schlug ich mich durch, und ich versuchte, mich mit dem Kiddo zu unterhalten, aber es hielt sich bloß fest und sagte »Ja, Mann!« zu allem, was ich sagte, und als wir die Gruppe Schaulustiger erreichten, kriegten wir einen oder zwei Pfiffe und Schmährufe ab, auch den einen oder anderen Ziegelstein, und ein paar Kids rannten raus auf die Straße und uns in den Weg, aber ich fuhr Schlangenlinien oder gab Gas, und wir schafften es bis Blenheim Crescent ohne große Probleme. Ich war angespannt, erwartete Motorrad-Verfolgungsjagden und riesige Mobs, aber nichts passierte. Und das war das Außergewöhnliche an diesem Tag in Napoli! Das Ganze brach hier los, dann flaute es ab, dann brach es dort los, dann wieder woanders, sodass man nie wusste, auf welchen Straßen es brenzlig war und auf welchen friedlich.
    Nun gut, ich brachte den Jungen zu seiner Haustür, wo eine Menge dunkler Gesichter hinter den Vorhängen hervorspähten, und er bat mich für einen Moment herein. Tja, offen gesagt, hatte ich jetzt Bedenken. Gar nicht so sehr, weil ich Angst davor hatte, von meinen eigenen Leuten gesehen zu werden, sondern weil ich ein bisschen Schiss vor den Negern selbst hatte! Letztlich sieht ein weißes Gesicht praktisch aus wie das andere – besonders an einem Tag wie diesem. Allerdings dachte ich mir, dass ich wirklich aufhören sollte, Schiss zu haben, sonst würde ich nie weiterkommen, und deshalb sagte ich, sicher, warum nicht, tu ich gern, aber es wäre schön, wenn ich meine Vespa mit reinnehmen und im Flur abstellen könnte.
    Also schön, er nahm mich mit runter in den Keller, und dort traf ich eine Art Kriegskabinett aus Westindern an, das dort tagte. Der Junge stellte gleich klar, dass ich kein Kriegsgefangener oder so sei, und sie klopften mir auf den Rücken, obwohl einige noch immer verdammt argwöhnisch dreinblickten und sich weigerten, mit mir zu sprechen. Sie gaben mir ein

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