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Absolution - Roman

Absolution - Roman

Titel: Absolution - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deutsche Verlags-Anstalt
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ihnen ausweichen kann. Adam richtet den Schlauch auf meine Füße, ohne um Erlaubnis zu bitten, und die Ameisen zerstreuen sich und ertrinken.
    »Entschuldigen Sie, Mrs Wald.« Er wirkt erschrocken, verlegen und ziemlich verängstigt durch das, was er gerade getan hat.
    »Entschuldigen Sie sich nicht, Adam, um Himmels willen. Sie haben genau das Richtige getan.« In Wahrheit bin ich überrascht von dieser plötzlichen Intimität. Sie deutet auf die Art von physischer Harmonie, die zwischen Jacobus und mir einst bestand, ungezwungen und von beiden Seiten als genau das verstanden, was sie war, als die notwendigen Aktivitäten und Handlungen einer Arbeitsbeziehung. Später trägt Marie Galmeilotion auf und es bleibt kein dauerhafter Schaden zurück. Die überlebenden Ameisen werden inzwischen wieder ihren Geschäften nachgehen und ich beschließe, den Salat ein andermal auszusäen.
    Ich denke über Provokation nach. War es möglich für eine weiße Frau von privilegierter Herkunft, die vom ungerechten System dieses Landes nur profitieren konnte, sich zu einem Angriff provoziert zu fühlen oder provoziert, zu einem Angriff Beihilfe zu leisten?
    Den Weg, den du zu der Arbeit, die du tun zu müssen glaubtest, eingeschlagen hast, Laura, den kann ich ohne Mühe verstehen. Es ist die Arbeit selbst, wenn wir das »Arbeit« nennen können – die Spionage, die Bombenanschläge, das Töten von Unschuldigen, wenn auch ihre Unschuld dadurch kompromittiert war, dass sie an der Architektur der Apartheid teilhatten, an ihren Institutionen und ihrem Regierungsapparat, ihren Unterdrückungssystemen und Isolationseinrichtungen –, die mein Geist nicht vereinbaren kann mit dem, was ich als Widerstandsform für moralisch und ethisch vertretbar halte. Ich schrecke vor Gewalt zurück, weil ich weiß, wie leicht es für die Kultur der Gewalt ist, sogar die Gerechten zu infizieren. Ich betrachte, was aus unserem demokratischen Land geworden ist, wie städtische Gewalt zu seiner Währung und seinem Wappen geworden ist, und ich frage mich, ob gewaltloser ziviler Ungehorsam, ungeachtet der damit verbundenen Langwierigkeit, nicht vielleicht der bessere Weg gewesen wäre, um die Freiheit zu gewinnen. Indien hat sie so erreicht; es mag eine Gesellschaft ohne Gleichheit sein, doch man kann sich dort auf den Straßen größtenteils ohne Furcht bewegen.
    Ich wusste, dass ich eine Radikale großgezogen hatte, als ich einen mit STRENG GEHEIM gekennzeichneten Ordner zwischen deiner Matratze und den Sprungfedern versteckt fand – du musst erst dreizehn oder vierzehn gewesen sein. Im Ordner befanden sich handgeschriebene Protokolle von Gesprächen zwischen deinem Vater und mir und unseren zu Besuch weilenden Freunden, die du mit angehört hattest. Die Gespräche vieler Dinnerpartys waren da, in deiner exakten Handschrift festgehalten. In Klammern hattest du Aspekte unseres Dialogs zusammengefasst, die uninteressant waren: »(Sie diskutierten zweiundzwanzig Minuten lang über Alan Paton)«; »(Ermüdende halbe Stunde über La Guma)«; »(Wer ist Rick Turner?)«; »(Zu Anfang des Dinners zehn Minuten Gespräch über Ausflüge zur Farm)«. Was dich interessierte, was deine Aufmerksamkeit weckte und dich motivierte, die Unterhaltung der Erwachsenen in Protokollen festzuhalten, die entnervend waren in ihrer Detailbesessenheit, das waren die politischen Diskussionen mit unseren Freunden über alles, was falsch war, wie wir wussten, und was getan werden musste, wie wir meinten. Dein Vater und ich waren oft der gleichen Meinung, unsere Freunde nicht immer, da meine radikaleren Tage damals hinter mir lagen. Einige Wendungen hattest du rot unterstrichen und diejenigen, die sie geäußert hatten, benannt, wenn du sie kanntest. Ich weiß noch, wie ich zitterte, als ich allmählich ein Muster entdeckte, das eine Position und eine Ideologie verriet: » gewaltloser Protest wird nicht ernst genommen «; » aber man muss Gewalt mit Gewalt beantworten «; » sollen wir etwa wie die Amerikaner Sit-ins machen, während um uns herum ein Holocaust stattfindet? «, Die Aufwiegler, die Entschiedensten unter unseren engsten Freunden, Freunde, die später verbannt wurden, gezwungen, ins Exil zu gehen, und von denen einige im Gefängnis umgebracht wurden, deren Worte waren die von dir hervorgehobenen, nicht die moderateren Anschauungen deines Vaters oder von mir. Für dich waren wir zu passiv, zu pazifistisch, und unter unsere am wenigsten mutigen Einwände maltest du mit einem

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