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Absolution - Roman

Absolution - Roman

Titel: Absolution - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deutsche Verlags-Anstalt
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SÜDAFRIKANISCHEN MENSCHENRECHTSKOMMISSION. Eine britische Ölgesellschaft hat die Reklametafel gesponsert. Ein Mann kommt zwischen den Fahrzeugen auf mein Auto zugelaufen, in der Hand ein selbst geschriebenes Schild: SCHWEISSER/MALER, seine Handynummer ist darunter gekritzelt. Solche Schilder sind überall in der Stadt zu finden, an Bäume geheftet und Wände geklebt. Als er es vor mein Fenster hält, hebe ich bedauernd die Hand und winke ihn fort.
    Das Niederschreiben der Interviewaufnahmen mit Clare nimmt mehr Zeit in Anspruch, als ich erwartet hatte. Allmählich bekomme ich das Gefühl, dass ich in ihren Worten ertrinke – und es sind nicht nur die Abschriften, sondern der Berg an Material, das sie mir aus ihrem Archiv zu kopieren gestattet hat, und die verschiedenen früheren Interviews, die ich mit den wenigen zuverlässigen Personen, die bereit waren, über sie zu sprechen, geführt habe, ganz zu schweigen von dem kompletten Bücherregal in der Universitätsbibliothek, das ihre veröffentlichten Werke enthält, und die weiteren Regale mit all den Büchern über ihre Bücher. Es scheint weniger eine unmögliche Aufgabe als eine, deren Vollendung Jahre dauern könnte, und ich habe nur zwölf Monate bis zum Ablieferungstermin, den der Verlag festgesetzt hat.
    Ich will gerade ein kaltes Getränk und eine Tüte Popcorn kaufen gehen, als das Telefon klingelt. Es ist Lionel Jameson.
    »Ich hoffe, dass du meine kurz angebundene Art vom vergangenen Dezember entschuldigst.« Seine Stimme kreischt und brummt, sie ist schnell und heiser durch elektromagnetische Störungen; wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich ihn auf der anderen Seite der Welt vermuten. »Um ehrlich zu sein, hat mich dein Auftauchen völlig überrascht – es war ein richtiger Schock.«
    »Hast du geglaubt, ich sei tot oder so?«
    Schweigen am Telefon und dann, ohne meine Frage zu beantworten, platzt er heraus: »Wenn die Einladung zum Essen noch gilt, möchte ich sie annehmen. Ich denke, du bist mir zumindest das schuldig.«
    Ich weiß nicht, was ich von seinem Ton halten soll, aber ich spreche mit Sarah und wir beschließen, ihn für den Freitag einzuladen. Sie geht Anfang nächster Woche nach Angola und aus irgendeinem Grund möchte ich jetzt lieber nicht mit Lionel allein sein.
    Als ich ihn zurückrufe, um ihm die Adresse mitzuteilen, sagt er: »Oh, sehr nobel. Noch etwas, ich möchte noch jemanden mitbringen, wenn das in Ordnung geht?« Er braucht mir nicht zu sagen, dass es Timothy ist – ich weiß es schon, wie durch einen warnenden Albtraum.
    Freitagabend, als es noch hell ist, kommen sie in einem schnittigen schwarzen Auto – Timothys, nicht Lionels. Wir schauen zu, während sich das Tor schließt, und obwohl wir so ziemlich sicher in diesem kleinen ummauerten Gelände sind, betätigt Timothy auf geübte Art den Mechanismus, der die Zentralverriegelung steuert.
    »Ich weiß, wer du bist«, sagt er und drückt mir eine Flasche zehn Jahre alten Kanonkop Pinotage in die Hand, »und ich nehme an, du erinnerst dich an mich.«
    Der Unterschied zwischen den beiden Männern könnte nicht deutlicher sein. So schäbig und abgespannt Lionel wirkt, seine Haut klimageschädigt, die Augen blutunterlaufen, das Gesicht etliche Tage nicht rasiert, so überreif und übergepflegt wirkt Timothy. Seine Nägel sind manikürt, er trägt einen teureren Anzug, als ich mir je werde leisten können. Er stinkt nach Erfolg.
    Nachdem ich alle vorgestellt habe, sitzen wir zu viert am Pool und trinken Sundowner, bis es dunkel wird. Timothy arbeitet jetzt für das südafrikanische Fremdenverkehrsamt. Er hört zu, während wir anderen uns unterhalten, und bleibt auf eine Weise stumm, die mich verunsichert. Sarah entschuldigt sich alle fünf Minuten, um einen Anruf entgegenzunehmen oder eine E-Mail zu beantworten, und ich hätte erwartet, dass einer der Männer diese Abwesenheiten nutzen würde, um etwas Schmeichelhaftes über sie zu sagen, aber sobald sie verschwindet, verstummt Lionel und beide Männer starren zu Boden, schwenken ihre Gläser und warten aufs Nachfüllen. Der Käse und die Cracker und Oliven, die ich hingestellt habe, verschwinden; Sarah und ich rühren sie kaum an.
    Ich will gerade vorschlagen, dass wir uns zum Essen hineinbegeben, als Timothy schließlich spricht.
    »Lionel hat mir erzählt, dass du dich nach Laura Wald erkundigt hast.«
    »Ja, obwohl wir es nicht jetzt ansprechen müssen. Ich hatte einfach gehofft, ihr könntet mir etwas darüber

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