Absolution - Roman
ungelöst und unaufgeklärt geblieben war, wurde der Tod deiner Tante und deines Onkels vor Gericht verhandelt. Ein Mann gestand und wurde für schuldig befunden. Dennoch befriedigte dich etwas an der Lösung nicht, als spürtest du intuitiv, dass die Geschichte ihres Todes nur eine Tarnung war, die die wahre Geschichte verschleierte, die Geschichte unter und hinter der zur Tarnung erfundenen.
Am Telefon sprachst du mit »X« über deine Enttäuschung bezüglich der Zeitung.
»Ich möchte etwas Wichtigeres tun. Sie räumen mir keinen Spielraum ein. Wenn ich eine Idee entwickle, muss ich erst ihre Zustimmung einholen. Meist geben sie dann meine Ideen an andere Reporter weiter und überlassen mir Nachrichten, die unerheblich sind. Ich habe ihnen gesagt, dass ich eine gründliche investigative Arbeit über den Turner-Mord verfassen möchte, und sie haben gelacht. Das sei Schnee von gestern, eine Geschichte der Vergangenheit, die keiner hören wolle. Ich konnte sie nicht dazu bringen, mir zu vertrauen.«
»Wenn es nicht funktioniert, solltest du vielleicht kündigen«, sagte »X«. »Suche dir eine direktere Möglichkeit der Einmischung. Arbeite für eine der alternativen Zeitungen. Lass dich von Ilse einführen, bei Grassroots oder New Nation oder South . Vielleicht ist der Record zu zahm. Wir hätten wissen sollen, dass sie jemandem wie dir nicht genug Spielraum lassen würden.«
In der darauffolgenden Woche hast du deine Kündigung eingereicht, als hättest du nur auf die Genehmigung dieses Mannes gewartet, dieses ehemaligen Liebhabers, auf eine Einwilligung, dass du von den hinteren Reihen sicherer Respektabilität in den Orchestergraben hinabsteigen, die Trommelschlägel aufnehmen und spielen solltest.
Da du nicht wusstest, wohin du dich sonst wenden solltest, bist du zu Peter und Ilse gegangen und hast gesagt: »Ich bin bereit. Ich möchte mehr tun.« Ilse hat dich umarmt, und obwohl du ihr noch nicht vertraut hast, noch immer diese Irritation gespürt hast über die Freizügigkeit, mit der sie ihr Leben lebte und erwartete, dass andere das von ihr verursachte Chaos bereinigten, hast du geglaubt, dass dir die beiden gemeinsam den Weg wiesen, den du zu gehen bestimmt warst.
Lieber Sam,
ich danke Ihnen für Ihre wohlwollenden Worte über Absolution . Ich freue mich, dass Sie es – recht höflich, fürchte ich – für einen nicht ganz uninteressanten Ausflug in das gut kartographierte Land des autobiografischen Schreibens halten, dem ich argwöhnisch und ablehnend gegenüberzustehen vorgab. Sehen Sie, wie wenig man mir trauen kann?
Zu den Veranstaltungen im Mai: Entweder sind solche Angelegenheiten von unsereinem nun nicht mehr zu kontrollieren oder ich bin einfach zu erschöpft, um so zu kämpfen, wie ich es einst konnte. Meine Managerin sagt, dass es heutzutage die einzig mögliche Vorgehensweise ist – damit meint sie, dass keiner außer denen, die für wahrhaft außergewöhnlich gelten, den Einsiedlern (alle männlich, stelle ich fest, die meisten davon im Sterben liegend oder tot), es sich erlauben kann, Nein zu sagen.
Beim Winelands-Literaturfestival werden wir zwei Nächte in einem Hotel in Stellenbosch sein, da die Organisatoren mich für eine Lesung, eine Signierstunde und eine Podiumsdiskussion eingespannt haben, und was weiß ich, vielleicht auch noch ein Singspiel, und das alles über drei Tage hinweg. Meine Managerin wollte auch, dass ich eine Amerikareise mache, doch ich habe mich gesträubt. Ich sei zu alt und gebrechlich, habe ich gesagt und das schien ihr einzuleuchten. Solche Ausreden werden mir zu Hause nicht abgekauft. Die Wahrheit ist, dass ich das Reisen hasse und den ganzen Behördenkram (hässliches Wort für hässliche Dinge), der heutzutage unvermeidlich damit verbunden ist: Reisen bedeutet zunehmend das Ausfüllen einer Reihe von Formularen. In einem Moment der Schwäche, als ich dachte, ich sei zu schwierig, zu besorgt um meine Gesundheit, habe ich mir das Visumantragsformular für den Besuch Ihres Wahllandes angeschaut und entdeckt, dass ich dort aufgefordert werde, meinen Stammesnamen anzugeben. Ich war geneigt, einen zu erfinden und das Formular spaßeshalber einzureichen, habe mich dann aber besonnen, weil ich befürchtete, ich könnte verhaftet oder eingesperrt oder an einen geheimen Ort verbracht werden.
So quirlig das Festival auch sein wird, werde ich trotzdem reichlich Zeit für Sie haben, seien Sie unbesorgt (ich habe diesen Verdacht, dass Sie einen Großteil Ihres
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