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Absolution - Roman

Absolution - Roman

Titel: Absolution - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deutsche Verlags-Anstalt
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Lebens im Zustand der Besorgtheit verbringen; ist das ungerecht?). Was ich sagen will, ist, dass ich mich bei dieser Reise fast ausschließlich auf die Aussicht freue, Sie wiederzusehen.
    Mit besten Grüßen
Clare

1999
    Weil ihr Flug ankam, als es schon dunkel war, und sie gewarnt worden waren, dass die Straße in die Stadt nachts unsicher sei, übernachteten sie im Flughafenhotel. Das Zimmer war klein, aber praktisch und der Hoteldiener setzte ihre Koffer mit einer schwungvollen Geste ab, die unpassend für das nüchterne Ambiente schien. Sarah gab dem Mann ein Trinkgeld von hundert Rand und auf einmal sah er dankbar und verwundert, doch auch misstrauisch aus, als müsste das Geld irgendeine Falle sein. Sam nickte ihm vertraulich zu, um anzudeuten, dass es in Ordnung ging, er solle es annehmen. Egal, dass schon fünf oder zehn Rand viel gewesen wären.
    Sie sahen sich die Nachrichten an und Sarah war überrascht, dass sie verstand, was gesagt wurde. »Ich dachte, es würde fremder sein.«
    »Warte auf die Nachrichten in Xhosa«, sagte Sam und stupste sie in die Rippen. »Da wirst du kein Wort verstehen.«
    Sie versuchte, Wörter in Afrikaans auf Schildern im Zimmer auszusprechen, und er musste über ihre fehlerhafte Aussprache lachen, so reizend falsch mit den harten Konsonanten und gerundeten, musikalischen Vokalen. »Flach«, sagte er zu ihr, »die Vokale sollten flacher sein, und das ›g‹ ist ein ›ch‹ wie in ›Bach‹ oder ›loch‹.«
    »Bahk«, sagte sie. »Lock.« Er war erstaunt, dass sie den Unterschied nicht hören konnte.
    Am nächsten Morgen beobachtete er sie am Buffet im Foyer. Es gab Saft in Plastikbehältern, altbackene Croissants, verschiedene Schachteln amerikanischer Frühstücksflockenmarken, Eier, die aussahen wie gestern gekocht und wieder aufgewärmt, dann vergessen und in Fett gebraten, um sie erneut aufzuwärmen. Der Kaffee schmeckte, als hätte er bis um acht schon zwei Stunden vor sich hin geköchelt. Ein frischer Obstsalat war das einzige wirklich landestypische Angebot, doch zumindest der war gut. Sam war peinlich berührt, während Sarah frühstückte, ohne sich zu beschweren oder anzudeuten, dass ihr irgendetwas fehlte.
    »Das ist nicht typisch«, sagte er. »Südafrikaner sind normalerweise kompetent, was Nahrungsmittel angeht. Das hier ist ziemlich schrecklich.«
    »Es ist gut, Sam. Ich fühle mich ganz zu Hause.«
    Er erinnerte sich an die Frühstücksmahlzeiten, die einst seine Mutter und seine Tante zubereitet hatten, die übliche Folge von Gängen: zuerst Saft und Frühstücksflocken (im Winter Porridge), dann Obst, gefolgt von einem Ei und Wurst und manchmal gebratenen Auberginenscheiben, zum Schluss Toast und Eingemachtes und eine Kanne starken Tee. Das Hotelfrühstück war eine klägliche Einführung; er wollte, dass Sarah sein Land liebte, obwohl der Zweck der Reise nichts mit Unterhaltung oder Vergnügung oder der Begeisterung von Touristen für einen neuen Ort zu tun hatte. An dem Geschehenen war nichts Vergnügliches, und als er daran dachte, wurde er noch nervöser, kontrollierte seine Reaktionen erneut und war eher auf Bedrohliches gefasst, als zu erwarten, dass alles gut gehen würde. Ein Opfer war unbekümmert, ein Überlebender wachsam. Er war in so etwas wie einem Kriegszustand aufgewachsen und es war schwierig, sich zu vergegenwärtigen, dass das vorbei war. Gefahren konnten überall lauern. In der Schule in Port Elizabeth war ihm beigebracht worden, wie man Haftminen erkennt, und dieses Wissen und der damit verbundene Reflex waren nie verschwunden. Wenn er sich einem Fahrzeug näherte oder ein Gebäude betrat, prüfte ein Areal seines Gehirns automatisch, ob die verräterische Kontur da war. Um des Überlebens und Selbsterhalts willen musste man die Frequenz richtig einstellen, auf Notstandsmeldungen achten, alle eingehenden Mitteilungen entgegennehmen und nichts außer Acht lassen, das eine drohende Gefahr signalisierte. Wenn man auf die Morsezeichen, die Signalfeuer, auf Stimmen in der Ferne und Fußgetrampel achtete, hatte man eine bessere Aussicht, am Leben zu bleiben.
    Ein Fahrzeugstrom bewegte sich aus Kapstadt heraus und im Huguenot-Tunnel staute sich der Verkehr. Im Hex-River-Tal versperrte ein quer stehender Lkw, der einer Herde Ziegen ausgewichen war, die Straße. Der Laster hatte die Tiere verschont, dadurch aber ihren Hirten erwischt, der nun tot auf der nach Osten führenden Fahrbahn lag. Durch die Verzögerungen brauchten sie fast den ganzen

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